Wer mit dem HVV fahren will, hat rund 130 verschiedene Fahrkarten und Tarife zur Auswahl. Allein bei den Abo-Karten gibt es knapp 100 Varianten – von der Vollzeitkarte bis zum Profi-Ticket und vom Senioren-Abo bis zur Schüler-Nebenkarte.
Doch damit könnte schon bald Schluss sein, denn wenn im Januar das 49-Euro-Ticket kommt, würden 75 Prozent aller Abo Tarife im HVV überflüssig werden, weil das neue Deutschland-Ticket dann günstiger wäre.
Anna-Theresa Korbutt, HVV-Geschäftsführerin, eigentlich könnten sie dann doch fast alle Abo-Tarife einstampfen, oder?
Korbutt: Das werden wir auch genauso tun. Das 49-Euro-Ticket ist eine ganz große Revolution im öffentlichen Nahverkehr und für uns eine riesige Chance, dass wir unser Tarifsystem und unsere Ticketpalette in einem Tempo bereinigen können, wie es sonst nie möglich gewesen wäre.
Wir planen mit einem Zwei-Stufen-Modell. Im ersten Schritt werden wir zur Einführung des 49-Euro-Tickets alle Ist-Tarife im HVV so belassen und nur den Preis anpassen, wie wir es auch schon beim 9-Euro-Ticket gemacht haben. Für unsere Abo-Kundinnen und Kunden heißt das: Sie müssen erst einmal gar nichts machen und sparen automatisch. Das wird für viele Menschen eine spürbare Entlastung bedeuten. Jedes bisherige Abo, egal ob auf Plastikkarte oder Pappkarte, ist weiterhin gültig. Da wird es eine deutschlandweite Kulanzregelung geben, sodass die bestehende HVV-Abo-Karten dann auch außerhalb unseres Verbunds akzeptiert werden. Im zweiten Schritt werden wir unsere Kundinnen und Kunden dann auf ein neues Produkt umstellen: das Deutschlandticket, bzw. Klima- oder 49-Euro-Ticket – je nachdem, wie es am Ende heißen wird.
NAHVERKEHR HAMBURG: Warum diese zwei Schritte?
Korbutt: Weil viele Fragen rund um das 49-Euro-Ticket noch ungeklärt sind: Gibt es ein einheitliches Layout? Gibt es einheitliche Prüf-Definitionen und Prüf-Bestimmungen, die wir einhalten müssen? Und vieles mehr. Kurz: Wir wissen im Moment einfach noch gar nicht genau, wie das Produkt aussehen wird. Dazu kommt, dass wir aktuell rund 400.000 Chipkarten für unsere Abo-Kundinnen und Kunden im Umlauf haben – die HVV-Cards. Wir können nicht alle kurzfristig umtauschen, weil gar nicht so viele neue Plastikkarten am Markt kurzfristig erhältlich sind. Allein schon deshalb müssen wir den Wechsel sequenziell vollziehen. Das wird nicht nur im HVV so sein, sondern auch bei anderen Verkehrsverbünden, weil die Migration der Abos in das neue Deutschlandticket auch gewissenhaft und mit den vorhandenen Finanzmitteln erfolgen muss.
NAHVERKEHR HAMBURG: Können Sie schon sagen, wann dieser zweite Schritt passieren wird – wann also der Großteil der HVV-Abo-Tarife eingestellt und durch das 49-Euro-Ticket richtig erse…
14 Antworten auf „„Ich will im HVV keine Tarifzonen und Ringe mehr haben““
…also die Möglichkeit, dass die Kundinnen und Kunden jeden Monat neu entscheiden können, ob sie das Ticket im nächsten Monat haben wollen oder nicht. Kein Vertriebssystem bei den deutschen Verkehrsverbünden ist derzeit zu so etwas in der Lage. So eine Funktion muss erst noch konzipiert werden.
Das stimmt so nicht. Die DB hat es in ihrer App bereits ermöglicht. Im DB Navigator kann ich z.B. für den MVV mein Abo hochladen, es wird jeden Monat aktualisiert und kann bei Kündigung über Nacht entfernt werden.
Warum keine Zeittarife, die wären für jeden nachvollziehbar. 1 Stunde = 2 € o.ä.
