Die vorübergehende Senkung der Mehrwertsteuer macht Mobilität in Hamburg – abseits des eigenen Autos – in den meisten Fällen nicht günstiger. Fast alle Mobilitätsdienste in der Stadt, vom HVV über StadtRAD und Ridesharing-Betreibern bis zu Carsharing-Anbietern und E-Scooter-Verleihern, geben die Mehrwertsteuersenkung nicht an ihre Kundschaft weiter. Das hat eine NahverkehrHAMBURG-Umfrage unter den zwölf größten Anbietern der Stadt ergeben.
Demnach gaben bis auf ein Unternehmen die meisten Befragten an, dass eine Senkung der Tarife zu kompliziert, kurzfristig nicht machbar oder zu aufwändig sei. Einige Mobilitätsdienstleister meldeten außerdem, dass sie die zusätzlichen Einnahmen, die sich aus der Mehrwertsteuersenkung ergeben, behalten wollen, um Verluste auszugleichen, die während des Corona-Lockdowns entstanden sind. Damit widersetzen sie sich dem ausdrücklichen Willen der Bundesregierung, die auf ihrer Website schreibt, dass Händler und Dienstleister „die niedrigere Mehrwertsteuer grundsätzlich an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergeben“ sollen, „so dass Waren und Dienstleistungen billiger werden“ (siehe hier).
HVV-Preise bleiben erst einmal unverändert
Der größte Mobilitätsanbieter in Hamburg, der die Mehrwertsteuersenkung nicht an seine Kundinnen und Kunden weitergibt, ist der Hamburger Verkehrsverbund. Die Fahrkartenpreise sollen erst einmal so bleiben wie sie sind.
„Eine pauschale Absenkung aller Ticketpreise um zwei Prozent ist in einem Verkehrsverbund mit seinem stark differenzierten Vertrieb nicht kurzfristig umsetzbar“, erklärte HVV-Sprecher Rainer Vohl auf NahverkehrHAMBURG-Anfrage und kündigte aber gleichzeitig auch an, dass man derzeit prüfe, inwieweit eine Weitergabe der vorübergehenden Steuersenkung auf anderem Wege organisiert werden könne. Konkretere Angaben dazu machte er nicht.
Eine Abschätzung, wie hoch die Summe voraussichtlich ausfallen wird, die durch die Nicht-Weitergabe der Mehrwertsteuersenkung entsteht, konnte der Verbundsprecher nicht geben. Er betonte stattdessen, dass der ohnehin nicht kostendeckende Betrieb der Busse, Bahnen und Fähren im HVV in diesen Tagen noch größer…
9 Antworten auf „Kaum ein Verkehrsunternehmen gibt Mehrwertsteuersenkung an Kunden weiter“
„Volles Fahrplanangebot … .“ Das stimmt so nicht, lieber HVV-Sprecher! Die RB81-Verstärker werden auch im gesamten Monat August ausfallen:
https://bauinfos.deutschebahn.com/docs/norden/infos/RE8_RB81_0108-21082020_fahrplan.pdf
https://bauinfos.deutschebahn.com/docs/norden/infos/RE8_80_RB8_81_85_2208-31082020_fahrplan.pdf
Diese bisher 2 1/2 Monate Totalausfall der HVZ-Verstärker werden nicht das Ende der Fahnenstange sein, im September geht es bestimmt so weiter.
Dazu kommt, dass auf die angeblich noch fahrenden Grundtakt-Züge bekanntermaßen auch kein Verlass ist, was „überhaupt fahren“, Verspätung, Wagenanzahl und Wagenzusammenstellung betrifft. Und das Schönste ist, von den Baumaßnahmen, wegen denen bei uns nur noch 50% der sowieso schon wenigen HVZ-Züge verkehren, haben wir RB81-Nutzer überhaupt nichts: Es wird die S21/S2-Brücke Richtung Hbf und das Bahnhofsgebäude Berliner Tor neu gebaut. Das mal nur so für die Leute, die bei Ausfall der Linie S2 oder bei Anschlussverlust auf die S1 im Hbf immer gleich auf hohem Niveau – es fährt immer noch die S21 im 10-Minuten-Takt – herumjammern. Für die wird sich am Ende der Arbeiten auch einiges verbessert haben.
Wie gesagt, dann eben einen weitern Monat Auto fahren, auch wenn der Arbeitgeber nicht mehr die Parkgebühren ersetzen sollte. Immer noch besser, als sich in überfüllter RB81, Linie 9, U1 und U3 anzustecken. (BTW: Mein HVV-Profiticket ist seit Juni wieder aktiviert. Ich finanziere also diese Schlechtleistung des HVV und die vermutlichen vielen Schwarzfahrer gleich mit.)
Lieber Christian Hinkelmann, ich hätte jetzt eigentlich von Ihnen ein Nachhaken bei Herrn Vohl bezüglich des „Vollen Fahrplanangebots“ erwartet, und das nicht nur bezüglich der „üblichen Verdächtigen“ U, S, A, Bus und Fähre.
Wir haken da gerne nach – aber hier in diesem Artikel ist das nicht das Thema.
Unvertretbarer Aufwand? Der HVV kriegt es doch auch jedes Jahr hin, die Preise von einem Tag auf den anderen zu erhöhen (ohne signifikante Angebotsverbesserungen). Wieso kann der HVV die Preise jetzt dann nicht von einem Tag auf den anderen senken? Und wenn sie rumjammern, dass weniger Leute mitfahren und aufs Auto oder Fahrrad umsteigen, dann liegt das an ständigen Ausfällen (S-Bahn), Überfüllungen (Lokstedter-Premiumlinie) und aktuell natürlich auch noch an der Maulkorbpflicht.
