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Dieselgipfel: Milliarde des Bundes reicht für gerade mal 10 Kilometer U-Bahn

Ab sofort bekommen die Städte eine Milliarde Euro zusätzlich, um Elektromobilität zu fördern und Diesel-Fahrverbote zu verhindern. Das Geld reicht für gerade mal 10 Km U-Bahn.
Christian Hinkelmann
Ein PKW vor einer Luftmessstationen in der Stresemannstraße in Hamburg
Ein PKW vor einer Luftmessstationen in der Stresemannstraße in Hamburg

Die Zusage der Bundesregierung, den Städten schon in den nächsten Tagen eine Milliarde Euro zur Verfügung zu stellen, um die Luftqualität zu verbessern, stößt im Norden auf unterschiedliche Reaktionen.

Kiels Oberbürgermeister Ulf Kämpfer (SPD) hat sich im NDR als „nicht wirklich zufrieden“ gezeigt. Keiner solle die Illusion haben, „dass diese eine Milliarde irgendeine Kommune in den Stand setzen wird, schnell von den hohen Grenzwertüberschreitungen runterzukommen“, so Kämpfer zum NDR (siehe hier).

Kiel überschreitet die vorgeschriebenen Grenzwerte für Stickoxid seit Jahren und muss mit Fahrverboten für Diesel-Autos rechnen. Die Deutsche Umwelthilfe hat gestern Klage gegen das Umweltministerium in Kiel eingereicht.

Hamburgs Bürgermeister Scholz ist nach Dieselgipfel zufrieden

Ganz anders wird der so genannte „Dieselgipfel“ gestern im Kanzleramt von der Stadt Hamburg bewertet. „Insgesamt kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) laut NDR. Mit der Zustimmung zum vorzeitigen Beginn des Milliarden-Sofortprogramms für bessere Luft sei eine zentrale Hamburger Forderung aufgenommen worden, heißt es auf der NDR-Website (siehe hier).

Die Stadt Hamburg, die ebenfalls seit vielen Jahren die Stickoxid-Grenzwerte überschreitet (

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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8 Antworten auf „Dieselgipfel: Milliarde des Bundes reicht für gerade mal 10 Kilometer U-Bahn“

Jeder bekommt die Regierung, die er verdient.
Auch wenn woanders die Umwelt grünt –
die Hanseaten, die Hanseaten,
die haben den Scholzomaten.

(Kann sogar als Shanty gesungen werden.)

Dieser hahnebüchender Unsinn mit einem durch keine wissenschaftliche Studie gedeckten Stickoxid-Grenzwert kotzt einem wirklich nur noch an!!!!!!!!!!! In den arbeitsrechtlichen Vorschriften sind die Grenzwerte 20 mal so hoch. Die Verdünnungswirkung der Luft bewirkt zudem, dass nach wenigen Metern in den Seitenstraßen oder nach oben (2. bis 3. Etage) die Konzentration bereits unter die Schwellenwerte gesunken ist. Ein Laserdrucker in gering gelüfteten Räumen verursacht oft höhere Konzentrationen. Warum haben wir blos die Wissenschaftlichkeit abgeschaft und wofür?

Ihr Vergleich mit dem Arbeitsschutz ist von den Zahlen her richtig. Ich gebe aber zu bedenken:
(1) Welcher Grenzwert ist dient der Gesundheit? Im öffentlichen Raum gilt das „Vorsorgeprinzip“. die Belastung soll so gering wie möglich sein.
(2) Der zitierte Laserdrucker darf/soll genau aus diesem Grund nicht mehr unmittelbar am Arbeitsplatz stehen. Das es an vielen Arbeitsplätzen anders aussieht steht auf einem anderen Blatt.
(3) Warum gibt es in unterschiedlichen Ländern für die gleichen (Schad-)Stoffe unterschiedliche Grenzwerte? Sind die Menschen in einigen Ländern gesundheitlich „robuster“ bzw. „empfindlicher“ als in anderen Ländern?

„Ganz anders wird der so genannte „Dieselgipfel“ gestern im Kanzleramt von der Stadt Hamburg bewertet. „Insgesamt kann man mit dem Ergebnis zufrieden sein“, sagte Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) laut NDR. Mit der Zustimmung zum vorzeitigen Beginn des Milliarden-Sofortprogramms für bessere Luft sei eine zentrale Hamburger Forderung aufgenommen worden, heißt es auf der NDR-Website (siehe hier).“

Es bleibt dabei. O. Scholz ist ein verkehrspolitischer Tiefflieger. Verwunderlich auch, dass seine diesbezüglichen Eskapaden in der Stadt nicht thematisiert werden. Auch nicht vom Koalopartner.