Und Solo-Kinderfahrkarten endlich kostenfrei, sie können für eine Fahrt ohne Ticket eh nicht belangt werden ( beschränkt geschäftsfähig))
Ich freue mich einfach mal über das 49€ Ticket. Spannend wird es noch, wie die Verbindung zum Bahnticket aussehen wird und ob man das einfach einsparen kann? Ich werde 5 € pro Monat sparen, habe aber einen größeren Radius und brauche dann in anderen Städten nicht mehr in die Ticketstruktur eintauchen. Ich hätte nie gedacht, dass es so schnell gehen kann den ÖPNV voran zu bringen. Der Anstoß kam von den Grünen, vielen Dank dafür von einer Nutzerin aus der Stadt. In ländlichen Gegenden mit kaum vorhandenem ÖPNV sieht es natürlich anders aus. Hier zeigt sich jetzt, dass die Jahrzehntelange Bevorzugung der Straße und Vernachlässigung des ÖPNV der falsche Weg war.
„Im ersten Schritt werden wir zur Einführung des 49-Euro-Tickets alle Ist-Tarife im HVV so belassen und nur den Preis anpassen, wie wir es auch schon beim 9-Euro-Ticket gemacht haben.“
Das ist deutlich zu kurz gesprungen, denn ab 1.1. sollten die Tickets im Gesamtbereich gelten (nicht nur „aus Kulanz“ außerhalb des HVV), und vor allem sollten die Teilzeit-Karten dann auch ganztägig gelten. – Dazu hat Frau Korbutt nichts gesagt, aber das wurde sie leider auch nicht gefragt.
Ein wegweisendes Interview von Frau Korbutt, die klar die Chancen des 49 Euro Tickets erkannt hat und weiß, wo die Schwächen im gegenwärtigen ÖPNV-Ticketing-System liegen. In der Tat bestehen nach einer radikalen Vereinfachung der Fahrpreisstrukturen enorme Rationalisierungpotentiale in den Verwaltungen der Verbünde, die ja nun nicht mehr die verschiedenen wirren Ticketstrukturen bewerben, organisieren und abrechnen müssen. Hoffentlich können sich die Verbünde auf ein einheitliches IT-System einigen, das würde weitere Einsparmöglichkeiten bringen. Und käme man zu einer Konzentration auf maximal einen Verkehrsverbund pro Bundesland oder noch besser Großverbünde wie den VRR und den VBB dann würden auch noch eine große Menge hochbezahlter (politischer) Verschiebeposten wegfallen. Aber hier wird es sicher manchen wehtun. Aber ohne Abschiedsschmerz keine Innovation.
Aber eins sei noch gesagt: Das 49 Euro Ticket muss es auch als Plastikkarte geben, für diejenigen, die keine Smartphone haben oder haben wollen, das betrifft insbesondere auch die ältere Generation. Das 49 Euro Ticket muss in diesem Sinne barrierefrei ausgestaltet werden!
Naja, mit der Plastikkarte und dem Smartphone schafft man natürlich auch wieder Doppelstrukturen. Fragt sich wirklich, ob es die Rücksichtnahme auf die Nicht-Smartphone-Generation perspektivisch noch braucht. Kenne viele Ü60-jährige, die auch schon Apple Pay nutzen…
By the way: „Und käme man zu einer Konzentration auf maximal einen Verkehrsverbund pro Bundesland oder noch besser Großverbünde wie den VRR“. Ähm, der VRR ist kleiner als das Bundesland NRW…
Nein! En muss Alternativeb geben für Menschen, die warum auch immer keine digit. Nachweise führen können. Sonst grenzen Sie viele Menschen mit Handicap und Fremdsprachler aus. Ich musste gerade erst in Rom erleiden, wie hoch die digitale Sprachbarriere ist.
Danke Herr Schoop, Ihr Hinweis zu den modernen Händies sagt mir zu.
