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Hauptbahnhof-Ausbau: „Wir brauchen einen schlankeren Planungsansatz“

Der Pariser Architekt Hans-Michael Földeak im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview darüber, dass der geplante Ausbau des überlasteten Hauptbahnhofs den Reisenden wohl erst in den 2040er Jahren Vorteile bringen wird und mit welchem Gegenentwurf sich die Probleme aus seiner Sicht deutlich schneller und günstiger lösen ließen.
Christian Hinkelmann
Die historische Halle des überfüllten Hamburger Hauptbahnhofs soll in den nächsten Jahren durch einen Anbau bis über die Steintorbrücke verlängert werden. Der Pariser Architekt Hans-Michael Földeak sieht darin wenig Nutzen für die Fahrgäste und zeigt im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview Grafiken eines Alternativ-Entwurfs, der schneller und günstiger mehr Kapazitäten schaffen soll.
Die historische Halle des überfüllten Hamburger Hauptbahnhofs soll in den nächsten Jahren durch einen Anbau bis über die Steintorbrücke verlängert werden. Der Pariser Architekt Hans-Michael Földeak sieht darin wenig Nutzen für die Fahrgäste und zeigt im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview Grafiken eines Alternativ-Entwurfs, der schneller und günstiger mehr Kapazitäten schaffen soll.
Foto: Christian Hinkelmann

Dass der Hamburger Hauptbahnhof völlig überlastet ist und dringend erweitert werden muss, ist seit mehr als zehn Jahre klar. Mit täglich rund 550.000 Fahrgästen ist er der meistgenutzte Bahnhof Deutschlands. Nur der Gare du Nord in Paris hat europaweit noch höhere Passagierzahlen.

Und wie der ausgebaute Hauptbahnhof in Zukunft aussehen soll, steht auch bereits fest: Die historische Halle mit ihrer Spannweite von mehr als 70 Metern soll im Süden durch einen quer zu den Gleisen stehenden Anbau erweitert werden – mit einer riesigen Glas-Stahl-Konstruktion, die die gesamte Steintorbrücke überspannen wird. Die Straße soll in Zukunft zu einer Kommunaltrasse werden, auf der nur noch Busse und Taxis fahren dürfen.

Auf der Ostseite soll ein Teil des Hachmannplatzes mit einer neuen „Markthalle“ überbaut werden, die die Eingänge zu Wandelhalle und Südsteg miteinander verbindet. So sehen es die Entwürfe des Büros bof Architekten aus Hamburg und des Berliner Landschaftsarchitekten hutterreimann vor, die Ende 2021 aus 30 eingereichten Ideen zum Sieger eines städtebaulichen Wettbewerbs zur Erweiterung des Hamburger Hauptbahnhofs ernannt wurden.

Der Siegerentwurf für den geplanten Ausbau des Hamburger Hauptbahnhofs sieht einen großen gläsernen Anbau auf der Steintorbrücke vor. Der Pariser Architekt Hans-Michael Földeak hält diese Halle für nicht notwendig und zeigt im Interview Pläne für eine günstigere Alternative.
Der Siegerentwurf für den geplanten Ausbau des Hamburger Hauptbahnhofs sieht einen großen gläsernen Anbau auf der Steintorbrücke vor.
Lageplan: So soll der ausgebaute Hamburger Hauptbahnhof laut Siegerentwurf aussehen (zum Vergrößern bitte hier klicken).
Lageplan: So soll der ausgebaute Hamburger Hauptbahnhof laut Siegerentwurf aussehen (zum Vergrößern bitte hier klicken).

Die Jury war prominent besetzt mit Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks, Stadtentwicklungssenatorin Dorothee Stapelfeldt, Oberbaudirektor Franz-Josef Höing und leitenden Vertreterinnen und Vertretern der Deutschen Bahn.

Auch das Pariser Büro fbcc unter der Leitung von Hans-Michael Földeak zusammen mit ihren Partnern SSF und AREP hatte sich an dem Wettbewerb beteiligt. Der Entwurf war allerdings schon in der ersten Runde vom Preisgericht aussortiert worden; das Büro hatte bewusst zentrale Anforderungen der Ausschreibung nicht eingehalten.

