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Halten am Berliner Tor bald wieder Regionalzüge?

Großbaustelle am Berliner Tor dauert noch mindestens drei Jahre – vermutlich länger. Auf HVV-Fahrgäste warten Zugausfälle und extrem viele Treppen. Behörde lässt Wiederaufbau von abgerissenen Fernbahnsteigen prüfen. Das ist alles geplant und so sah es am Berliner Tor früher aus.
Christian Hinkelmann
Seltene Aufnahme von den ehemaligen Fernbahnsteigen am Berliner  Tor im Jahr 1957. In der Mitte sind die Reste eines ehemaligen Überholgleises zu sehen, Die Bahnsteige wurden mit dem Bau der City-S-Bahn in den 1970er Jahren abgerissen.
Seltene Aufnahme von den ehemaligen Fernbahnsteigen am Berliner Tor im Jahr 1957. In der Mitte sind die Reste eines ehemaligen Überholgleises zu sehen, Die Bahnsteige wurden mit dem Bau der City-S-Bahn in den 1970er Jahren abgerissen.
Foto: Slg VVM

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Der U- und S-Bahnhof Berliner Tor gehört zu den meistgenutzten Verkehrsknoten im ganzen HVV: Jeden Tag stiegen hier bis zum Ausbruch der Corona-Pandemie weit mehr als 100.000 Menschen ein aus und um.

Doch diese Bedeutung sieht man dem teilweise ziemlich heruntergekommenen Bahnhalt nicht unbedingt an: Die Bahnsteige sind über mehrere Ebenen weit verteilt, die Fußgängerstege bei der S-Bahn sind schmal, nicht barrierefrei und mit steilen Treppen verbunden.

Wer von der S-Bahn aus Bergedorf zur U-Bahn umsteigen will, muss rund 200 Meter laufen und zig Treppenstufen nehmen, weil die Rolltreppen entweder meist kaputt sind oder in die falsche Richtung laufen. Im Berufsverkehr in Vor-Corona-Zeiten schoben sich dort jeden Morgen und Nachmittag tausende Menschen dicht gedrängt durch die engen Verbindungsgänge von uns zu den S-Bahnsteigen. Bequemes Reisen sieht anders aus.

Doch es tut sich etwas: Seit 2015 laufen rund um die Bahnstation, die mitten in der Verzweigung der beiden S- und Fernbahnstrecken Richtung Hasselbrook und Bergedorf liegt, umfangreiche Brückenbauarbeiten. Und in den nächsten drei bis vier Jahren hat die Deutsche Bahn am Berliner Tor noch sehr viel vor: Eine letzte marode S-Bahn-Brücke wird durch einen Neubau ersetzt, das dunkle und vernachlässigte Bahnhofsgebäude wird abgerissen, Fernbahngleise werden neu verlegt und der Bahnsteig der Bergedorfer-S-Bahn wird modernisiert und endlich mit Aufzügen ausgestattet.

Zwei neue Regionalbahnsteige am Berliner Tor?

Und: Vielleicht werden an den beiden Fernbahnstrecken Richtung Berlin und Lübeck sogar ganz neue Bahnsteige gebaut, damit in Zukunft auch wieder Regionalzüge am Berliner Tor halten können.

Eine verwegene Idee aus dem Reich der Phantasie? Nein! Die Stadt Hamburg denkt gerade ernsthaft über diese Möglichkeit nach und hat schon erste Schritte eingeleitet.

Doch der Reihe nach. Vorher kommen auf HVV-Pendler in den nächsten Jahren nämlich noch einige Unannehmlichkeiten zu.

Auslöser ist eine alte Gleisbrücke der Bergedorfer S-Bahn, die am Berliner Tor die Fernbahnstrecke Richtung Lübeck überquert. Sie ist baufällig und muss ersetzt werden – bei laufendem S-Bahn-, Regionalbahn- und Fernbahnbetrieb. Eine Mammutaufgabe. Seit Monaten laufen bereits die Vorarbeiten. Um genug Platz für die Baumaschinen zu haben, wurde im Bereich der maroden Brücke unter anderem auch ein Gleis der zweigleisigen Bahnstrecke Richtung Lübeck abgebaut.