Noch offene Fragen: Hat das 49-Euro-Ticket Auswirkungen auf die Bahncard, die bisher unter Umständen auch im Nah-/Regionalverkehr vorteilhaft sein kann? Welchen Nutzen bringt künftig noch die mit angebotene An- und Weiterreise im Nahverkehr bei einigen Fernverkehrstickets, wenn man bereits ein 49-Euro-Ticket hat? Welche Regelung gibt es für 49-Euro-Ticket-Nutzer, die im Regionalverkehr die 1.Klasse nutzen wollen?
Das ist eine einmalige Chance, viele überholte Strukturen im ÖPNV endlich abzubauen. Denn mit dem 49-Euro-Ticket brechen viele Einnahmen weg und ab sofort wird man bei jeder Büroklammer sparen müssen. Ich denke, dass wir in fünf Jahren maximal drei bis fünf Verkehrsverbünde in ganz Deutschland haben werden. Die zig Verwaltungspöstchen müssen weg — schon weil sie viel zu viel kosten und weil man die Leute dringend woanders braucht. Auch die Planung muss durchgängig werden. Man muss von Klanxbüll nach Altusried usw. denken und nicht an der Hamburger Staatsgrenze aufhören. Der Deutschlandtakt würde dafür auch ein Grundgerüst bieten. Warum ist man beim Branchenverband VDV eigentlich nicht schon vor zehn Jahren darauf gekommen. Oder warum ist denen nicht aufgefallen, dass wenn man zehn Jahre an einer App strickt, nicht die App sondern das System das Problem ist? (Die App ist immer noch nicht „fertig“.)
Es wird sicherlich niemand in einer Verwaltung mal eine Buslinie in Bayern und mal in Schleswig-Holstein planen. Die Leute mit dem Wissen vor Ort benötigt man weiterhin. Das ist ja auch immer der Irrglaube, wenn im Sommerloch über die Fusion von Bundesländern gesprochen wird. So als wenn man dann weniger Lehrer, Polizisten und Richter benötigt. Davon abgesehen hat der >hvv nicht nur mit der „Hamburger Staatsgrenze“ zu tun. Oder sind Elmshorn, Bad Oldesloe, Stade und Lüneburg neuerdings Stadtteile von Hamburg?
Der >hvv ist ja nun ein sehr teurer Verkehrsverbund mit einem – nun ja – sehr mäßigen ÖPNV. (Das „mäßig“ ist natürlich ein Mittelwert aus super angebundenen Stadtteilen und im Grunde abgehängten Gegenden, wie Elbinsel und Harburg – Hallo Deichhörnchen! ?♂️ – und der Nordosten.)
Bekommt der >hvv deswegen dann größere Zuschüsse als andere Verkehrsverbünde?
Ehrlich gesagt finde ich den HVV nicht sonderlich teuer. Das normale Profiticket für Hamburg kostet einen Arbeitnehmer um die 55 Euro. Schüler, Arbeitslose, Senioren usw. haben nochmal günstigere Tarife. Und auch Gelegenheitsfahrer, die bspw. nur eine Tageskarte benötigen, zahlen weniger als bspw. in München und Berlin. In der bayerischen Hauptstadt kommt noch hinzu, dass das Netz (Zone M) deutlich kleiner ist als bei uns AB. Von anderen europäischen Städten ganz zu schweigen. Aber klar, ich kann auch schauen, unter welchen kaum existenten Bedingungen der HVV (pardon, >hvv) etwas teurer ist.
Aber ich hoffe auch, dass die Angebote mal ordentlich ausgeweitet werden und nicht nur neue Strandbusse für Eimsbüttel und co.
Verbünde zusammenlegen?
Solange das Angebot aus Fahrgastsicht stimmt, wäre mir einigermaßen egal, ob die Institutionen zusammengelegt werden, die als Besteller gegenüber den Verkehrsunternehmen auftreten. Aber auch wenn das nicht geschieht, könnten mehrere heutige Verbünde z.B. ihre verbleibenden Tarifstrukturen vereinheitlichen. Wer nur sporadisch, aber mal in dem einen, mal einem anderen Verbund eine Fahrkarte kauft, könnte sich dann einfacher zurechtfinden.
Bei der Bestellerrolle ist es eine Gratwanderung: Einerseits hat die Regionalisierung auf der Schiene zu einem besseren Angebot geführt, andererseits aber auch zu Brüchen und Streckenstillegungen an Landesgrenzen.