Gigantischer Tunnel: Neue Idee für Hauptbahnhof-Ausbau in Hamburg

LINKE legt Untersuchung für einen 14 Kilometer langen Fernbahntunnel vor, der von Harburg über den Hauptbahnhof bis nach Rothenburgsort führen soll. Der Plan hat Stärken – aber auch Schwächen. Und er erinnert an eine alte Idee aus Berlin.
Christian Hinkelmann
Der Hamburger Hauptbahnhof - der meistgenutzte Bahnhof Deutschlands.
Der Hamburger Hauptbahnhof - der meistgenutzte Bahnhof Deutschlands.

Dass der Hamburger Hauptbahnhof mit mehr als einer halben Million Passagieren am Tag völlig überlastet ist, ist seit Jahren allgemein bekannt.

Doch wie sich das Problem lösen lässt, darüber gehen die Meinungen auseinander: Gütergleise in Bahnsteiggleise umwandeln, Haupthalle vergrößern, S-Bahn-Gleise unter die Erde verlegen, um Platz für zusätzliche Fernbahngleise zu schaffen, endende Regionalzüge durchbinden und selbst über eine komplette Verlegung des Verkehrsknotens weiter an den Stadtrand wurde schon nachgedacht.

Alle diese Ansätze haben eins gemeinsam: Sie sind allesamt aufwändig, sehr teuer und brauchen viele Jahre Zeit, bis sie für die Fahrgäste einen Nutzen bringen. Konkrete Entscheidungen, Finanzierungen und Zeitpläne gibt es zu keiner der Ideen. Deswegen tritt Hamburg in dieser Frage seit anderthalb Jahrzehnten gewissermaßen auf der Stelle.

Heute ist der bunte Strauß an Ausbau-Ideen um einen Vorschlag reicher geworden. Es geht um einen 14 Kilometer langen Fernbahntunnel von Harburg unter der Hamburger Innenstadt hindurch bis nach Rothenburgsort und ein neues Kellergeschoss im Hauptbahnhof.

Die Idee stammt – mitten im Bürgerschaftswahlkampf – von der Hamburger LINKEN und basiert auf einer Untersuchung zweier Autoren, die in den vergangenen Jahren bereits mit Papieren zu einer verkürzten S-Bahnlinie S4 und einer Straßenbahn statt der im Bau befindlichen U-Bahnlinie U5 auf sich aufmerksam gemacht hatten.

Neuer Tunnelvorschlag für Hamburgs Hauptbahnhof

Der neueste Vorschlag des Autorenpaars Dieter Doege und Jens Ode klingt gigantisch: Um den überfüllten Hamburger Hauptbahnhof zu entlasten, schwebt ihnen ein zweigleisiger Fernbahntunnel vor, der in Harburg aus der Bahnstrecke nach Stade abzweigen und bis zu 34 Meter tief den Köhlbrand, diverse Hafenterminals und die Elbe unterqueren soll.

Am Baumwall soll der Tunnel das nördliche Elbufer erreichen und dann unter der Innenstadt hindurch entlang der Mönckebergstraße bis zum Hauptbahnhof führen, wo die beiden Autoren eine viergleisige Station mit drei Fernbahnsteigen unter der Bahnhofshalle vorschlagen – quer angeordnet zu den oberirdischen Gleisen. Im Hamburger Hauptbahnhof würde damit also ein neues Kellergeschoss entstehen.

Vom Hauptbahnhof aus soll der Tunnel in einer scharfen Rechtskurve Richtung Berliner Tor abbiegen und in Rothenburgsort – direkt hinter der B4/B75 – an die Oberfläche zurückkehren. Gesam…

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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22 Antworten auf „Gigantischer Tunnel: Neue Idee für Hauptbahnhof-Ausbau in Hamburg“

Sobald der Belt-Tunnel fertig ist, wird es auch Züge von Skandinavien nach Berlin geben. Wenn Hochgeschwindigkeitsfahrten in dieser Relation über Hamburg attraktiver sein sollen, als über kürzere Nebenstrecken zwischen Lübeck und Berlin, sollten auch dafür Direktfahrten ohne Kopfmachen am Hbf möglich sein! Andernfalls wäre Hamburg insofern im Abseits.