Seit Monaten fallen viele Züge auf der RB81 aus

Diese Maßnahme trifft HVV-Pendlerinnen und -Pendler derzeit besonders hart, denn aufgrund der eingleisigen Engstelle sind die regulären Fahrpläne auf dieser hochbelasteten Strecke nicht mehr zu halten. Schon seit Mitte Juni des vergangenen Jahres lässt die Deutsche Bahn deswegen sämtliche Verstärkerzüge auf der Linie RB81, die den Taktverkehr von und nach Bad Oldesloe normalerweise zu den Stoßzeiten verdichten, komplett ausfallen. „Das sind 50 Prozent der Züge zu diesen betreffenden Tageszeiten“, kritisiert der NAHVERKEHR HAMBURG-Leser Jens Ruge. Er ist einer der vielen betroffenen Pendler:innen auf dieser Strecke und ärgert sich vor allem über die – aus seiner Sicht – schlechte Informationspolitik der Deutschen Bahn. „Diese Einschränkungen wurden nicht im Vorfeld öffentlich kommuniziert – zumindest nicht in einer Form, die prinzipiell ÖPNV-Interessierte wie mich erreicht hätte“, schrieb der Berufspendler in einem offenen Beschwerdebrief an die Deutsche Bahn, den HVV und die Hamburger Verkehrsbehörde. Sein Vorwurf: „Die betreffenden Fahrplanänderungen werden – in „Salamitaktik“ – nur etwa monatsweise auf dem Bauportal der DB veröffentlicht, als ob es sich um kurzzeitige, temporäre oder kurzfristige Einschränkungen handeln würde.“ Neben einer offeneren und ehrlicheren Kundenkommunikation wünsche er sich gelegentlich „auch mal ein einfühlsames Wort an die betroffenen Fahrgäste“, die seit vielen Monaten unter der aktuellen Situation leiden, so Ruge gegenüber NAHVEREHR HAMBURG.

Das ist die alte S-Bahn-Brücke die bis Ende 2022 ersetzt werden soll. Im Hintergrund wurde im Juli 2020 bereits der Bauplatz zur Vormontage der neuen Brücke vorbereitet.
Das ist die alte S-Bahn-Brücke die bis Ende 2022 ersetzt werden soll. Im Hintergrund wurde im Juli 2020 bereits der Bauplatz zur Vormontage der neuen Brücke vorbereitet.
Gut zu erkennen: Die derzeit nur eingleisige Ferhnbahnstrecke nach Lübeck. Das zweite Gleis war im Juli vergangenen Jahres abgebaut und in eine temporäre Baustraße verwandelt. Ab Anfang Februar sollen hier wieder beide Gleise zur Verfügung stehen - allerdings erst einmal nur bis Anfang 2023.
Gut zu erkennen: Die derzeit nur eingleisige Ferhnbahnstrecke nach Lübeck. Das zweite Gleis war im Juli vergangenen Jahres abgebaut und in eine temporäre Baustraße verwandelt. Ab Anfang Februar sollen hier wieder beide Gleise zur Verfügung stehen – allerdings erst einmal nur bis Anfang 2023.

Ab Februar ist weitgehend Normalbetrieb geplant

Tatsächlich sind die derzeitigen Ausfälle auf der Strecke happig. Allein heute fallen laut Ersatzfahrplan 19 Züge von Hamburg Richtung Ahrensburg und Lübeck komplett aus (siehe hier) und werden teilweise durch Busse ersetzt, die für die Strecke aber 40 Minuten länger brauchen und teilweise bis zu 30 Minuten früher am Startbahnhof abfahren. Und die Züge, die noch fahren, starten teilweise eine Viertelstunde vor oder 30 Minuten nach der üblichen Zeit (siehe hier). Wer hier noch den Durchblick behalten will, braucht Durchhaltewillen – oder steigt entnervt aufs Auto um.

Immerhin: Ein Ende der massiven Fahrplaneinschränkungen auf der Bahnstrecke nach Lübeck ist in Sichtweite: Ab dem 7. Februar sollen der Betrieb wochentags tagsüber wieder normal laufen. Nur nachts und an einzelnen Wochenenden sind in den kommenden Monaten noch Ausfälle geplant.

Ab April heißt es: Treppensteigen

Dafür warten dann voraussichtlich ab April neue Unannehmlichkeiten am Berliner Tor. Betroffen sind dann alle S-Bahn-Fahrgäste, die von oder zu den Linien S21 und S2 kommen, bzw. wollen.

