Die Norderelbbrücken in Hamburg sind eines der größten Nadelöhre im norddeutschen Bahnnetz: Jeder Zug, der zwischen der Hamburger Innenstadt und Harburg unterwegs ist, muss da durch – von der S-Bahn bis zum ICE. Wenn es dort hakt, bricht sofort das große Chaos aus.
Eine alternative Elbquerung gibt es in der Hansestadt nicht. Erst in Lauenburg steht die nächste Bahn-Brücke über den Fluss. Züge müssen dafür einen riesigen Umweg über Lüneburg und Büchen fahren.
Die 300 Meter langen Elbbrücken sind also eine wichtige und quasi alternativlose Eisenbahn-Lebensader – nicht nur für die Stadt Hamburg und das Umland, sondern auch für den Fernverkehr und internationale Güterzüge zwischen Skandinavien und Südeuropa.
Kein Wunder, dass deswegen seit Jahren die Köpfe rauchen bei der Deutschen Bahn, dem Bund und der Hamburger Verkehrsbehörde, wenn es um die Zukunft dieser Elbbrücken geht, denn die imposante stählerne Flussquerung ist inzwischen fast 100 Jahre alt und muss dringend erneuert werden. Ein heikles Thema.
Viele Jahre lang haben sich die Deutsche Bahn, die Stadt Hamburg und der Bund die Köpfe darüber zerbrochen, wie diese Erneuerung ablaufen soll, ohne den gesamten Bahnverkehr lahmzulegen. Abriss und kompletter Neubau der denkmalgeschützten Stahlkolosse? Oder lieber doch nur eine Sanierung?
Noch komplizierter wurde das Thema durch die U-Bahnlinie U4, die derzeit direkt an den Elbbrücken endet und bis 2031 über den Fluss verlängert werden soll. Damit würde direkt neben den alten Brücken eine weitere Elbbrücke entstehen, die das Baufeld einschränkt.
Seit Kurzem deutet sich nun endlich eine Lösung für das Problem an. Bahn, Bund und die Stadt Hamburg haben einen Weg gefunden, wie sich die alten Elbbrücken ersetzen lassen, ohne dass der gesamte Bahnverkehr über den Fluss zusammenbricht, wie Teile des denkmalgeschützten Bauwerks weitergenutzt werden können und parallel auch noch die U4 verlängert werden kann.
Doch diese Lösung ist kompliziert und erfordert viele Zwischenschritte. Unter anderem muss dafür eine viel genutzte Straßenverbindung für lange Zeit gekappt und die neue U4-Strecke über die Elbe voraussichtlich kurz nach Eröffnung teilweise wieder demontiert werden.
NAHVERKEHR HAMBURG zeigt anhand von Bauzeichnungen, in welchen Phasen der Ersatz der alten Elbbrücken ablaufen soll, welche Herausforderungen dabei zu meistern sind und wie die Bahn-Elbquerung nach dem Mammut-Umbau aussehen wird.
So sehen die Elbbrücken heute aus
Die Bahn-Elbbrücken an der Norderelbe in Hamburg sind eine Ansammlung von vier verschiedenen Brücken. Ganz auf der Westseite Richtung Elbphilharmonie steht die sogenannte Freihafenbrücke – eine Straßen- und Fußgängerbrücke, die früher auch einmal ein Hafenbahngleis Richtung HafenCity trug. Sie wurde vor knapp 100 Jahren 1926 eröffnet und hat die Besonderheit, dass es zwei Etagen gibt. In der oberen Etage ist Platz für vier U-Bahn-Gleise für eine damals geplante, aber nie gebaute Hafen U-Bahn (Bauzeichnung mit den eingeplanten U-Bahn-Gleisen hier).
7 Antworten auf „Elbbrücken-Erneuerung: Diese Bauphasen kommen auf Bahnfahrgäste zu“
Dieses DB-Monsterprojekt läuft schon wieder so ab, wie wir es von anderen Brücken“Sanierungen“ der DB gewohnt sind. Erst wird im geheimen Kämmerlein zwischen Senat und DB ein Konzept ausgekungelt und schon vorab entschieden, dass die Norderelbbrücken nicht wie zuvor einmal angekündigt saniert werden (wäre klimafreundlicher), sondern angeblich neugebaut werden müssen. Für das ganze Konzept gibt es eine Machbarkeitsstudie, die wie üblich unter Verschluss gehalten wird. Dann werden häppchenweise Informationen an die Öffentlichkeit gegeben. Und das ganze nennt sich dann „Dialog auf Augenhöhe“ und „demokratische Bürgerbeteiligung“. Nichts davon grifft zu. Die grundlegenden Entscheidungen werden ohne die Beteiligung der Öffentlichkeit getroffen. Diese darf sich damit abfinden, dass für mindestens acht Jahre die Freihafenelbbrücke als Straßenverbindung (auch für Radfahrer) wegfällt. Letztere müssen dann mit dem knapp 1 Meter breiten Radweg im tosenden Lärm der Autobahnelbbrücken vorlieb nehmen. Wie dann noch in der gleichen Zeit das Wohnquartier „Kleiner Grasbrook“ entwickelt werden soll (Baustellenverkehre) wird das Geheimnis des Fahrrad-Verkehrssenators bleiben. Über die, durch dieses Bauverfahren ausgelösten Vekehrsstaus in Hamburg will man besser nicht reden. Die werden aber keinen zum Umstieg auf die Bahn bewegen. Und was völlig verschwiegen wird, ist, dass die Stadt dieses komplexe und risikoreiche Bauverfahren selber verschuldet hat, weil sie das ursprünglich von der Bahn als Baustelleneinrichtungsfläche vorgesehene Grundstück an Herrn Benko für den Bau des Elbowers vescherbelt hat. Und wenn man schon die Freihafenelbbrücke ertüchtigt, warum baut man diese nicht gleich ein paar Meter stromab wieder ein, so dass wie ursprünglich vor 100 Jahren geplant, die U-Bahn in der 1. Etage auf dieser Brücke die Elbe queren kann. Dann kann man sich den Auf- und Abbau der neuen U4-Brücke sparen. Aber nein, dann könnten einige der Beteiligten vielleicht nicht soviel Geld verdienen. Insgesamt ein hoch risikoreiches Bauunterfangen, welches in den nächsten 15 Jhren für reichlich Störungen im Hamburger Bahnverkehr sorgen wird. Und die vom Vekehrssenator erträumten 2 zusätzlchen Gleise über die Elbe werden das Problem des Nadelöhrs Elbbrücken im Störungsfall nicht lösen. Dafür ist eine 2. Elbquerung im Hamburger Westen unabdingbar. Leider wird die fertige Studie dazu vom Senat unter der Decke gehalten solange bis das ambitionierte Bauvorhaben Elbbrücken festgezurrt ist.