Der angedachte Tunnel von Harburg bis zum Hbf ist nicht nur wegen der bereits erwähnten Hochwasserproblematik am südlichen Tunnelmund und an Notausgängen ein Unding, auch der Aufwand ist zu groß. Bereits kurz nach der Flutkatastrophe 1962 war es gelungen, eine provisorische, aber hochwassersichere Umfahrungsstrecke zwischen den Elbbrücken Süd und Nord über Hohe Schaar und Hafenbahnhof Hamburg Süd einzurichten, die einen Pendelverkehr Harburg – Hbf ermöglichte. Eine ähnliche hochwassersichere Neubautrasse, die erst vor der Norderelbe für einen relativ kurzen Tunnel bis zum Hbf abtaucht, wäre wahrscheinlich kostengünstiger und damit sinnvoller.

Im FV geht der Bedarf nach Fahrten von Berlin über Hamburg in Richtung Hannover oder Bremen gegen Null, da bereits kürzere und schnellere Möglichkeiten existieren, im Regionalverkehr ist ein solcher Bedarf fragwürdig. Solche Fahrmöglichkeiten haben in dem angedachten Tunnel unter dem Hbf „nichts zu suchen“, die bereits existierende Situation ist vorteilhafter. Ein Umweg von Lübeck über Rothenburgsort würde den Zeitvorteil für das entfallende Kopfmachen im Hbf zur Weiterfahrt in Richtung Süden aufzehren. Wenn es unbedingt sein muss, könnte eine Verbindungskurve aus Richtung Bergedorf in die GUB mit Anschluss an den angedachten Tunnel im Bereich Hasselbrook / Landwehr zur Weiterfahrt nach Süden über Hbf sinnvoller sein.

Ich habe das Gefühl, dass die Bedeutung der neuen Skandinavien-Achse über Lübeck stark überschätzt wird. Das wird vielleicht ein Stundentakt werden. Auf der existierenden Strecke über Elmshorn geht es nach Sylt, Kiel, und Jütland – also mindestens genau so viele Fernzüge wie Richtung Lübeck, wahrscheinlich deutlich mehr.

Es wird garantiert mehr als ein Stundentakt werden. Dazu kommt noch der schnelle Regionalverkehr. Außerdem wird ja immer für den schleswig-holsteinischen Nordwesten eine RE-Verbindung über OD nach NMS gewünscht, die auch zulasten des SPNV für den Nordosten gehen würde. Und dann hoffe ich noch auf Fernverkehr über Lübeck nach Mecklenburg-Vorpommern.
Und da habe ich noch nicht mal vom Güterverkehr gesprochen.
Es gibt noch viele Möglichkeiten, die die Bedeutung des Nordostens (auch in Hamburg) gegenüber heute steigen lassen können. Nichts ist ewig auf der Welt…

bevor die Strecke nach Berlin ausgebaut wurde um 2000 gab es 6 IC(E) von Hamburg nach Berlin. Jetzt sind es im Normfall 20 bis 24. Der Skandinavienverkehr wird eher weit ueber als unter den Prognosen liegen gerade auch, wenn man die Auseinandersetzungen mit Russland denkt.

Der Vorstoß verwundert in sehr vielen Punkten:

1. Die selbsternannte „Studie“ arbeitet mitnichten mit wissenschaftlichen Methoden wie Bezügen oder Quellenarbeit. Die Herleitung der darin aufgestellten Thesen ist vollkommen intransparent. Insofern ist die „Studie“ nicht mehr als ein recht oberflächliches Meinungspapier – das alleine ist nicht schlimm, sollte dann aber auch so benannt werden.