Im Mai will die Deutsche Bahn nämlich damit beginnen, das alte Bahnhofsgebäude der S-Bahn-Station an der Bürgerweide abzureißen. Das sei für den bevorstehenden Brückenneubau nötig, weil das Gebäude fest mit der alten Bahnbrücke verbunden sei, erklärte eine Bahn-Sprecherin auf NAHVERKEHR HAMBURG-Anfrage. Das Problem: Durch dieses Gebäude führt der einzige Zugang zum Bahnsteig der Linien S21 und S2 nach Bergedorf bzw. Richtung Elbgaustraße.

Das alte Bahnhofsgebäude am Berliner Tor soll voraussichtlich ab Mai abgerissen werden. Wie der Nachfolgebau aussehen wird, ist noch unklar.
Das alte Bahnhofsgebäude am Berliner Tor soll voraussichtlich ab Mai abgerissen werden. Wie der Nachfolgebau aussehen wird, ist noch unklar.

Damit dieser Bahnsteig erreichbar ist, hat die Bahn in den vergangenen Monaten ein riesiges Konstrukt aus provisorischen Fußgängerstegen und Treppenaufgängen um das alte Bahnhofsgebäude herumgebaut, das voraussichtlich im April in Betrieb gehen soll. Mehr als zwei Jahre lang – bis weit ins Jahr 2023 hinein – soll dieses Provisorium der einzige Zugang zur Bergedorfer S-Bahn und zum Busverkehr an der Bürgerweide sein.

Über diese provisorische Fußgängerbrücke müssen HVV-Fahrgäste in den nächsten drei Jahren marschieren, wenn sie vom Bus zur S-Bahn umsteigen wollen. Der Höhenunterschied ist gewaltig. Aufzüge gibt es nicht.
Über diese provisorische Fußgängerbrücke müssen HVV-Fahrgäste in den nächsten drei Jahren marschieren, wenn sie vom Bus zur S-Bahn umsteigen wollen. Der Höhenunterschied ist gewaltig. Aufzüge gibt es nicht.
Die Dimensionen der provisorischen Fußgängerstege am Berliner Tor wirken gewaltig.
Die Dimensionen der provisorischen Fußgängerstege am Berliner Tor wirken gewaltig.

HVV sieht keine Treppen-Probleme

Die Ausmaße dieser aus Holz zusammengezimmerten Anlage sind gewaltig – die Zahl der Treppenstufen auch. Wer hier umsteigen will, braucht eine sportliche Kondition. Die meisten Treppen werden die Menschen steigen müssen, die künftig am Berliner Tor vom Busverkehr zu den Linien S21 und S2 umsteigen wollen. Sie müssen von der Straßenebene aus zwei Ebenen nach oben laufen, um dort dann von oben auf den Bahnsteig der Bergedorfer S-Bahn zu gelangen. Aufzüge gibt es nicht. Man mag sich nicht vorstellen, wie beschwerlich dieser Weg für ältere Fahrgäste sein wird – doch der HVV sieht da keine Probleme. „Natürlich ist es nicht schön, dass vorübergehend zusätzliche Treppenstufen zu überwinden sein werden. Gleichwohl gibt und gab es auch aus unserer Sicht keine Alternative zum ‚Treppenturm‘“, erklärte HVV-Sprecher Rainer Vohl auf NAHVERKEHR HAMBURG-Nachfrage und wies darauf hin, dass auch der bisherige Zugang zum Bergedorfer S-Bahnsteig nicht barrierefrei sei.

Wer hier von Bus zu Bahn umsteigen will, sollte körperlich fit sein.
Wer hier von Bus zu Bahn umsteigen will, sollte körperlich fit sein.
Mindestens 60 Stufen müssen umsteigende HVV-Fahrgäste ab April steigen, wenn sie am Berliner Tor vom Bus zur S-Bahn umsteigen wollen.
Mindestens 60 Stufen müssen umsteigende HVV-Fahrgäste ab April steigen, wenn sie am Berliner Tor vom Bus zur S-Bahn umsteigen wollen.