Die Machbarkeitsstudie steht hier online: https://dreso-my.sharepoint.com/personal/felix_recklebe_dreso_com/_layouts/15/onedrive.aspx?id=%2Fpersonal%2Ffelix%5Frecklebe%5Fdreso%5Fcom%2FDocuments%2FSharePoint%2FPlanungswettbewerb%5FNorderelbe%5FAnhang%5F03%5Fbis%5F11%5Fzum%5FTeilnahmeantrag%2Ezip&parent=%2Fpersonal%2Ffelix%5Frecklebe%5Fdreso%5Fcom%2FDocuments%2FSharePoint&ga=1
Der wegfallende Radweg wird nach Abbau der Freihafenbrücke durch zwei Radwege entlang der neuen U4-Brücke ersetzt (siehe Querschnittszeichnungen oben im Artikel), die voraussichtlich ab 2031 in Betrieb sein wird. Je nachdem, wann die Elbbrücken-Erneuerung losgeht, ist das vor oder knapp nach dem Abbau der Freihafenbrücke.
Der U-Bahnhof Elbbrücken liegt zu tief, als dass von dort aus die Oberetage der Freihafenbrücke erreicht werden könnte – auch, wenn man sie in den Trassenverlauf der U4 verschieben würde. Auf den Fotos oben im Artikel und in den Querschnittzeichnungen ist gut zu erkennen, dass die U4-Gleise quasi auf dem Niveau der Straßenebene liegen. Der U-Bahnhof müsste für die Nutzung des Obergeschosses der Freihafenelbbrücke aufwändig um- bzw. neugebaut werden.
Was ist die Quelle dafür, dass die Freihafenelbbrücke „mindestens acht Jahre“ wegfallen wird?
Inwiefern wäre das Bauverfahren weniger risikoreich und komplexer, wenn die Logistikfläche für die Elbbrücken-Erneuerung nicht südlich der Elbbrücken (wie aktuell geplant), sondern nördlich auf der Fläche des Elbtowers liegen würde?
Wie hätte ein aus Ihrer Sicht risikoärmeres Bauverfahren ausgesehen?
Toller, fundierter und sehr verständlicher Beitrag!
Sehr verständliche Darstellung eines Wahnsinnsprojektes. Letzteres im positiven Sinne. Hoffentlich kommen die zwei zusätzlichen Fernverkehrsgleise, denn eine zweite Elbquerung im Westen scheint mir illusorisch zu sein.
eine Westquerung wäre auch nur als S-Bahn in Erwägung zu ziehen aber selbst das ist jenseits der Realität. Die Frage ist aber, wann die Sanierung der Brücken erfolgen muß! und auch, welche Kosten da entstehen werden. Hier geht es ja immerhin um die Erneuerung einer fast 100 Jahre alten Brücke. Die Süderelbbrücken dagegen sind gerade mal knapp 45 Jahre alt und müssen auch erneuert werden. Hier ein video zum Bau der Brücken in den siebziger Jahren. https://www.youtube.com/watch?v=vvmMo96PN-Q&pp=ygUbYmF1ICBkZXIgIHPDvGRlcmVsYmJyw7xja2Vu
Sehr interessant, danke schön!
Mein einziges Bedenken: Reicht es aus, dass die zusätzliche Bahnbrücke, die ja ebenfalls „ganz normale“ Verkehrsbelastung aufnehmen soll, nur aus sanierten, über 100jährigen Altbrücken(teilen) besteht? Baut man sich da nicht das nächste Problem zusammen? Wäre hier nicht auch ein Neubau aus frischem Stahl besser? Die Optik spielt doch keine Rolle, da die historische Freihafenbrücke weiterhin „die Sicht nimmt“.
Bin komplett bei dir, dass sie aus frischem Stahl gebaut werden sollten. Auch wenn es heißt, sie werden identisch gebaut oder ähnlich.
Ich frage mich auch, ob eine breitere Brücke für mehrere Gleise auch nicht sinnvoll wäre, oder ob es aus Sicherheitsperspektive, mehrere einzelne Brücken doch das richtige ist.
Was die Freihafenbrücke angeht, frage ich mich, ob nicht sinnvoll wäre, die sanierte Brücke für die U4 einzusetzen und sie genau wie ursprünglich gedacht zu nutzen, wo die obere Etage für die U-Bahn ausgebaut wird. Sie würde dann einige Meter elbabwärts bewegt werden, um die Trasse der U4 weiterzuführen. Die untere Etage würde dann als Rad- und Fußgängerbrücke dienen.
Anstelle der Freihafenbrücke würde eine andere Brücke für den Autoverkehr entstehen.