Ende der HVV-Apps? Großer Streit im Hintergrund 

Die beiden HVV-Apps sollen abgeschafft und durch einen Nachfolger ersetzt werden, mit dem man auch in Berlin Fahrkarten kaufen kann. Der Markenname des Verbunds würde dann auf den Handys verschwinden. Das sorgt hinter den Kulissen für mächtig Ärger. Darum geht es und so soll die neue App heißen.
Christian Hinkelmann
Die beiden HVV-Apps sollen bald verschwinden.
Die beiden HVV-Apps sollen bald verschwinden.

Sie sind auf Millionen von Handys installiert, doch ihre Tage sollen gezählt sein. Die klassische HVV-App und auch die HVV-Switch-App sollen schon bald verschwinden. Sie würden dann durch einen Nachfolger ersetzt, der einen völlig neuen Markennamen tragen wird. 

Schon in wenigen Tagen soll die neue App der Öffentlichkeit präsentiert werden. So soll sie heißen und deswegen gibt es im Hintergrund Streit darum. 

Die vor fünf Jahren neu eingeführte Switch-App im HVV fristete lange Zeit ein Schattendasein neben der „großen“ klassischen HVV-App. Sie war zwar moderner, aber konnte wenig. Nur ein kleiner Ausschnitt des HVV-Ticketsortiments, dazu noch ein paar Buchungsmöglichkeiten für eine Handvoll Sharing-Dienste. 

Erst mit der Einführung des Deutschlandtickets änderte sich das schlagartig, als die Verantwortlichen im HVV entschieden, die neue Abo-Karte ausschließlich über diese App zu verkaufen (neben der Chipkarte). Ein Volltreffer. Innerhalb eines knappen Jahres schoss die Zahl der Downloads von 300.000 im November 2022 auf eine Million im S…

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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10 Antworten auf „Ende der HVV-Apps? Großer Streit im Hintergrund “

Ich kann dem Argument „es muss HVV drauf stehen“ nur seeeeehr eingeschränkt folgen.

Nicht nur wegen der Umstellung auf die Switch-App ist das Argument fragwürdig (werft doch mal einen Blick auf das Icon der „hvv switch“-App, das nur rudimentäre Ähnlichkeit mit der Markenidentität „hvv“ hat).

Okay, Hamburg kann für sich behaupten, den ältesten Verkehrsverbund der Welt zu haben, aber Achtung, liebe Hamburgerinnen und Hamburger, deswegen weiß trotzdem nicht alle Welt, wofür die Abkürzung „hvv“ steht und dass man die switch-App installieren muss, wenn man in die Stadt kommt und Nahverkehr benutzen möchte.

Wir müssen nicht nur Weg von einer Wagenburgmentalität der Verkehrsunternehmen und der Verkehrsverbünde, wir müssen auch weg vom Lokalpatriotismus was die Planung des ÖPNV-Mobilitätsbedarfs angeht. Wir brauchen Lösungen, die in weiten Teilen Deutschlands (oder gar darüber hinaus) sich einheitlich anfühlen und einheitlich genutzt werden sollen.

Nein, es ist keine gute Idee, dass wir in Hamburg eine andere Nahverkehrsapp haben als die in Berlin, weil in Berlin der ÖPNV angeblich so wahnsinnig beschissen ist (Spoiler: Ist er nicht, er ist nur genauso beschissen wie überall sonst auch). Und vor allem ist die Vorstellung absurd, Menschen benutzen nur ein Nahverkehrssystem.

Ich habe mindestens ein halbes Dutzend Nahverkehrs-Apps aus ganz Deutschland auf dem Telefon und das ist besonders dann eine richtig beschissene Idee, wenn man jede davon nur 0,5- bis zweimal im Jahr benutzt und sie dann jedes Mal völlig veraltet und unbenutzbar aus dem Tiefschlafmodus geweckt werden muss (und man sich erstmal mit irgendeinem Account neu anmelden muss). Die Whitelabel-Idee hingegen hat uns gerade diesen furchtbaren Wildwuchs verschafft und den Synergie-Effekt einmaliger Entwicklungsarbeit lassen sich Privatunternehmen dann von vielen Kunden-Verbünden versilbern.

Ganz ehrlich: Seid ihr alle nur zuhause im ÖPNV unterwegs? Was macht ihr, wenn ihr aus dem ICE woanders aussteigt?

Fazit: Bitte gerne die Markenidentität INNERHALB einer gemeinsamen, überregionalen App abfeiern und gemeinsame Infrastruktur für alle aufbauen. Die Kosten dafür verteilt man dann am Ende nämlich auf deutlich mehr Köpfe, da braucht man sich auch am Anfang nicht darüber empören, dass andere von den eigenen Entwicklungskosten profitieren können. Einfach großzügig sein und stillschweigend den „Early-Adopter“- und „kurze Wege“-Vorteil genießen.

Ich finde das Projekt eine enorm geile Sache. Deutschland hat mehr Zusammenarbeit dringend nötig. Diese Wagenburgmentalität bringt niemandem etwas. Dadurch haben wir zigtausende Apps, weil jeder sein eigenes Süppchen kochen will.

Ich sehe ein hohes Potential eine deutschlandweite App daraus zu machen. Im ersten Schritt wäre es aber schon nice, wenn ich mit einer App in Hamburg und Berlin Scooter mieten kann und anders als bei Whitelabel-Lösungen eben nicht weiterhin eine App für jeden Verbund habe.