Auch im Planfeststellungsverfahren für den Brückenneubau brachte der Verkehrsverbund keine Einwände gegen die vielen provisorischen Treppen vor (siehe hier). „Für Fahrgäste, die aufgrund dieser zusätzlichen Stufen einen Umstieg am Berliner Tor vermeiden möchten oder müssen, bietet die HVV-Fahrplanauskunft die Suchoption „Rollstuhl/Kinderwagen“, um eine alternative barrierefreie Fahrtmöglichkeit zu erhalten“, empfiehlt der HVV-Sprecher. Möglich wäre auch, nicht direkt am Berliner Tor auf andere Linien umzusteigen, sondern stattdessen einen kleinen Umweg bis zum Hauptbahnhof zu fahren und dort erst in anderen U- und S-Bahnlinien umzusteigen. So ein Umweg wäre laut HVV für die Mehrheit der Fahrgäste ohne Zusatzkosten möglich. So würden etwa Fahrkarten mit dem Gültigkeitsbereich „Hamburg AB „selbstverständlich alle Fahrbeziehungen in diesem Bereich“ abdecken, so Vohl. „Für den Fall, dass einzelne Fahrgäste dennoch in Zusammenhang mit den Bauarbeiten einen höheren Fahrpreis zahlen müssen, besteht grundsätzlich die Möglichkeit, sich die Differenz auf Antrag erstatten zu lassen (Kulanz)“, erklärte der HVV-Sprecher gegenüber NAHVERKEHR HAMBURG.

Brückenneubau dauert noch bis Ende 2022

Doch zurück zur S-Bahn-Brücke, die am Berliner Tor ersetzt werden soll: Voraussichtlich ab dem kommenden Mai soll die neue Brücke auf einem Bauplatz neben den Gleisen vormontiert werden, während die alte weiter in Betrieb ist. Die Bahn plant allein für diese Vormontage mehr als ein Jahr Zeit ein – ein für Laien üppiger Zeitraum, in dem laut Bahn aber tatsächlich „kontinuierlich“ an der neuen Brücke gearbeitet werden soll. Außerdem wird parallel zu diesen Arbeiten ein so genanntes Verschubgerüst gebaut, über das die neue Brücke dann später in ihre endgültige Lage verschoben werden soll. Dies wird laut Bahn vermutlich im zweiten Halbjahr 2022 passieren.

Für die Fahrgäste auf der Regionalbahnstrecke zwischen Hamburg und Lübeck bedeuten diese Arbeiten abermals Einschränkungen – in diesem und höchstwahrscheinlich auch im kommenden Jahr. „Zum Einbau der Stützen für das Verschubgerüst sind im November mehrere kurze, nächtliche Sperrungen der Strecke notwendig“, erklärte eine Bahn-Sprecherin auf Nachfrage. Sperrpausen, die länger als drei Tage andauern, soll es in diesem Jahr allerdings nicht mehr geben.“

Ab 2023 wieder eingleisiger Betrieb Richtung Lübeck

Und auch, wenn dann bis Ende kommenden Jahres die neue Brücke endlich eingebaut ist, sind die Bauarbeiten am Berliner Tor noch längst nicht beendet. Im Gegenteil: Direkt im Anschluss – wir sind inzwischen im Jahr 2023 – will die Deutsche Bahn die beiden Gleise der Lübecker Bahnstrecke am Berliner Tor neu verlegen, um den Abstand zwischen den Gleisen zu vergrößern. Damit passe man die Gleislage an das „aktuelle Regelwerk an“, erklärte die Bahn dazu auf Nachfrage. Allein für diese Bauarbeiten veranschlagt die DB ein weiteres volles Jahr, in dem wieder Fahrplaneinschränkungen geben wird. „Das Jahr 2023 wird im Wesentlich durch eine eingleisige Betriebsführung im Bereich Berliner Tor geprägt sein. Die konkreten Auswirkungen auf den Betrieb werden wir auch hier, wie gewohnt, über die üblichen Kanäle rechtzeitig kommunizieren“, heißt es dazu noch relativ unkonkret von der Bahn auf NAHVERKEHR HAMBURG-Nachfrage. Was das aller Voraussicht nach bedeutet, kennen regelmäßige Pendlerinnen und Pendler ja bereits aus den vergangenen Monaten: Ausfallende Verstärkerzüge im Berufsverkehr, Ersatzbusse, volle Bahnen.