2. In der Herangehensweise wird der Fehler des VET wiederholt: Es wird vollkommen blind IRGENDWAS an Infrastruktur geplant, und für ein leistungsstarkes und zukunftsfähiges Angebotsnetz wird das dann schon passen. Es muss umgekehrt ERST sich angesehen werden, welches Angebotsnetz man schaffen will, um DANN die dafür nötige Infrastruktur zu planen.

3. Die Entlastung der Verbindungsbahn durch eine Rückziehung der Fernverkehr-Start/Endpunkte von Altona (mit dem dortigen Betriebswerk) zum Hbf wird in der gesamten Studie mit EINEM Satz abgehandelt:
„Im Übrigen befindet sich in nur etwa vier Kilometern Entfernung in Billwerder-Moorfleet ein geeignetes DB-Grundstück für ein gut erreichbares Bahnservicewerk“
Welches Grundstück (etwa das DUSS-Terminal?) damit gemeint ist, bleibt vollkommen schleierhaft, und auch insgesamt kommt die Abhandlung der Verbindungsbahn-Problematik damit natürlich viel zu kurz.

4. Die Aussagen zum Brandschutz sind mehr als abenteuerlich. In einem viel befahrenen Personenverkehrstunnel mit riesigem Tunnelbahnhof soll mit der Bereitstellung eines Löschfahrzeugs auf Notausgänge verzichtet werden können.

5. Die Kostenrechnung kann kaum ernst genommen werden. Anhand von laufenden Tunnel-km wird ein Preis errechnet, und noch ein Pauschalpreis für den Tiefbahnhof addiert. Wo die Zahlen herkommen, ist vollkommen intransparent.
Im Ergebnis kommt bei einem Tunnel, der 2,5x so lang ist wie der VET, plus einem Tiefbahnhof (der ohne Baugrube deutlich aufwändiger vollkommen unter Tage errichtet werden soll und mit einer sher fragwürdigen 850 m langen Bahnsteighalle für 2 ICEs hintereinander die Dimensionen seines Pendants in Stuttgart deutlich sprengt) eine Preisangabe UNTER der des VET heraus. Das alleine ist so abstrus, dass man kaum weiß was man dazu eigentlich sagen soll.

5. Dass nun ausgerechnet die Partei der Tunnel-Chefkritiker (Stichwort U5) mit der größten Fernbahntunnel-Idee, die es in Hamburg jemals gab, ankommt, ist schon sehr verwunderlich. Bei der U5 wird man nicht müde, auf Grund von CO2-Emissionen beim Bau, der Fertigstellung erst in Jahrzehnten und der extrem hohen Kosten, auf einen Bauabbruch und Ersatz durch eine Straßenbahn zu drängen, und jetzt das?

was man ja sofort machen koennte (dazu braucht man nicht einmal einen Planfeststellungbeschluss:
– Verlegung von Gleis 14 naeher an die Hallenmauer und daduerch den Bahnsteig um 2-3 Meter verbreitern.
– aehnliches betrifft Bahnsteig Gleis 11-12 durch Abbau des Guetergleises (Der Gueterverkehr sollte eh uber die GUB gehen.)
– Verbreiterung der Verteilerebene im Westen von mir aus auch durch den Wegfall der ganzen Take away shops.
Aber machen wir uns nichts vor. Die Bahn interessiert sich nicht fuer die Sicherheit und den Komfort ihrer Fahrgaeste. Man betrachtet den HBF als Real Estate Asset: Deshalb soll auch noch ein weiterer Glaspalast gebaut werden egal ob es angesichts von Home office und AI in 10 bis 14 Jahren dafuer noch Bedarf gibt. Der angedachte Tunnel erstellt von interessierten Buergen aus Altona (Frau Sudmann: Sind Doege und CO wirklich „Fachleute“?) finde ich eigentlich ganz interessant, aber ich halte die Umsetzung technisch fuer gewaltig und auch die Kostenerkalkulation fuer naiv. Aber sinnvoller als der VET allemal.

Bitte bedenken, dass die Gleislage von den Gleisbrücken über die U3 abhängt. In frühen Präsentationen im Rathaus galt das als extrem schwierig. „Einfach“ Verschieben dürfte nicht möglich sein.

dann muss man eben etwas mehr Aufwand betreiben. Niemand behauptet, dass Umbauten einfach sein werden, aber die Verbreiterung von Bahnsteigen geht mit Sicherheit schneller als der Bau eines VET, der vor 2045 nicht fertig sein wird.

Der lange Tunnel ist sicherlich eine Variante, aber mit erheblichen bautechnischen Risiken, besonders, was die unterirdische Auffahrung einer Bahnsteighalle zwischen Hbf. und Gerhard-Hauptmannplatz unter dicht bebautem Gebiet angeht, verbunden. Da kann eine 2. Eisenbahnelbquerung im Hamburger Westen östlich des A7 Autobahntunnels schlanker realisiert und im Hafengebiet weitgehend oberirdisch geführt werden. Und mit einer oder zwei zusätzlcihen S-Bahnstationen im hafen etwas zur Nahverkerhsanbidnung dort beitragen. Ein solcher Tunnel, der am Bahnhof Altona in der Ebene minus 2 ankommt, wäre ein relevanter Bestandteil für einen goßen S-Bahnring, der die Güterumgehungsbahn mit einbezieht und das Grundproblem des SPNV in Hamburg, nämlich dass alle SPNV-Verkehre auf den Hbf. hin organisiert werden, grundlegend löst. Ein solcher Ring würde alle tangentialen Verkehre um den Hbf. herumführen und diesen wirksam entlasten. Ferner ließe sich mit wenigen Maßnahmen wie ein zusätzlicher Bahnsteig am Dammtor mit neuem Zulaufgleis von Westen her, sowie einem weiteren Einfahrtgleis in den Hbf. zu Gleis 13/14 und einem Überwerfungsbauwerk am Südkopf des Hbf. die jetzigen Kapazitätsprobleme mit vergleichsweise geringem Aufwand und schrittweise lösen.
Interessant sind nebenbei andere Ergebnisse der Studie die gut aufzeigt, die wie DB zwischenzeitlich den leistungsfähigen Bahnhof Altona links liegen lässt und immer mehr Züge am Hbf. aussetzt, was die Kapazitätengpässe dort verstärkt. Ist das ein Vorgeschmack auf Diebsteich, der in seiner geplanten Ausführung zu klein ist selbst die Bestandsverkehre störugnsfrei abzuwickeln?

Das Überwerfungsbauwerk im Nordkopf Hbf. dürfte an den Längenverhältnissen scheitern. Dagegen ist die Idee mit dem zusätzlichen Bahnsteig wirklich bedenkenswert, weil man damit die Kapazität der Strecke verdoppen könnte. Schnell – also vor 2040 – wäre das aber auch nicht umsetzbar, weil mit Sicherheit der Umbau der U-Bahn-Station abgewartet werden müsste.

Klar muss der Hbf. entlastet werden. Insofern ist jeder Vorschlag, der daraufhin wirkt und nicht komplette Utopie ist, zu begrüßen. Allerdings halte ich nichts von gigantischen Tunnelprojekten wie dem aktuellen Vorschlag; ich denke eher an Durchbindung von Zügen und oberirdischen Ausbau der bestehenden Verbindungsbahn. Die Ertüchtigung der GUB erscheint mir auch sinnvoll.
Allerdings habe ich den Eindruck, dass die regierende Politik in HH gar nicht an einer Entlastung des Hbf. interessiert ist, von dem vom Bund aufoktruierten unsinnigen VET mal abgesehen.
Warum sonst soll die U5 wieder über den Hbf. führen, mit entsprechenden neuen Umsteigebeziehungen und weiterer Fluktuation im Hbf.? Ein Umsteigepunkt Mundsburg und einer Stephansplatz an Hbf. (und ggf. an Jungfernstieg) vorbei mit Verbindungskurve St. Georg/Stephansplatz wäre m.E. vorteilhafter, wenn es wirklich um die Entlastung des Hbf. ginge.