Im Gegensatz zum DB Navigator wird die App durch ein Unternehmen in öffentlicher Hand und mit enger demokratischer Kontrolle entwickelt. Die ganzen anderen Lösungen basieren auf Software von privaten Unternehmen, die nicht staatlich kontrolliert werden.

Die Etablierung des Markennamens ist tatsächlich die größte Herausforderung aus meiner Sicht.

Ein wunderbarer Artikel aus dem Tollhaus der Digitalisierung! Was er zeigt, ist, dass die Strukturen im ÖPNV in Deutschland mit 64 Verkehrsverbünden dringend rationalisierungsbedürftig sind. Offensichtlichj ist der Kostendruck noch nicht hoch genug. Warum gibt es nicht ein einheitlich App auf der man in jeder Region die jeweils gültigen Nahverkehrstickets erwerben kann. Noch einfacher wäre es wenn es auch überall ein einheitliches Tarifsystem gäbe mit drei oder vier Preisstufen. Natürlich wäre es noch besser, wenn jeder Bürger ein Deutschlandsticket hätte, dafür braucht es natürlich preislich attraktivere Varianten für Rentner, Schüler, Studenten, Leistungsbezieher etc., dann würde sich der ganze Einzelfahrscheinverkauf erübrigen und die undurchsichtigen Einzelticketstrukturen der verschiedenen Verkehrsverbünde obsolet. Aber dann würden ja die ganzen Personen, die sich in den Gremien mit Heißblut streiten überflüssig. Vielleicht gibt es dann mehr Busfahrer, wenn die dann überflüssigen Verwaltungsetagen ausgedünnt würden. Vielleicht geht es auch so wie in den Niederlanden mit einem landesweit einheitlichen Ticketsystem mit einem check-in be-out Verfahren mit Bestpreisabrechnung! Dann müssten nicht laufend neue Apps entwickelt werden und Sitzungen abgehalten werden auf denen man sich über diese streiten kann.

Wir haben in Hamburg ein funktionierendes ÖPNV System mit einer guten und relativ einfach zu bedienenden App. Ich helfe älteren Leuten bei der Nutzung ihres Handys und denke, ich kann das beurteilen. Meine Erfahrungen in Berlin, ich bin häufiger dort, kann man das nicht behaupten. ÖPNV in Berlin ist in Teilen eine Kathastrophe. Ichwürde von einer Zusammenarbeit mit einem Verbundsystem welches nur in Teilen funktioniert, abraten. Der gute Ruf des hvv würde leiden. Bei Abschaffung des Logos und der App verliert man garantiert die ältere , nicht so ganz Internetaffine Generation.

Das erklärt mir die seit Monaten auszumachende miese Stimmung in der hamburgischen ÖPNV-Branche und warum Hochbahnchef Henrich laut Abendblatt intern so hart angegangen wird. Viele Mitarbeitende und Abgeordnete finden das sicher toll sowas nebenbei aus den Medien zu erfahren.

Den Markennamen ablegen halte ich auf Nutzersicht für problematisch. Woher soll ich als Nutzer wissen, dass mir ausgerechnet von dieser App gültige Tickets verkauft werden?

Also besser als Whitelabel aufsetzen und jeder Verbund setzt optisch sein Label drauf.

Jemand könnte die Idee haben, eine App namens Min herauszubringen, die gegen Aufschlag die Tickets im Hintergrund bei Max kauft. Verboten wäre das möglicherweise nicht. Und als Nutzer wäre ich verwirrt welches die für mich vorteilhafteste App ist. Der HVV muss also das Logo überall im HVV und vor allem an den Stationen bekannt machen.

Die Idee eines deutschlandweit einheitlichen Vertriebs ist allerdings gut. Gibt es aber in Ansätzen schon in der DB Navigator App. Die sollte, vielleicht als kleine Schwester-App, ausgebaut werden.

In fremden Städten kaufe ich ÖPNV-Tickets nur über die DB-Navigator-App. Ich hätte sonst die Mühe, die richtige App zu finden mit dem Restrisiko, doch die falsche geholt und ein ungültiges Ticket erworben zu haben.

Fazit: gute Idee, in der Umsetzung unbedingt zu optimieren. Und Grundsatzfrage warum nicht bei der DB ansiedeln.

Also ich will sicherlich weiterhin eine HVV-App haben.

Aber wenn da dann irgendwo auch Berlin drin ist, habe ich auch nichts dagegen. Eigentlich sollte sich da mal der VDV (oder UITP?) drum kümmern – gute Software die Mitgliedsunternehmen für ihre Apps verwenden können, und für eine VDV-weite App

Aber die ganzen Daten sollten auch frei Verfügbar sein. Dann könnten auch andere Entwickler was machen, was vielleicht inhaltlich ähnlich ist aber sich anders anfühlt und aussieht. Die Idee einer einziger (Monopol-)ÖPNV-App ist nicht realistisch.

Der VDV ist doch gerade Wegbereiter der jetzigen Misere, indem er sich jeglichen Sonderwünschen der Verkehrsverbünde angenommen hat und jede furchtbare Sonderlocke implementiert und damit viele Jahre an Zeit verschwendet hat, anstatt selbstbewusst E-Ticket Deutschland den Verbünden als gemeinsame Marke schmackhaft zu machen.

Ich liebe Deutschlands Föderalismus, aber wenn es um Nahverkehr geht, dann ist das dort vorhandene regionale Selbstbewusstsein eine Katastrophe fürs ganze Land.

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