Bergedorfer S-Bahnsteig wird wohl ab 2024 barrierefrei

Doch auch, wenn das überstanden ist, sind die Bauarbeiten am Berliner Tor noch nicht vorbei: Voraussichtlich ab Ende 2023 will die Deutsche Bahn dann endlich den lange vernachlässigten Bahnsteig Bergedorfer S-Bahn anpacken und barrierefrei ausbauen. So soll neben der heute schon existierenden Rolltreppe ein Aufzug eingebaut werden.

Auch das Bahnhofsgebäude an der Bürgerweide soll als „Verbindungshalle“ neu gebaut werden. Wann der Bau genau beginnen wird, ist noch unklar. Laut Bahn sind die Planungen noch nicht abgeschlossen. Daher seien Zeitangaben noch nicht möglich.

Stadt Hamburg lässt Regionalzughalt prüfen

Und sind dann endlich alle Bauarbeiten am Berliner Tor beendet? Vermutlich. Vielleicht aber auch nicht, denn die Stadt Hamburg hat seit Kurzem noch eine ganze neue Ausbau-Idee für den Verkehrsknoten: Sie überlegt derzeit ernsthaft, ob am Berliner Tor bald auch wieder Regionalzüge halten könnten. „Es gibt erste Überlegungen, an den Fernbahngleisen der Eisenbahnstrecken Hamburg – Lübeck beziehungsweise Berlin wieder Bahnsteige für den Eisenbahnregionalverkehr zu errichten“, heißt es in einer aktuellen Antwort des rot-grünen Senats auf Anfrage des SPD-Verkehrsexperten und Bürgerschaftsabgeordneten Ole Thoben Buschhüter. Demnach habe die Verkehrsbehörde die Deutsche Bahn bereits um eine Prüfung gebeten, die derzeit noch andauere. Der Senat hebt hervor, dass der Bahnhof gute Umsteigemöglichkeiten zum U- und S-Bahnnetz sowie zu zahlreichen Buslinien biete. „Ein Regionalbahnhalt würde daher für eine große Zahl von Fahrgästen den Umstieg im Hauptbahnhof entbehrlich machen und damit erhebliche Fahrzeitverkürzungen erreichen.“

Seltene Aufnahme von den ehemaligen Fernbahnsteigen am Berliner  Tor im Jahr 1957. In der Mitte sind die Reste eines ehemaligen Überholgleises zu sehen, Die Bahnsteige wurden mit dem Bau der City-S-Bahn in den 1970er Jahren abgerissen.
Slg VVM Seltene Aufnahme von den ehemaligen Fernbahnsteigen an der Bahnstrecke Richtung Lübeck am Berliner Tor im Jahr 1957. In der Mitte sind die Reste eines ehemaligen Überholgleises zu sehen, Die Bahnsteige wurden mit dem Bau der City-S-Bahn in den 1970er Jahren abgerissen.

Berliner Tor könnte Hauptbahnhof entlasten

Diese Idee stößt bei Buschhüter auf große Zustimmung: „Regionalbahnhalte am Bahnhof Berliner Tor könnten den Hauptbahnhof entlasten“, meinte der Verkehrspolitiker gegenüber NAHVERKEHR HAMBURG. „Viele Fahrgäste könnten bereits hier auf die U- und S-Bahn- und zahlreiche Buslinien umsteigen. Oder sie sparen sich den Umstieg am Hauptbahnhof, weil der Bahnhof Berliner Tor ihr eigentliches Ziel ist. Denn rund um den Bahnhof gibt es viele Arbeitsstätten und Bildungseinrichtungen, die auch von vielen Pendlerinnen und Pendlern angefahren werden.“

Der SPD-Politiker kann sich sogar vorstellen, dass der Bahnhof am Berliner Tor in Zukunft zu so etwas wie einem „Hamburger Ostkreuz“ werden könnte. Dafür erwarte er dann aber auch von der Deutschen Bahn eine entsprechende architektonische Qualität, die sowohl dem „aufstrebenden Stadtraum als auch dem Eisenbahnknoten“ gerecht werde.

1968 gab es täglich noch zwei Züge aus Richtung Bergedorf, die morgens im Berufsverkehr am Berliner Tor hielten.
Slg VVM 1968 gab es täglich noch zwei Züge aus Richtung Bergedorf, die morgens im Berufsverkehr am Berliner Tor hielten.