Die Weiterreichung einer temporären Mehrwertsteuersenkung wäre für den HVV mit einem unvertretbaren Aufwand verbunden. Stattdessen sollte die absehbare alljährliche Peiserhöhungsrunde für 2021 ausgesetzt werden. Davon hätten die Fahrgäste mehr, statt 7cts. beim Standard-Ticket einzusparen. Es ist dem HVV auch nicht zu verdenken, dass er die befristete Mehrwertstuersenkung zur Einnahmeaufbesserung nutzt. In der Gastronomie wurde schon vorab die Mehrwertsteuer viel krasser und zwar von 19% auf 7% und jetzt 5% gesenkt, mit dem expliziten Argument, dass sie damit die Einnahmeausfälle während des vollständigen Lockdowns kompensieren soll. Keiner hat hier nach Preissenkungen geschrieen.
Für die Kunden des HVV wäre es viel wichtiger dass der HVV und die Hamburger Politik endlich beginnen an der Einführung des 365 EURO Jahrestickets zu arbeiten.
Sehr weitsichtig, dass man die Kosten für die Preisumstellungen (mit all den ausgehängten Preislisten) spart und stattdessen lieber die paar Cent nutzt, um das diesjährige Minus halbwegs abzufangen.
Von Ende Juni bis Ende August können wir treu gebliebenen Abonnenten ja nun als Dankeschön nicht nur AB, sondern A bis H nutzen und jeden Tag eine erwachsene Person sowie drei Kinder mitnehmen.
Das finde ich deutlich sinnvoller als eine kurzweilige Reduktion des Profitickets von 55 auf 54 Euro. Gut, man kann moralisch argumentieren, ob man noch Ausflüge nach Schleswig-Holstein machen sollte, wenn man so auf die Bockwartaktionen von März und April zurückblickt. Aber das muss jeder selbst entscheiden.
Wie man aus Wien und anderen Städten ja weiß, sorgen Billigtickets nicht zu einer Zunahme von Fahrgästen, sondern sogar zu einer Stagnation (nach vorigem Wachstum), wenn zugleich der Ausbau des Angebots ausbleibt.
Billig ist halt nicht besser, egal ob bei Fleisch, Wanderschuhen, T-Shirts oder eben Verkehrsdienstleistungen.
Den Öpnv in Wien mit einem Modal Split von 39% zu kritisieren zeugt schon von großer Unkenntnis.
Prinzipiell ist jedes System kritisierbar, aber den ÖPNV habe ich nirgends kritisiert. Besteht der etwa nicht aus Angeboten, sondern nur einem einzigen Ticket? Vermutlich ist Dir nicht bekannt, was der Modal Split eigentlich übers Verkehrsgeschehen aussagt bzw. was nicht, aber wenn Du ihn schon anführst:
In den frühen 1990ern begannen die Wiener Linien mit einer Angebotsoffensive.
1993: 29%
1996: 32%
1999: 33%
2001: 34%
2006: 35%
2010: 36%
2011: 37%
2012: 39%
— Einführung Billigticket —
2013: 39%
2016: 39%
2017: 38%
2018: 38%
Schachmatt, Boomer.
„Sehr weitsichtig, dass man die Kosten für die Preisumstellungen (mit all den ausgehängten Preislisten) spart und stattdessen lieber die paar Cent nutzt, um das diesjährige Minus halbwegs abzufangen.“
Soweit korrekt. Wenn sich aber der HVV als Unternehmen im Dunstkreis der Stadtstaats Hamburg auf diese Weise selbst bedient, bleibt die Mehrwertsteuersenkung als Teil des „Wummspakets“ ein Uups-Anhängsel. Denn wer sollte die Mehrwertsteuersenkung denn jetzt noch weitergeben, wenn das schon Unternehmen mit staatlichem Einfluss verweigern. Sanieren müssen sich z.-Zt. auch viele andere Unternehmen. Zudem ist eine Mehrwertsteuersenkung (vulgo Umsatzsteuersenkung) in Zeiten von wenig Umsatz auch wenig geeignet, sich zu sanieren. Schließlich verfestigen Unternehmen wie der HVV, die in der Verrgangenheit wirklich jedes Sch…-Argument vorbrachten, um erhöhte Preise zu begründen, ihr Raffkeimage, wenn sie in der Zeitung leicht nachzulesende Gründe für eine Preissenkung durch lautes Brummen übertönen wollen.
„Denn wer sollte die Mehrwertsteuersenkung denn jetzt noch weitergeben, wenn das schon Unternehmen mit staatlichem Einfluss verweigern.“
Der ÖPNV als Teil der Daseinsvorsorge steht nicht im Wettbewerb wie z.B. Konsumtempel. Daher ist es genau umgekehrt. Die staatlich bezuschussten kommunalen Betriebe, die so oder so (betriebswirtschaftlich) defizitär arbeiten, machen dieses Jahr schon genug Minus, die der Steuerzahler ausgleichen wird. Die Privatunternehmen müssen sich hingegen frage, ob sie die Senkung (nicht) weitergeben, wenn es die Konkurrenz hingegen tut. Das ist ein ganz anderer Markt.
Der HVV hat davon nicht viel, da er nur ein Durchlaufposten ist. Davon abgesehen finde ich bspw. Lohnerhöhungen nicht als „Sch…-Argument“. Ich gönne den Mitarbeitern, die keinen einfachen Job machen, jedes reale Plus im Portemonnaie.