Die Vorschläge werden ja immer blöder, lange Tunnel unter dichtbebautem Stadtgebiet, während die Güterzüge mit viel weniger Aufwand um die Stadt gelenkt werden können. Natürlich wird sich der internationale Güterverkehr mit dem Fehrmarnbelt-Tunnel nach Nordosten verlagern. Der Ausbau Lübeck-Lüneburg ist die offensichtliche Lösung, mit einem Tunnel unter dem Bahnhof Büchen, um diese Verkehre von Hamburg-Berlin zu trennen. Wenn dann der Güterverkehr über Elmshorn noch immer ein Problem ist, wäre eine Neubaustrecke sinnvoll, die zwischen Horst und Elmshorn beginnt, dann westlich an Elmshorn vorbeiführt (mit Kurve von Glückstadt), die Elbe untertunnelt und im Hafen von Stade an die Bestandsgleise anschließt. Aber vermutlich wird der bestehende östliche Abschnitt der GUB und die neue Verbindung Lübeck-Schwerin (weiter über Magdeburg nach Regensburg) einen großen Teil der Verkehrs aufnehmen, und weitere Ausbauten in Hamburg werden nicht dringend notwendig werden (und deshalb nicht kommen).

Auch auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen, meine Meinung: Die Entlastung des Hauptbahnhofs kann nicht am Hauptbahnhof gelöst werden, sondern nur über mit dem Bestand arbeitenden, ineinander greifenden, inkrementell umsetzbaren und anpassbaren kleinteiligeren Maßnahmen im gesamten Stadtgebiet, die zum einen die innerstädtischen Verkehrsströme entzerren und vom Hauptbahnhof weglenken (und ihn so von innerstädtischem Fahrgastaufkommen entlasten) und anderseits für die überregionalen Verkehrsbeziehungen bestehende Knoten des Regional- und Fernverkehrs stärken bzw. sogar neue schaffen (und ihn so von regionalen und überregionalen Fahrgastströmen und ggf. auch Zügen entlasten).
Wir können nicht mit immer neuen gigantomanischen Planungsideen daherkommen, irgendwelche riesigen, milliardenschweren und CO2-intensiven Tunnel oder Bauwerke, um am Ende nur noch mehr Fahrgastströme auf einen zentralen Hauptbahnhof zu lenken. Das ist meiner Meinung nach sowohl aus verkehrsplanerischer Sicht als auch aus Gründen des Klimaschutzes und der Ressourceneffizienz nicht zielführend.

Hamburg steht mit seinem Hauptbahnhof gemessen am Fahrgastaufkommen an der Spitze Europas. Bahnhöfe, die die Fahrgastzahlen Hamburgs übertreffen, gibt es im Prinzip weltweit in nennenswerter Anzahl nur noch im asiatischen Raum und dabei insbesondere in den hochverdichteten Metropolräumen Japans bzw. Tokyos (im Vergleich zu denen Hamburg bekanntermaßen ein kleines Provinznest ist).

Dass Hamburgs Hauptbahnhof, wenn man mal von Japan absieht, nicht nur innerhalb Europas sondern weltweit zu den am stärksten frequentierten Bahnhöfen gehört, ist kein Erfolgsmerkmal oder Zeichen dafür, dass Hamburg ein ÖV-Mekka ist, sondern Ausdruck der jahrzehntelang falsch orientierten und nicht integriert/ganzheitlich gedachten Konzeption des ÖV-Netzes dieser Stadt. Dass Hamburg trotz seiner vergleichsweise geringen Größe international in dieser Liga mitspielt ist denke ich ein klarer Indikator für einen grundsätzlichen Fehler im ÖV-Gesamtsystem.
Ein Großknoten, auf den nahezu alle Fahrgastströme (und ich spreche bewusst von Fahrgastströmen) gelenkt werden, ist bei einer historisch gewachsenen Stadt der Größe wie Hamburg im Prinzip ab einem gewissen Verkehrsaufkommen nicht mehr handhabbar. Das lässt sich ja seit mittlerweile einigen Jahren täglich am Hauptbahnhof erleben.
Was wir daher brauchen, ist mehr Dezentralität. Nicht noch mehr Zentralität. Genau dieses Versteifen auf einen Hauptbahnhof, der alle Fahrgastströme bündelt, hat uns ja genau die Probleme eingebrockt, die wir heute haben. Die lösen wir nicht, wenn wir immer weiter in diesem Zentralitäts-Ansatz denken. Alle Maßnahmen, die zu einer noch stärkeren Bündelung der Fahrgastströme am Hauptbahnhof führen, verschärfen die Probleme langfristig, statt sie zu lösen. Von Kosten und Aufwand gar nicht zu sprechen.
Detailliert ausgeführt und mit alternativen Lösungsansätzen hier: https://www.arnewitte.de/verbindungsbahnentlastungstunnel-ein-alternativkonzept-fuer-den-zukuenftigen-bahnknoten-hamburg/

