Bahnverspätungen: Neues Onlineportal macht Fahrpreiserstattungen einfacher

Hat ein Zug mehr als eine Stunde Verspätung, bekommen Fahrgäste bares Geld zurück. Doch der Weg dahin ist kompliziert. Ein neuer Online-Service macht's nun einfacher.
Christian Hinkelmann
Regionalzug am Güterbahnhof Wandsbek in Hamburg
Regionalzug am Güterbahnhof Wandsbek in Hamburg

Hat ein Regional- oder Fernzug in Deutschland mehr als 60 Minuten Verspätung, können sich die betroffenen Fahrgäste ein Viertel des Fahrkartenpreises zurückerstatten lassen, hat der Zug mehr als zwei Stunden Verspätung, gibt es sogar die Hälfte des Fahrpreises zurück.

BahnCard 100-Besitzer bekommen ab 60 Minuten Verspätung pauschal 10 Euro (2. Klasse) erstattet – maximal werden pro Jahr 1.067,50 Euro ausgezahlt, was einem Viertel des BahnCard 100-Preises entspricht (siehe hier).

Doch der Weg zur Fahrpreiserstattung ist steinig und kompliziert: Um an das Geld zu kommen, müssen die betroffenen Fahrgäste ein zweiseitiges Papierformular mit bis zu 42 Formularfeldern ausfüllen. Das ist gerade für Vielfahrer und BahnCard 100-Besitzer eine nervige und zeitraubende Prozedur.

Neues Onlineportal erstellt automatisch Entschädigungsformulare

Jetzt gibt es eine pfiffige Lösung für das Problem: Ein neuer Online-Service, der einem die lästige Schreibarbeit abnimmt. Das neue Webportal www.fahrpreiserstattung.de erstellt mit nur wenigen Klicks auf Knopfdruck ein fix und fertig ausgefülltes Fahrpreiserstattungsformular, das der Fahrgast nur noch herunterladen, ausdrucken und portofrei an die Deutsche Bahn schicken muss.

Kern des kostenlosen Services ist eine eigene Datenbank, in der sämtliche Zugverspätungen der vergangenen Monate erfasst sind.



Sechs Fragen an den 25-jährigen Gründer aus Hannover

Hinter Fahrpreiserstattung.de steckt der 25-jährige Hannoveraner Student Philipp Löffler. Wie er auf die Idee für den neuen Service kam, was die Deutsche Bahn dazu sagt und wie er Missbrauch durch BahnCard 100-Besitzer verhindern will, erklärt er uns in diesem Interview.

Christian Hinkelmann: Philipp, wie bist du auf die Idee für www.fahrpreiserstattung.de gekommen?

Philipp Löffler: Die Idee entstand bereits 2016, als ich auf dem Weg nach Hause mit der S-Bahn Hannover war. Der Zug hatte eine Stunde Verspätung und ich habe mich dazu durchgerungen das Erstattungsformular der Deutschen Bahn auszufüllen – bei 1,50 Euro Erstattung. Anschließend habe ich den Brief an das Servicecenter Fahrgastrechte versandt und nach einigen Wochen die Rückmeldung erhalten, dass eine Auszahlung erst ab 4,00 Euro stattfindet. Ich bin davon ausgegangen, dass es mehreren Bahn-Kunden so geht und habe deshalb entschieden, einen Service dafür zu entwickeln.

Hinkelmann:  Wie funktioniert der Service?Löffler: Tatsächlich haben wir versucht den Service so einfach wie möglich zu gestalten. Das bedeutet, dass der Benutzer sich lediglich einmalig ein Benutzerkonto anlegen muss. Anschließend können die verspäteten Fahrten bequem aus der Verspätungsübersicht ausgewählt werden. Pro Erstattung dauert dies nach der Anmeldung weniger als eine Minute.

Hinkelmann:  Wie weit kann ich Verspätungsdaten auch in der Vergangenheit recherchieren und für Erstattungen nutzen?

Löffler: Unsere Datenbank geht aktuell bis Ende September 2017 zurück, grundsätzlich können alle Verspätungen seit diesem Zeitpunkt erstattet werden.

Hinkelmann:  Wie verhinderst du einen Missbrauch, z.B. durch BahnCard 100-Kunden?

Löffler: Sollten wir mitbekommen, dass einzelne Nutzer diesen Service missbrauchen um sich Verspätungen für Züge erstatten zu lassen, in denen diese nicht saßen, werden wir diese Benutzerkonten sperren. Dies haben wir auch in unseren Nutzungsbedingungen deutlich gemacht.



