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Geld sparen, schneller starten: Taxi statt Bus 

Was wäre, wenn man statt teurer Linienbusse oder defizitärer On-Demand-Shuttles einfach vorhandene Taxis als Öffentlichen Nahverkehr fahren ließe? Der Erfinder des ÖPNV-Taxis erklärt im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview, welche Vorteile dies hätte, wie viel Geld sich damit sparen ließe und wo solche Systeme schon heute erfolgreich funktionieren.
Frank Muth
Taxis warten auf Fahrgäste. Im ländlichen Raum könnten sie auch günstig Busse und On-Demand-Shuttles ersetzen.
Taxis warten auf Fahrgäste. Im ländlichen Raum könnten sie auch günstig Busse und On-Demand-Shuttles ersetzen.

Der öffentliche Nahverkehr im ländlichen Raum steht vor einer Herausforderung: Außerhalb der Schulzeiten sind Busse oft leer, und die in letzter Zeit eingeführten On-Demand-Shuttle-Systeme wie HVV hop und Ioki sind zwar beliebt, aber teuer und nicht wirtschaftlich. So musste der ehemalige Ioki-Dienst in Hamburg-Osdorf beispielsweise mit 15 Euro pro Fahrt bezuschusst werden und in Köln lag die Subvention für ein ähnliches Angebot sogar bei 26,35 Euro pro Fahrt. Ohne großzügige Fördermittel aus Berlin ist der Betrieb solcher Dienste kaum möglich. Wenn diese Gelder auslaufen, droht häufig das Ende der Shuttledienste. So wird in Ahrensburg das HVV hop-Projekt zum Jahresende eingestellt, während Henstedt-Ulzburg kürzlich entschieden hat, den On-Demand-Verkehr weiterzuführen – wenn der Kreis Segeberg ebenfalls zustimmt.

Der größte Kostentreiber bei solchen flexiblen Shuttles, die die Verkehrsbedürfnisse auf dem Land oft besser abdecken als ein Bus, der nur alle paar Stunden fährt, sind die Personalkosten. Hinzu kommt, dass es schwierig ist, genügend Fahrerinnen und Fahrer zu finden, damit so ein Dienst in der Fläche ohne allzu lange Wartezeiten funktioniert. 

Doch es gibt eine Alternative, die die Vorteile der On-Demand-Shuttles schneller und günstiger auf die Straße bringen könnte, indem man die bestehenden Ressourcen und Strukturen eines anderen Verkehrsmittels mit einbindet: in Form des klassischen Taxis. 

Das sogenannte „ÖPNV-Taxi“ wurde von Rechtsanwalt Dr. Hubertus Baumeister entwickelt, einem Gründungspartner der auf Mobilität spezialisierten Bremer Kanzlei BBG & Partner. Im Interview mit NAHVERKEHR HAMBURG erklärt Baumeister das Konzept und warum ländliche Regionen davon gleich doppelt profitieren könnten. 

NAHVERKEHR HAMBURG: Herr Dr. Baumeister, was genau ist ein ÖPNV-Taxi? 

Dr. Hubertus Baumeister: Die Idee der ÖPNV-Taxis basiert darauf, dass es in einer Stadt oder Region in den meisten Fällen bereits eigenwirtschaftlich betriebene Taxiflotten gibt. Diese haben zu vielen Zeiten aber noch freie Kapazitäten. Für die ÖPNV-Taxi-Fahrten werden diese freien Kapazitäten der Taxi-Dienste genutzt. Die Kommunen sparen sich damit die Vorhaltekosten für die Fahrzeuge und das Personal und bezahlen auch nur für tatsächlich stattfindende Fahrten: Das läuft so ab, dass der Kunde den normalen ÖPNV-Tarif bezahlt, evtl. auch noch einen Zuschlag. Der Auftraggeber (also die Kommune oder der Verkehrsbetrieb) zahlt dann dem Taxi-Unternehmen für jede durchgeführte Fahrt die Differenz zum normalen Taxi-Tarif. Auch die aufwändigen Ausschreibungs- und Genehmigungsverfahren entfallen beim ÖPNV-Taxi. Außerdem ist gerade in ländlichen Regionen die für den Fahrgast verfügbare Taxiflotte meist so groß, dass die ÖP…

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Frank Muth erlebte als Fahrgast in mehreren Städten mit, wie sich die Straßenbahn zur Stadtbahn oder Niederflurtram weiterentwickelte. Das weckte in ihm die Frage, wie Bahnsysteme funktionieren, woran sie im Alltag oft scheitern — und wie sich das ändern ließe. Frank Muth schreibt seit vielen Jahren für die Fachpresse über Verkehrsmittel, ihre Geschichte und über die Zukunft der Mobilität.

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3 Antworten auf „Geld sparen, schneller starten: Taxi statt Bus “

Das es viele nicht ausgelastete Taxen auf dem Land gibt, bezweifle ich. Im Heidekreis wurde ich fast schon ausgelacht, als ich mir abends für den nächsten Vormittag ein Taxi an einen Bahnhof bestellen wollte. Die fahren nämlich alte Leute von und zu den Ärzten. Da ist keine Reserve. Und spät abends arbeiten die Fahrer nicht mehr.

In Neu Wulmstorf haben wir ein Rufbus genanntes Anrufsammeltaxi mit festen Linien und Haltestellen, das nur bei Bedarf fährt. Es kostete vor einigen Jahren über 8 Euro öffentlichen Zuschuss pro Fahrgast. Das ist weniger als bei einem On-Demand-Dienst, aber immer noch so viel, dass ich als Finananz- und Verkehrsausschussmitglied aus Kostengründen eine Neuausschreibung der Leistung sehr kritisch sehe.

Man sollte realistisch sein und von den Leuten auf dem Land erwarten, dass sie die erste Meile mit eigenen Verkehrsmitteln zurücklegen und sich nicht staatlich subventioniert chauffierem lassen. Wer das nicht kann oder will sollte bitte mindestens in ein Grundzentrum ziehen. Der Staat kann nicht alles richten.

“Man sollte realistisch sein und von den Leuten auf dem Land erwarten, dass sie die erste Meile mit eigenen Verkehrsmitteln zurücklegen und sich nicht staatlich subventioniert chauffierem lassen.”
OK, für diese Sichtweise habe ich Verständnis. Das Problem dabei besteht aber in der Gegenrichtung: Als Stadtbewohner habe ich eine brauchbare ÖPNV-Anbindung (alternativ und ergänzend auch Carsharing, Stadtrad usw.). Dieses Mobilitätsangebot endet jedoch an der Stadtgrenze (mal etwas vorher mal auch etwas darüber hinaus). Wer stellt mir aber dort das Fahrzeug hin, mit dem ich mein Ziel-Dorf erreichen soll?

Man kann das ‘Konzept’ auch viel einfacher Ausdrücken: Die Kommune gibt Geld aus damit bestimmte nach Kriterien ausgewählten Einwohner und Fahrtzwecke billiger Taxi fahren könne.

Ist eigentlich nichts neues, die Vierlande haben seit über 30 Jahren ein Anruf-Sammel-Taxi, und ich kenn auch einige Sozialdienste die so einiges an Taxen anmieten anstelle selber zu fahren, weil es halt günstiger ist. Ich bin mir also sicher dass es Gegenden/Kundenkreise gibt wo das funktioniert und effizient ist, und man muss immer mal wieder durch Projekte herausfinden wo/wie das geht.

Aber man muss auch einfach mal einsehen dass das immer ein Nischenprodukt sein wird, das auch in ländlichen Räumen begrenzte Wirkung haben wird und in Hamburg und Umland auch nicht billiger als hop, loki, etc sein wird. Denn deren Problem ist nicht ungenutzte Fahrzeuge/Fahrer (wie sie schreiben, die Dienste sind beliebt!) sondern einfach die Kosten die enstehen selbst wenn sie so gut wie möglich genutzt werden.

Es war schon immer schon dass viele On-Demand-Dienste gerade wenn sie gut benutzt werden, wegen der fehlenden Skaleneffekte.

Ein solches System würde übrigens auch im ländlichen Raum ziemliche Extra-Kosten verursachen. Es würde z.B. kaum zu Einsparungen beim ÖPNV führen weil die Busse und Fahrer ja alle für den Schülerverkehr sowieso gebraucht werden.

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