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Homeoffice: HVV denkt über flexiblere Abo-Modelle nach

Knapp 40 Prozent der Berufstätigen arbeiten mittlerweile im Homeoffice – zumindest teilweise. Für sie lohnen sich bisherige Abo-Karten im ÖPNV nicht mehr. Der HVV sucht jetzt intensiv nach neuen Lösungen.
Christian Hinkelmann
Zwei U-Bahnzüge vom Typ DT5 spiegeln sich in einem Bürogebäude in Hamburg
Zwei U-Bahnzüge vom Typ DT5 spiegeln sich in einem Bürogebäude in Hamburg

Auch, wenn es ihn ein wenig schmerzte: Am Samstag, den 29. August rang sich der Hamburger Journalist Oliver Wunder dann doch zur endgültigen Trennung durch – und kündigte sein langjähriges HVV-Abo.

Die Mobilitätskarte war für ihn mit Ausbruch der Corona-Krise quasi über Nacht sinnlos geworden: Seit Mitte März sitzt er im Homeoffice, sein Redaktionsbüro am Baumwall steuert seitdem kaum noch an. „Ich war plötzlich nur noch sehr selten unterwegs und für die übriggebliebenen zwei bis drei HVV-Fahrten im Monat hätten mir Einzeltickets vollkommen gereicht“, erzählt der 38-jährige.

Anfang April schickte er seine Abo-Karte erst einmal vorübergehend in eine kostenlose Pause – ein Kulanz-Angebot, das der Verkehrsverbund kurz nach Ausbruch der Corona-Krise seiner Stammkundschaft gemacht hatte, um sie nicht ganz zu verlieren. Doch die Pause währte nur bis maximal Ende August. Danach wollte der HVV wieder regulär kassieren – in Oliver Wunders Fall rund 90 Euro im Monat. „Ich hätte mir gewünscht, dass eine längere Pause möglich gewesen wäre, denn eigentlich fahre ich sehr gern mit dem HVV“, so der Journalist.

Doch so sah er sich gezwungen, zwei Tage vor Ablauf der Pause endgültig den Stecker zu ziehen. Kurz zuvor hatte Oliver von seinem Arbeitgeber erfahren, dass er und seine KollegInnen noch bis mindestens Jahresende weiter von zu Hause aus arbeiten werden.

So oder ähnlich ging es rund weiteren 150.000 HVV-Stammkundinnen und -Kunden, die ihre Abonnements in den vergangenen Monaten vorübergehend in den Pausenmodus versetzt hatten (siehe hier) – immerhin knapp 20 Prozent der gesamten Abo-Kundschaft im HVV.

Darüber hinaus gingen zwischen März und August knapp 77.000 Abo-Kündigungen ein – fast 40 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Allein 21.300 Kundinnen und Kunden rangen sich ­– ­wie Oliver Wunder – zum Ende der HVV-Pause im August zur Kündigung durch.

Homeoffice nimmt nach Corona-Lockdown zu

Der Grund dafür dürfte bei vielen Betroffenen der längerfristige (Teil-)Umzug ins Homeoffice sein. Für sie lohnen sich die klassischen Vollzeit-Abokarten und Jobtickets oft nicht mehr, deren Preiskalkulationen meist auf tägliche Pendelfahrten abgestimmt sind. Einzelfahrten sind für zwei bis drei Bürotage pro Woche wiederum oft zu teuer.

Und diese Homeoffice-Kundengruppe, die aus dem bisherigen Abo-Raster im Hamburger Verkehrsverbund herausfällt, wächst offenbar, wie inzwischen mehrere Studien zeigen.

Das ist ein Problem, denn es besteht die Gefahr, dass diese Menschen künftig aufs Auto umsteigen könnten und der HVV dauerhaft wichtige Stammkunden und damit Einnahmen verliert.