So sehen die Entwürfe des Pariser Architekturbüros aus

Im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview spricht der Architekt über die Gründe, über die Anforderungen an Bahnhöfe der Zukunft, über Nutzerzentrierung und Agilität bei der Verkehrsplanung, wieso der Ausbau des Hauptbahnhofs in seinen Augen nicht ganzheitlich genug geplant ist und warum es sich lohnt, seine Alternative zum Siegerentwurf doch noch einmal genauer anzuschauen.

NAHVERKEHR HAMBURG: Wieso haben Sie die Kriterien des Wettbewerbs bei Ihrer Einreichung ignoriert?

Hans-Michael Földeak: Weil sie im Widerspruch standen zu den funktionalen und städtebaulichen Kriterien, die wir in unserer Analyse erarbeitet haben.

NAHVERKEHR HAMBURG: Können Sie das näher beschreiben?

Földeak: Vor allem der südliche Anbau über den Gleisen trägt nichts bei zur Verbesserung der Fahrgastströme. Er beinhaltet hauptsächlich Büro-, Gastro- und Einzelhandelsflächen, sowie ein Hotel. Davon haben die Menschen, die dort ein-, aus- oder umsteigen, wenig Vorteile. Ich bin der Meinung, dass es rund um den Hauptbahnhof schon genug leerstehende Flächen gibt, die man statt der Neubauten für Büros und Gewerbe nutzen könnte. Eine Optimierung der bestehenden Halle und ihrer Anschlüsse waren dagegen in der Ausschreibung kein Thema. Damit war es nicht möglich, den Hauptbahnhof als Gesamtgebilde zu …

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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9 Antworten auf „Hauptbahnhof-Ausbau: „Wir brauchen einen schlankeren Planungsansatz““

An das fast grenzenlose Wachstum von Mobilität mag ich nicht glauben. Ganz im Gegenteil. Es dürfte sich in der Zukunft zunehmend viel mehr innerhalb der eigenen vier Wände abspielen. Homeoffice wo immer es geht wird ein ganz entscheidender Faktor sein. Aber auch die Freizeitgestaltung – sei es Entertainment oder Shopping – erfolgt zunehmend übers Internet. Der Trend ist ja schon seit vielen Jahren sehr deutlich.

Die „Klimawende“ schaffen wir nicht durch die Verlagerung von Mobilität auf vermeintlich klimafreundlichere Verkehrsmittel, sondern nur durch Vermeidung von Mobilität. Das heißt natürlich nicht, dass man sich nicht mehr aus seinen eigenen vier Wänden begeben sollte, aber eben mehr in Fuß- und Radreichweite.

Der Nebeneffekt ist, dass die Innenstädte zunehmend veröden werden. Auch kein neuer Trend. Es sei denn, man baut dort Wohnungen, aber bitte keine neuen Shopping-Center, Hotels, Bürogebäude oder Bahntunnel, die bald niemand mehr braucht!

Naja, ich würde schon sagen Vermeidung UND Verlagerung. Und das Home-Shopping ist ja auch nur vermeintlich klimafreundlich. Irgendwie muss der Fahrer zum Lieferwagen um dann die bestellten Pakete auszuliefern. (Irgendwo muss übrigens auch der Strom herkommen für Computer und Internet.) Also bitte auch Verlagerung der Verkehre auf den Umweltverbund.

Also ich finde die Pläne mit der inneren Querbrücke und den Seitenlängsstegen sehr gut. Ideal wäre auch ein Durchbruch der neuen Querbrücke zum Glockengießerwall und Hachmannplatz.

Auch beinhaltet der Vorschlag, wenn ich das richtig sehe, einen neuen Durchgang von der Mitte der Wandelhalle zur parallel außen nördlich laufenden Brücke. Ich denke sowas, sowie auch ein Durchgang von der Mitte des Südsteges zur Steintordammbrücke, würde auch einiges zur Entzerrung bzw. Kapazitätssteigerung des Fußgängerverkehrs führen.

Ich halte weniger von der Idee von den extra Treppen auf die Bahnsteige vom (dann überdachten) Fußweg der Nordseite der Steintordammbrücke – denn man hat ja nun gerade extra Treppen auf die Bahnsteige vom Fußweg der Südseite der Steintordammbrücke gebaut. und der Südsteg hat schon Treppen auf der Südseite.

Auch auf der Ostseite finde ich die ‚Markhallen‘ besser als was ich hier sehe. (Ein Glasdach? Flachdachpavilion?) Wobei ich mir natürlich wünsche dass das dann nicht einfach eine Verkaufsfläche wird sondern in diesen Seitenschiffen z.T. die Decke der darunter liegende Bahnsteige geöffnet wird so dass die S-Bahnsteige (der jetzige stadteinwärts und der neue für den Verbindungsbahnentlastungstunnel) dann Tageslich bekommen.

Wo von ich aber am wenigesten halte ist das gequatsche über agile Verkehrsplanung oder “vermeiden – reduzieren – kompensieren”. Der Vorteil des Vorschlags ist doch dass es den Fahrgästen mehr hilft, nur darum geht es. Da dem so ist verstehe ich nicht warum man noch über Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit schönreden muss. Die Wettbewerbsausrichter zu belehren hilft selten – und ist in diesem Fall auch total unnötig.

Und was die 20.000 m² Bruttogeschossfläche angeht, ich denke schlauer wäre gewesen irgendwo in der Umgebung (Parkplatz Ernst-Merk-Straße? Über die Altmannbrücke?) ein Hochhaus zu setzten um formal die Kriterien zu erfüllen aber gleichzeitig zu zeigen dass das mit dem Bahnhof wenig zu tun hat…

Der Wettbewerb ließ wohl alle, die sich mit öffentlichem Verkehr beschäftigen irritiert zurück. Allgemein wird etwa von einer Verdoppelung des Schienenverkehrs ausgegangen, damit trotz Mobilität die Klimaziele erreicht werden können. Das kann der Hauptbahnhof derzeit so gar nicht abbilden und die Vorgaben und damit die Ergebnisse des Wettbewerbs zielten so gar nicht auf diese Steigerung insbesondere bei den Umsteigenden ab. Eingänge für die U-Bahn und die S-Bahn – hier kommt ja noch der Verbindungsbahnentlastungstunnel – waren in den Zeichnungen und Visualisierungen nicht oder schwer zu finden. Bushaltestellen waren nur für die Stadtrundfahrt vorgesehen.
Sinn und Zweck der Veranstaltung konnte nur gewesen sein, allen zu dokumentieren, dass es so nicht geht!
Der Dank geht an Herrn Földeak insbesondere dafür aufzuzeigen, dass dies nicht am Gegensatz von Verkehrsingenieuren und Architekten liegt, sondern an falschen Planungsvorgaben. Es wäre schön, die Stadt würde sich zu diesem Punkt erklären. Dass DB Station und Service kein Interesse am Bahnbetrieb selbst hat, ist hingegen nichts neues und wird am Hauptbahnhof täglich eindrucksvoll demonstriert.

Der „Fehler“ von Herrn Földaek war, dass er sich nicht auf die Vorgabe der Ausschreibung, Schaffung von 20.000 m² Bruttogeschossfläche, eingelassen hat, sondern wirklich vom Hauptbahnhof, vom Verkehr und den Fahrgästen her gedacht hat. Herr Földaek hat sich übrigens bei Prellbock zuerst, d.h. schon im Herbst 2022 über seine sachlich nicht gerechtfertigte Abstrafung bei der Auswertung der Entwürfe beschwert. Sein Entwurf hätte zudem den Vorteil, dass, sollte doch die U5 und der VET gebaut werden, seine Etwürfe schon umsetzbar sind, die der Gewinnerbüros aber erst nachdem die Baugruben für VET und U5 geschlossen sind, das dürfte 2040++ sein, in Angriff genommen werden können!

„Eine der wichtigsten Funktion am Hauptbahnhof ist der Umstieg vom Zug auf andere Verkehrsmittel. Solche Umstiege müssen schnell und effizient möglich sein. Intermodalität ist das Stichwort […]“ Ja, so sieht es aus! Leider versteht das weder die Bahn noch die Stadt. Der Bahnhof platz aus allen Nähten und das einzige was denen einfällt ist eine zweite Wandelhalle und mehr Fressbuden. Ich hätte lieber mehr Fokus auf Verkehrsfragen und schnellere pragmatische Lösungen. Ich will nicht sagen, dass der oben vorgestellte Entwurf nur gut ist und der Wettbewerbssieger nur schlecht…aber irgendwas scheint bei dem offiziellen Entwurf auf der Strecke zu bleiben.

Toller Beitrag, der hoffentlich vielen die Augen öffnet, was unter dem Deckmantel des Klimaschutzes in Hamburgv erbaut wird! 20 Jahre lang wird es in Hamburg unattraktiv bleiben, die Bahn zu benutzen. Die Zukunft wird mit Monsterprojekten (Hbf, U5, VET) verbaut, die bei ihrer Fertigstellung 2040 und später so „modern“ sein werden, wie heute die Postkutsche. Die Planer klammern sich an schwerfälligste und teuerste Konzepte aus den 1980er Jahren und haben nicht begriffen, dass wir in der größten Umbruchphase seit Erfindung der Eisenbahn sind und ständiger Wandel die neue Konstante wird.

Agiles Planen, schnellste Umsetzbarkeit werden überlebenswichtig. Lösungen für 2023 und 2024, aber nicht Denkmäler, die kommende Generationen sowieso nicht mehr sehen werden, weil sie die Welt mit Augmented Reality betrachten werden.

Der gemachte Vorschlag ist sicher besser als das architektonische Monster, das im Moment in der Planung ist und verkehrlich praktisch nichts bringt. Aber eigentlich braucht es viel mehr:
Vorweg: Es wohl das am weitesten verbreitete Missverständnis, zu meinen, daß die Bahn AG ein Verkehrsunternehmen sei. Tatsächlich versucht dieses Unternehmen auf jede erdenkliche Weise Geld zu verdienen, egal ob es dabei hilft, Menschen in Deutschland effizient und umweltfreundlich von A nach B zu befördern.
Die bisher angedachten Planungen sind vor allem für die Bauindustrie interessant. Einen wirklichen Sinn ergeben sie für die Kapazitätsprobleme am Hauptbahnhof nicht.
Warum nicht einfach mal wirklich neu denken und:
– Den Deichtortunnel zum Eisenbahntunnel mit 4 Gleisen und zwei Bahnsteigen umbauen und den Straßenverkehr aus dem Bereich entfernen. (Eine Rampe von Westen sollte ohne weiteres möglich sein. Soweit man das optisch einschätzen kann, bräuchten wohl weder die Deichtorhallen noch die Markthalle abgerissen werden. Schwieriger wäre sicherlich die Westseite im Hinblick auf die Kunsthalle aber mit etwas guten Willen könnte man auch da was machen. (Auch in Stuttgart wurde für 21 zeitweise ein Gebäude angehoben).
Dann könnte man die bestehenden leerstehenden Kaufhäuser zu Büro- und Einkaufsgebäuden umbauen. Und last but not least könnte man zwischen Hühnerposten und jetzigen Hauptgebäude einen Deckel bauen und darauf einen Park: Dann haben die Junkies mehr Platz und und alle sind glücklich und zufrieden (ok kleiner Scherz).
Insgesamt wäre dies alles relativ einfach umzusetzen, wenn man denn wollte und wenn die Bahn AG wie oben erwähnt, ein Verkehrsunternehmen wäre.

Man sagt heute zwar zur Bahn, sie müsse die Menschen m i t denken, aber dann bleibt zu 90 Prozent immer noch reines Ingenieur- und Wirtschaftsdenken. Anstatt von Gleisen und Gewinnvorgaben auszugehen, müssten Bahn und HVV zuerst vom Menschen denken. So werden wir nochmal 100 Milliarden in die Bahn pumpen und es wird sich nichts ändern, weil am Bedarf der Menschen vorbeigeplant und vorbeigebaut wird.

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