1958 hielten am Berliner Tor noch Regionalzüge

Sollte es tatsächlich dazu kommen, dass irgendwann einmal wieder Regionalzüge am Berliner Tor halten, würde sich damit ein Kreis schließen, denn so etwas gab es dort schon einmal. Allerdings ist dies schon viele Jahrzehnte her. Bis zum Herbst 1943 hielt noch ein Großteil der Vorortzüge nach Ahrensburg und Bargeheide am Berliner Tor, wie Rainer Dodt vom Hamburger „Verein Verkehrsamateure und Museumsbahn e. V.“ (VVM) anhand alter Fahrpläne für NAHVERKEHR HAMBURG rekonstruierte. Dazu gab es neben den heutigen Bahnsteigen der S-Bahnlinie S1 zwei gesonderte Fernbahnsteige und ein zusätzliches Überholgleis an der Lübecker Strecke, wie ein altes und seltenes Foto aus dem Jahr 1957 belegt.

An der Berliner Bahnstrecke, an der es ebenfalls einen eigenen Bahnsteig gab, hielten noch bis Ende der 1960er Jahre Nahverkehrszüge von und nach Bergedorf.

Blick vom alten Fernbahnsteig an der Berliner Bahn auf den Bergedorfer S-Bahnsteig am Berliner Tor im Jahr 1970.
Hans-Jürgen Kämpf Blick vom alten Fernbahnsteig an der Berliner Bahn auf den Bergedorfer S-Bahnsteig am Berliner Tor im Jahr 1970.
Blick vom alten Fernbahnsteig der Berliner Bahn am Berliner Tor auf einen S-Bahnzug der Baureihe 470 aus Bergedorf kommend im Jahr 1970.
Hans-Jürgen Kämpf Blick vom alten Fernbahnsteig der Berliner Bahn am Berliner Tor auf einen S-Bahnzug der Baureihe 470 aus Bergedorf kommend im Jahr 1970.

Während die alten Fernbahnsteige an der Lübecker Strecke beim Bau der City S-Bahn in den 1970er Jahren restlos verschwanden, sind vom Fernbahnsteig an der Berliner Strecke noch immer Fragmente zu sehen.

Sollte sich die Deutsche Bahn dazu entschließen, diese ehemaligen Bahnsteige tatsächlich wieder aufzubauen, droht am Berliner Tor also die nächste Großbaustelle.

Es wird nicht langweilig, an diesem Verkehrsknoten.

Ein äußerst seltener Anblick: Im Jahr 1981 gab es auf der Bergedorfer S-Bahn einen kurzzeitigen Ersatzverkehr mit Dieselzügen. Der Bahnfotograf Hans-Jürgen Kämpf fing dieses Motiv damals am Berliner Tor ein.
Hans-Jürgen Kämpf Ein äußerst seltener Anblick: Im Jahr 1981 gab es auf der Bergedorfer S-Bahn einen kurzzeitigen Ersatzverkehr mit Dieselzügen. Der Bahnfotograf Hans-Jürgen Kämpf fing dieses Motiv damals am Berliner Tor ein.

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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8 Antworten auf „Halten am Berliner Tor bald wieder Regionalzüge?“

Ich rede es sinnig finden, nicht nur Regionalligisten dort halten zu lassen, sondern auch ICEs und ICs.- Immerhin sind hier auch diverse Hotels ansässig, zudem wäre der Anschluss zum Flughafen mit der S1 auch hier gegeben, was noch zusätzlich Zeit spart….

Berliner Tor(oben) als Regionalbahnhalt wäre interessant für die zukünftig durchgehenden Züge aus Geesthacht (wie bis 1953); oder auch als Wendebahnhof.

Eine interessante Idee zur Entlastung des Hamburger Hauptbahnhofs oder als Ersatzhalt bei Sperrungen.
Das durch diese beengte Baustellen Situation immer die Strecke nach Rahlstedt/Ahrensburg/Bad Oldesloe in Mitleidenschaft gezogen wird ist nicht schön aber Leider wohl unumgänglich. Aber man ist als Nutzer der RB81 ja schon abgehärtet.
Interessant ist die SEV Situation; die Busse fahren jeden Wochentag leer vom Hauptbahnhof nach Ahrensburg und zurück. Wenn es hochkommt sitzt vielleicht ein Fahrgast drin und das bin ich der sich mit den Busfahren unterhält. Freue mich immer mit dem Amerikanischen Schulbus zu fahren.

Vielen Dank an das NahverkehrHamburg-Team für diesen interessanten Beitrag und auch für die Veröffentlichung von Auszügen aus meinem Offenen Brief!
Irgendwie habe ich mich mit der Situation abgefunden, die ja erst einmal ab nächster Woche überstanden ist. (Geheimtipp: SEV genutzt, auch wenn ich etwas mehr Zeit einplanen musste.) Wenn in den nächsten Jahren – neben dem S4-Bau – auch eine gute Station Berliner Tor entsteht, umso besser! Finde ich im Effekt für den ÖPNV als Gesamtheit auch zuträglicher, als die andere angedachte Variante „Nahverkehrshalt in Hasselbrook“. Ein Regionalbahnhof bringt zwar einen etwas längeren Weg zum Flughafen, dafür können fast alle Schnellbahnlinien direkt oder fast direkt (U1 Lübecker Straße) erreicht werden, ohne dass man zum überlasteten Hbf gezwungen wird. Nur für S3/S31 ließe sich das nicht vermeiden.
Das wäre endlich mal ein erster Schritt zur Abkehr von der Fokussierung auf den Hbf.
Hoffen wir, und hoffentlich sorgt die Stadt dafür, dass es dann auch ein verkehrlich optimales und baulich attraktives Ostkreuz wird und kein „Rostkreuz“ bleibt.

Der Ansatz des Regionalbahnhaltes ist mehr als begrüßungswert! Es wäre zu schön, wenn die Umsteigebeziehungen zwischen U-, S- und Fernbahn auf einer einheitlichen Ebene mit einem großzügigen Tunnelbauwerk barrierefrei ermöglicht würden.
@ Michael Jung
Na klar. Die Deutsche Bahn steht sich häufig selbst im Weg. Allerdings kann ich Ihrer Kritik grundsätzlich nicht folgen. Was ist denn nach Ihrer Expertise der bessere Weg? Alle Maßnahmen gleichzeitig und Berliner Tor für 2 Jahre schließen?

Gute Beschreibung des typischen DB-Baustellen-Chaos! Erst wird viel zu lange geplant, dann wird langsam und übermäßig aufwendig gebaut. Die Interessen der Fahrgäste spielen dabei keine Rolle, die scheinen die DB sowieso nicht zu interessieren. Ein Ausbau der Haltestelle Berliner Tor zu einem Ostkreuz – das Pendant dazu wäre Diebsteich als S- und Regionalbahnkontoen im Hamburger Westen ist sinnvoll, war aber nie Ggenstand der DB-Planungen, die die Stadt leider erst jetzt anfängt zu hinterfragen, wo es schon zu spät ist. Wann endlich schaut die Stadt der DB einmal richtig auf die Finger?
Das Chaos für die Nutzer der RB 81 Linie wird sich in den kommenden Jahren noch potenzieren, wenn erst die Bauarbeiten für die S4 Ost voll im Gange sind. Man sollte angesichts der üblichen Bauverzögerungen bei Projekten der DB davon ausgehen, dass bis Ende der 20er Jahre es keinen regulären Betrieb ohne massive Zugausfälle, Verspätungen und Unangenehmlichkeiten für die Fahrgäste an den Stationen auf der Bahnstrecke von Hamburg über Rahlstedt, Bargteheide nach Bad Oldesloe geben wird.
Ein ähnliches jahreslanges Chaos dürfen die Fahrgäste ab Mite 2021 auf der Strecke Richtung Elbgaustraße und Pinneberg/Elmshorm/Itzehoe erwarten, wenn erst einmal die Bauarbeiten am Diebsteich begonnen haben, sofern diese nicht noch vorher gestoppt werden.

Die Überlegungen wieder REs/RBs halten zu lassen finde ich interessant. Das wäre ja mal eine Entwicklung gegen den Trend „Alles zum Hbf“. Wenn es von den Streckenkapazitäten her passt, wäre der Halt sicher eine gewisse Entlastung für den Hbf.
Bleibt nur zu hoffen, dass die Bahn beim Neubau des Empfangsgebäudes so etwas mit einplant; zusätzliche Fahrgastströme, Treppen, Fahrstühle etc. Aber ob man so weitsichtig plant…?

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