Der Dieselgipfel ist eine reine Augenwischerei. Selbst der mikrige Industriebeitrag von nur EUR 250 Mio. wird noch zu mehr als 1/3 vom Steuerzahler gezahlt, weil die Industrie diese Zahlungen als steuermindernden Aufwand geletend macht!!! Viel wichtiger als in kurzfristigem Aktionismus 1 Mrd. EUR bereitzustellen, wäre eine langfristige Ausrichtung, Aufstockung und Dynamisierung der Förderung des ÖPNV durch Fortschreibung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetztes und Erhöhung der Regionalisierungsmittel! Dann könnten die Aufgabenträger mehr ÖPNV-Leistungen bestellen, die im SPNV zu mehr als 80% schon heute elektrisch erbracht werden. In der ganzen scheinheiligen Diskussoin um e-Mobilität wird zusehr auf das e-Auto geschielt, das steht aber genauso im Stau wie stinkende Benziner oder Diesel. Viel wichtiger wäre die Entwicklung einer Gesamtstrategie um den Marktanteil des ÖPNV und des Radverkehrs signifikant zu erhöhen, aber das lässt die Autolobby nicht zu. Ferner müssten die Städte Abschied nehmen von Projekten, die die Nutzung des ÖPNV erschweren, statt erleichtern, wie z.B. Stuttgart 21 und die Verlegung des Fern- und Regionalbahnhofs Altona.

Völlig einverstanden – besonders, was die Strategien zur Erhöhung des ÖPNV-Anteils beim Modal-Split angeht. Aber seien wir ehrlich: wenn kurzfristig (z.B. wegen Diesel-Fahrverboten) mehr umsteigebereite Autofahrer an den Haltestellen stehen, könnten die Verkehrsunternehmen diese Nachfrage wohl nicht bewältigen – dazu müssten sie bzw. die überwiegend kommunalen Eigentümer erst mal finanziell in die Lage versetzt werden, Fahrzeugflotten, Personal und Fahrtenangebot (und daraus resultierend die Netze) dem Bedarf anzupassen. Umsteiger, die ÖPNV in vollen Zügen (und Bussen und Bahnen) „genießen“ dürfen, werden sicher schnell wieder in ihrem Auto sitzen.

Was bei dem Dieselgipfel anscheinend völlig unter den Tisch gefallen ist: der Güter- und Logistikverkehr, der überwiegend dieselbetrieben abgewickelt wird und der Städte, die nun mal Handelsumschlagplätze sind, belastet.

„in Deutschland knapp 700 Großstädte mit über 100.000 Einwohnern.“ Eine Fachfrau sollte es eigentlich besser wissen: 2015 waren es 79 Großstädte, bei großzügiger Betrachtung (über 95.000 Einwohner) sind es fünf mehr. Selbst wenn man alle Städte über 20.000 Einwohner betrachtet, kommt man nicht mal auf die Zahl von 700.

Das Ergebnis des Gipfels ist sicher ernüchternd und wird kurzfristig nicht zur Einhaltung der Grenzwerte führen. Es kann nur ein erster Schritt auf einem längeren Weg von wenigsten fünf bis zehn Jahren sein; nachhaltige Verbesserungen erwarte ich vielleicht in drei Jahren.

Geld allein ist doch gar nicht der entscheidende Faktor, es fehlt vor allem an geeigneten, erprobten und zulassungsfähigen Fahrzeugen bzw. Technologien. Elektrofahrzeuge können allein nicht der Heilsbringer sein, weil sie die Umweltprobleme in Richtung des Raubbaus seltener und begrenzt verfügbarer Erden verschieben, die für Batterie- bzw. Akkuproduktion benötigt werden. Warum nicht den guten alten O- oder Trolleybus als Zwischenlösung wiederbeleben, der in der Schweiz oder in Osteuropa immer noch weit verbreitet ist? Was nützt ein E-Bus, wenn er mit „schmutzigem“ Kohlestrom betrieben wird. Bekanntlich gibt es ein starkes räumliches Gefälle zwischen den Standorten, wo erneuerbare Energien gewonnen und wo sie gebraucht werden – Stichwort Netzumbau bzw. „Stromautobahnen“ – und dagegen regt sich seit Jahren erheblicher Widerstand, so dass wir da praktisch auf der Stelle treten.

Was mir bei der Verkehrs- (und Energie-) wende vor allem fehlt, ist eine Entschlackung und Neuausrichtung des Planungsrechts. Das muss weniger bürokratisch und schneller werden – eine Stadtbahnstrecke braucht nicht Planungsniveau und -tiefe einer ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse! Wie kann es sein, dass viele Kommunen nicht in der Lage sind, Fördergelder abzurufen, weil sie mit der Planung im Rückstand liegen. Hand in Hand damit geht das Verwaltungsrecht, damit sich Gerichte nicht jahrelang mit fragwürdigen Einsprüchen von Bürgerinitiativen oder querulanten Einzelpersonen der „not in my backyard“-Fraktion befassen müssen. Allgemeinwohl geht vor Einzelinteressen und wer in einen großstädtischen Ballungsraum oder an eine Verkehrsader zieht, kann sich doch nicht über Lärm und Abgasbelastungen wundern.

Bleibt zu hoffen, dass die vielgepriesene deutsche Industrie schnell Anschluss an die veränderten Rahmenbedingungen findet und die Produktion an die Nachfrage anpassen kann.

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