Ganz nebenbei bemerkt: Dass gerade die Linke, die sich als starke Kritikerin der U5 und dabei vor allem des Tunnelbaus hervortut, nun mit einem solchen Vorschlag um die Ecke kommt, überrascht mich doch sehr. Viele der immer wieder vorgebrachten Kritikpunkte an der U5 treffen auch auf dieses Vorhaben zu.
Ich zitiere mal Frau Sudmann: „Sie ist aufgrund der Tunnellage irre teuer. Sie erzeugt im Bau viel mehr CO2 als in den nächsten Jahrzehnten kompensiert werden kann, da der umweltverträglichere ‚grüne‘ Beton und Stahl für die U5-Ost noch nicht zur Verfügung steht. Aber der größte Fehler ist ihr Zuspätkommen.“ Gilt für deliese Idee hier nicht auch all das in ähnlicher Form?
Ich halte die Idee jedenfalls aus den genannten Gründen für wenig hilfreich. Diese gigantomanischen zentralitischen Lösungsvorschläge der letzten Monate und Jahre mit einer weiteren Stärkung eines Hamburger Hauptbahnhofs doktorn meiner Meinung nach fast ausschließlich an rein eisenbahnbetrieblichen Problemstellungen herum, ignorieren dabei aber die verkehrs- und siedlungsstrukurelle Gesamtsicht.

Viel Text, zu viel Text. Sie sollten das mal etwas kompakter aufschreiben, damit das gelesen wird. Glaube aber, das ist so ziemlich das beste, was ich seit langem zum Hauptbahnhof gelesen habe. Der schrittweise, modulare Ansatz gefällt mir. Vermutlich würde der sechsgleisige Dammtorbahnhof und die Maßnahme am Berliner Tor schon reichen als Ersatz für VET und ausreichend Entlastung des Hbf. Sicher auch Großprojekte, aber im Vergleich zu allen anderen Vorschlägen überschaubar. Über die anderen Maßnahmen kann man bestimmt streiten, aber die Richtung stimmt.

Das Grundproblem ist die falsche Ausrichtung auf Altona. Durchbindung von Süden nach Skandinavien und von Osten Richtung Bremen würde durchgehende Zugläufe ermöglichen und damit die Zugzahlen reduzieren und vor allem das Reisen auch attraktiver machen. Der VET wäre nur Symptombekämpfung. (Wurde der gestern bei der U5 überhaupt erwähnt?).

Ein Elbtunnel im Westen hat sich mit dem Gutachten erledigt. Die Umfahrungsoption im Osten (Idee der S4-Gegner) auch. Die Linken-Idee ist zu teuer und die Ausfädelung im Bahnhof Harburg (Harburger Kreuz) wäre wegen der niveaugleichen Kreuzung der Gütergleise viel zu wenig leistungsfähig. (Schon die stündlichen Cuxhaven-Züge stören den Ablauf dort erheblich.)

Ein zweiter Bahnsteig Dammtor wäre nicht vor 2040 umsetzbar. Ein Turmbahnhof am Berliner Tor auch nicht, und überzeugt auch nicht. Allenfalls könnte man darüber nachdenken, nur die Züge von Skandinavien nach Süden mit Halt in Berliner Tor ebenerdig im Heidenkampsweg nach Süden zu schicken (Hoch- oder einfache tieflage sind durch S2 bzw. U2 verbaut). Das wäre die wichtigste Relation und würde ca. 20 Prozent entlasten.

Ist natürlich ein netter Vorschlag, bei dem aber ziemlich wahllos Zulaufstrecken verknüpft werden.
Warum wird in keinem Tunnelpläne das Offensichtliche vorgeschlagen: eine Verbindung von Harburg nach Diebsteich. Das ist die Hauptroute, über die der allermeisten Fernverkehr Hamburg passiert und man könnte viele Regios durchbinden. Von Süden erreicht man die Abstellungen und Betriebswerke, kann weiter nach Kiel, Sylt oder Dänemark und bei Bedarf wäre auch noch eine Einfädelung von/ nach Berlin möglich. Damit sind fast alle Zulaufstrecken abgedeckt.
Aber was in der hier diskutierten Studie vorgeschlagen wird, erscheint mir sehr viel Aufwand für einen fragwürdigen Nutzen zu sein. Keine Abstellungen, viel Tunnelstrecke durch die weiten Bögen, die Anbindung in Harburg müsste für große Zugzahlen Richtung Bremen und Hannover ausgelegt sein und allgemein fehlt es massiv an Flexibilität. Kein der Strecken nach Norden ist da vernünftig berücksichtigt.

Klar ist das erstmal eine Idee, die auch – wie im Artikel erwähnt – ihre Tücken hat. Prinzipiell bin ich aber auch der Meinung, dass der Verkehr in der Zukunft Richtung Nordosten gehen wird (FBQ mit allen ihren Möglichkeiten zu Zielen in Skandinavien). Und da muss ich Ihnen widersprechen: Die Nordwestrichtung wird an Bedeutung verlieren.
Den kleinen Umweg über die GUB – die übrigens in diesem Bereich schon zweigleisig ist – kann man verschmerzen, der wird woanders wieder aufgeholt. Problematisch ist aber die gegenwärtig in Bau befindliche niveaugleiche Einfädelung in Marienthal. Die müsste dann auf jeden Fall durch ein Überwerfungsbauwerk ersetzt werden.

PS: Ganz vergessen: Die Anbindung Richtung Elmshorn bleibt doch erhalten, nur eben nicht über diesen Tunnel, sondern wie gehabt über die jetzige Strecke und die Bahnhofshalle. Wie auch die Möglichkeit NW NO. Durch diesen Vorschlag werden die Möglichkeiten sogar noch flexibler.

Einigen wir uns darauf, dass der Verkehr auf der Lübecker Strecke zunimmt. Ich denke nicht, dass es mit D-Takt und Marschbahnausbau im NW weniger Verkehr geben wird.
Ja, eine niveaufreie GUB-Einfädelung wäre in jedem Fall hilfreich.
Ich stelle mir das etwa so vor: der Fernverkehr aus Süden und Berlin kommt in den Tunnel, der unter dem Hbf in einen gemeinsamen zusätzliche Station führt. Dann geht’s in Diebsteich wieder an die Oberfläche und von da nach Langenfelde, Kiel, Sylt, Jütland oder was auch immer. Der Regionalverkehr kann aus allen Richtungen wahlweise den Hbf weiterhin als Kopfbahnhof missbrauchen oder durchgebunden werden und die wenigen Fernzüge, die Kopf machen, um z.B. nach Strahlsund weiterzufahren, können auch den Bestand nutzen. Naja, Träumerei, ich weiß…

Geht die Verbindung Süd-Ost nicht am Bedarf vorbei. Ist ja im Endeffekt Hannover – Berlin über Hamburg… Hm, weiß nicht so Recht, ob das sinnvoll ist, gerade wenn Lübeck/Kopenhagen eher umständlich wird.

Ich bin mal auf die Reaktion von Herrn Jung gespannt, schließlich wird mit der Variante der Verkehr an Altona vorbei geführt.

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