Eine der größten repräsentativen Untersuchungen zu diesem Thema wurde vor wenigen Wochen vom Deutschen Institut für Luft- und Raumfahrt (DLR) veröffentlicht. Dabei wurden zwischen Ende Juni und Anfang Juli – also nach den meisten Corona-Lockerungen im öffentlichen Leben – zehn Tage lang insgesamt 1.000 Menschen im Alter von 18 bis 82 Jahren unter anderem dazu befragt, ob sie derzeit ganz oder zumindest teilweise von zu Hause aus arbeiten würden. 38 Prozent beantworteten diese Frage mit „Ja“. In den Stadtregionen war dieser Wert mit 39 Prozent sogar noch etwas höher, in ländlichen Regionen lag er mit 34 Prozent ein bisschen tiefer.

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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5 Antworten auf „Homeoffice: HVV denkt über flexiblere Abo-Modelle nach“

Ich bin für die wenigen Bürotage (99% der Arbeitstage bin ich seit März im Home Office) aufs E-Bike umgestiegen, das dank Jobrad-Leasing auch deutlich günstiger als das HVV-Profiticket ist. Und kein Gequetsche mehr in der belebtesten Buslinie Europas, dazu auch noch Frischluft da man ja auf dem Fahrrad keine Maske tragen muss (kommt aber bestimmt noch bei der aktuellen Panikmache).

Ja, das System in London ist da schon recht ausgeklügelt und benutzerfreundlich. Dort kann deutlich unkomplizierter auch spontan gefahren werden, ohne sich Gedanken über den günstigsten Tarif machen zu müssen, da ja auch die eigene Kreditkarte als eine Art OysterCard genutzt werden kann. Diese braucht dort auch einfach nur an CheckIn- und CheckOut-Punkte gehalten werden und das Ticket wird immer automatisch in das günstigst mögliche gewandelt.

So ein System wäre für Hamburg natürlich super. Es braucht dafür ja auch nicht unbedingt Drehkreuze, sondern es reichen ja schon diese CheckIn- und CheckOut-Punkte. Ob man eingecheckt ist, müssten Kontrolleure dann ja auch anhand der Kreditkarte auslesen können. Drehkreuze könnten dann, wenn erforderlich, ein zweiter Schritt sein.

Solche flexiblen Abos wären wirklich wünschenswert.
Mein Profi Ticket AB kostet 82,80€ monatlich – das heißt, ich muss 27 Fahrten monatlich machen, damit es sich im Vergleich zu online gekauften Einzeltickets (z.Zt. 3,16€) lohnt.

So viele Fahrten schaffte ich zumindest im Sommer auf keinen Fall – ich habe mein Profi Ticket im Moment nur noch aus Bequemlichkeit – nach 35 Jahren Abo-Besitz von der Schüler-Jahreskarte bis zum Profi-Ticket hat man sich eben dran gewöhnt, im Hamburger Zentrum „einfach so“ einzusteigen.
Am besten wäre eine elektronische Lösung, bei der man sich z.B. bei jeder Fahrt zu Beginn einloggt und zum Ende der Fahrt wieder anmeldet, und am Ende des Monats berechnet der HVV automatisch das günstigste Angebot: in Monaten mit wenig Fahrten ist das vielleicht für jede Fahrt eine Einzelkarte, in Monaten mit vielen Fahrten wäre das der Preis für ein flexibel gestaltetes Abo-Modell.
Aber da ja selbst das Profi-Ticket noch nicht auf die elektronische Karte umgestellt wurde (warum eigentlich nicht?), sondern immer noch ein Plastikkärtchen ist, ist das wohl Zukunftsmusik.

Ich würde eine Lösung wie in London mit der Oystercard gut finden. Da checkt man auch an jeder Station ein und aus und am Ende wird der günstigste Tarif berechnet.
Dafür bräuchte man natürlich die Ticketbarrieren, was teuer ist und lange dauert. Für Abonnenten müsste da erstmal kurzfristig eine Lösung her.

Solche Check-In/Check-Out-Automaten gibt’s in den Niederlanden flächendeckend für den Regionalverkehr, dort gibt es auch nur an wenigen Stationen Barrieren, an vielen anderen kommt man so auf den Bahnsteig. Das könnte so also auch im HVV funktionieren…

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