Hinkelmann:  Wie reagiert die Deutsche Bahn auf den neuen Service?

Löffler: Bisher kam seitens der Deutschen Bahn keinerlei Reaktion. Eine Kooperation mit der Deutschen Bahn stehe ich jedoch offen gegenüber, da es mir persönlich wichtig ist, dass der bisherige Service verbessert und die Verspätungen reduziert werden.

Hinkelmann:  Der Service ist für die Nutzer kostenfrei: Wie finanziert er sich?

Löffler: Unser Service wird aktuell komplett aus eigener Tasche finanziert. Wir haben keine Werbung, nehmen keine Spenden an und erhalten auch keine anteilige Provision an den Erstattungen. Zunächst wollen wir analysieren, wie der Service bei den Benutzern ankommt und ob tatsächlich Nachfrage besteht. Weiterhin haben wir aktuell noch einige Herausforderungen, beispielsweise haben wir keine verlässliche Datenquelle für ausgefallene Züge und die Ursachen für die Verspätungen müssen in den kommenden Wochen noch ergänzt werden. Sobald der Service einen Reifegrad hat, der zu zufriedenen Kunden führt, werden wir ggf. über weitere Optionen nachdenken.

Hinkelmann:  Vielen Dank für das Gespräch.

Übrigens: Mehr Artikel zum Thema BahnCard 100 findet ihr hier in dieser Übersicht. Dort erfahrt ihr unter anderem, ab wann sich eine BahnCard 100 lohnt, wie viele Menschen eine BahnCard 100 besitzen und in wo man mit der BahnCard 100 ohne Aufpreis im Ausland fahren kann.

Über den Autor:
NahverkehrHAMBURG-Redakteur Christian Hinkelmann besitzt seit Juli 2018 eine BahnCard 100 und hat sich damit (neben der beruflichen Notwendigkeit) einen Lebenstraum erfüllt: Ein Jahr lang freie Fahrt in allen Zügen der Deutschen Bahn und in vielen Verkehrsverbünden! Nie wieder Tickets kaufen, am Fahrkartenautomaten stehen oder sich durch Online-Schnäppchen wühlen. Über seine Erfahrungen und Eindrücke schreibt er in diesem Blog – meist direkt aus dem Zug.

Hinweis: Dieser Beitrag ist nach bestem Wissen und Gewissen verfasst worden und spiegelt allein die persönliche Meinung des Autors wider. Er ist ausdrücklich nicht durch versteckte Werbung, Sponsoring, o.ä. finanziert.

Hat Sie der Artikel weitergebracht?

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

Auch interessant

Menschen laufen im Hamburger Hauptbahnhof vor einem Doppelstock-Zug der Deutschen Bahn

So sieht der neue HVV-Fahrplan ab 11. Dezember aus

Während es in der Stadt Hamburg kaum Verbesserungen gibt, wird der Busverkehr in Südholstein massiv ausgebaut. Auf den wichtigen Bahnstrecken von Hamburg Richtung Süden, nach Ahrensburg und Quickborn fahren künftig weniger Züge. Das sind alle Änderungen im Überblick.

Neue Prepaid-Karte im Hamburger Verkehrsverbund für bargeldloses anonymes Zahlen.

Bargeld-Abschaffung in HVV-Bussen: So laufen die Vorbereitungen

Zum Jahresende schafft der HVV das Bargeld in den Bussen ab. Fahrgäste, die kein Smartphone haben, müssen dann auf eine neue Prepaid-Karte umsteigen. So ist ein erster Test verlaufen, so soll die Bargeld-Abschaffung ablaufen, so viele Busfahrgäste zahlen noch in bar und deswegen lohnt bei dem Thema gerade ein Blick nach Berlin.

Endlich da: Das neue HVV-Any-Ticket.

Ticketkauf im HVV ist jetzt so einfach wie nie

Mit fünf Jahren Verspätung hat der Hamburger Verkehrsverbund eine neue Ticket-App veröffentlicht, die Fahrten automatisch erkennt und immer den günstigsten Preis abrechnet. So funktioniert die App und diese zehn Besonderheiten sollten Fahrgäste wissen.

Eine Antwort auf „Bahnverspätungen: Neues Onlineportal macht Fahrpreiserstattungen einfacher“

Hochinteressante Message ! – Aber wieso wird auf “nahverkehrhamburg.de” nicht die eingedampfte Planung für die S21 thematisiert (siehe Hamburger Abendblatt v. und vom 20.09. – S 21: Große Lösung ist vom Tisch und 21.09. – S 21: Erfolgreich gegen zweites Gleis gekämpft ???

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert