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Leeres Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße: Jetzt spricht der Architekt

Flop oder völlig normal? Das vor zehn Monaten groß eröffnete Fahrradparkhaus am U-Bahnhof Kellinghusenstraße hat weiterhin Startschwierigkeiten und steht fast leer. Im Interview spricht der Architekt über die Herausforderungen bei der Planung, was Hamburg von den Niederlanden lernen kann und wieso er doch noch an einen Erfolg glaubt.
Matthias Schinck
Mathias Hein ist der Architekt des Fahrradparkhauses an der Kellinghusenstraße in Hamburg.
Mathias Hein ist der Architekt des Fahrradparkhauses an der Kellinghusenstraße in Hamburg.
Foto: Ute Andresen / Fotomontage: Christian Hinkelmann

Das im vergangenen Frühjahr mit großem Tam-Tam eröffnete Fahrradparkhaus am U-Bahnhof Kellinghusenstraße kommt immer noch nicht so richtig in Schwung. Viele Radfahrerinnen und Radfahrer machen offenbar einen großen Bogen um die Anlage. Drinnen herrscht meist gähnende Leere. Das belegen auch aktuelle Zahlen, die der rot-grüne Senat kürzlich auf Nachfrage der Hamburger CDU-Fraktion nannte.

Demnach sind innerhalb der ersten acht Monate nach Eröffnung von den rund 400 kostenlos nutzbaren Stellplätzen im Haus durchschnittlich nur 30 belegt gewesen. Das entspricht einer Auslastung von unter 10 Prozent. Von den 145 abschließbaren Dauerstellplätzen waren im gleichen Zeitraum nur 29 vermietet (siehe hier).

In den ersten acht Monaten nach Eröffnung des Fahrradparkhauses lag die Belegung laut Senat bei unter 10 Prozent.
Christian Hinkelmann In den ersten acht Monaten nach Eröffnung des Fahrradparkhauses lag die Belegung laut Senat bei unter 10 Prozent.

Der Bund der Steuerzahler bezeichnete den drei Millionen Euro teuren Neubau bereits als „Millionengrab“, das NDR-Satiremagazin Extra3 nahm vor allem aufs Korn, dass das Zwei-Etagen-Fahrradparkhaus keine befahrbaren Rampen und schlecht erkennbare Eingänge hat – eine Tatsache, die auch bei Radfahrenden in den sozialen Netzwerken mit Kopfschütteln und Häme quittiert wurde (mehr dazu hier).

Kann Hamburg etwa keine richtigen Fahrradparkhäuser bauen? Fast ein Jahr nach Eröffnung spricht jetzt der Architekt und Planer der Anlage im NAHVERKEHR HAMBURG-Interview darüber, warum das Haus so aussieht, wie es aussieht, wieso die Rampen nicht befahrbar sind, was die Fahrradnation Niederlande aus seiner Sicht besser macht und warum er glaubt, dass das Fahrradparkhaus doch noch ein Erfolg werden könnte.

NAHVERKEHR-HAMBURG: Herr Hein, sind Sie Fahrradfahrer?

Mathias Hein: Ja, und auf meinem Grundstück in Niendorf parkt mein Elektro-Smart mit eigener Ladebox.

NAHVERKEHR-HAMBURG: Sie haben zahlreiche öffentliche Verkehrsbauten in Hamburg geplant und realisiert: den barrierefreien Umbau der U-Bahn-Haltestellen Lübecker Straße, Rödingsmarkt, Dehnhaide und Uhlandstraße, die Hochbahnbrücke Kajen, das U-Bahn-Viadukt Binnenhafen, sowie die Busumsteigeanlagen Wandsbek-Markt und Billstedt. Dann auch das Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße, das ein wenig aus der Reihe fällt, da es nicht ein Bahnbauwerk im engeren Sinne ist. Wie kam es dazu?

Mathias Hein: Es war eine öffentliche Ausschreibung, für die wir uns zusammen mit dem Ingenieurbüro für Tragwerksplanung Weber-Poll beworben haben. Für uns war das eine Bauaufgabe, bei der wir uns, wie bei allen anderen Projekten, zuerst mit der Aufgabenstellung und den konkreten Nutzungsanforderungen auseinandergesetzt haben. Mit dem Unterschied, dass diese Aufgabenstellung hinsichtlich Machbarkeit, Lage und Größe zunächst in einem vorgeschalteten Arbeitsgang gemeinsam mit dem Auftraggeber und vielen anderen Entscheidungsträgern erarbeitet wurde. Wir haben die gesamte Entwicklung also von Beginn an begleitet, was mit der Standortsuche für einen geeigneten Bauplatz rund um die Haltestelle Kellinghusenstraße begann. 

NAHVERKEHR-HAMBURG: Wie war die Ausgangslage?

Mathias Hein: Vor dem Planungsbeginn gab es über einen Zeitraum von 1,5 Jahren verschiedene Verkehrszählungen. Es wurden im Schnitt 50.000 Umstiege an der Haltestelle Kellinghusenstraße mit zwei U-Bahn- und sechs Buslinien gezählt. Rund um die Station haben Berufspendler und Studenten ihre Fahrräder wild abgestellt, was zu zahlreichen Beschwerden geführt hat. Teilweise war der Weg zum U-Bahn-Eingang mit Fahrrädern zugestellt. Damals hat man im Jahresschnitt bis zu 1.000 Räder pro Tag gezählt, die sich zu einem Ärgernis entwickelten. Man wollte dann geordnete Abstellmöglichkeiten für diese insgesamt 1.000 Fahrräder im Umfeld der Haltestelle erreichen. 400 Fahrradstellplätze konnten vorab im öffentlichen Straßenraum realisiert werden. Die verbleibenden 600 Plätze mussten durch den Bau eines Fahrradparkhauses erreicht werden. 

NAHVERKEHR-HAMBURG: Warum steht das Fahrradparkhaus nun dort zwischen Bu…

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Matthias Schinck ist hauptberuflich Informationsgrafiker, Artdirector und Zeitungsmacher. Daneben schreibt er darüber, was ihn bewegt: Bus, Bahn und Rad. Für eine Weile lebte er in einem Van und ist Experte für mobiles Arbeiten. Der Liebe wegen hat er in Hamburg den Anker geworfen.

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8 Antworten auf „Leeres Fahrradparkhaus Kellinghusenstraße: Jetzt spricht der Architekt“

„ An anderer Stelle wird auf ein Verkehrszeichen an der Loogestraße mit Richtungspfeil geradeaus hingewiesen. Dass dieses Verkehrszeichen nur für Autofahrer gilt, wird gar nicht erwähnt. Genau dort gibt es nämlich eine Ampelquerung der Loogestraße u.a. auch für Fahrradfahrer, die hier von der gegenüberliegenden Straßenseite auf kürzestem Weg das Fahrradparkhaus sicher erreichen können. Sie stehen dann direkt vor den Zugängen.“

Die Aussage ist leider falsch. Wenn der Pfeil geradeaus für Radfahrer nicht gelten würde müsste da ein Schild Radfahrer frei dran. Gibts aber nicht. Und dass man nach der Ampelkreuzung direkt vor den Eingang fahren kann ist halt auch nur richtig wenn man als Radfahrer verbotswidrig auf dem Gehweg weiterfährt. Beides (Schilder ignorieren und Gehwegradeln) wird nur leider von so vielen Radfahrern selbstverständlich gemacht, dass es auch von Planern einkalkuliert wird. Beim Bau von Radinfrastruktur sollte aber doch darauf geachtet werden, dass diese nicht nur irgendwie sondern auch legal benutzt werden kann.

Also ich finde die Kritik am Bauwerk auch übertrieben und man sollte der Sache Zeit geben angenommen zu werden. Aber einen kritischen Punkt lasse ich trotzdem gelten. Wer sich an die Verkehrsregeln hält, kann nicht direkt an das Parkhaus heranfahren, sondern muss eigentlich immer absteigen und schieben. Es gibt keine richtige Zufahrt zu diesem Parkhaus. Das hätte man besser machen sollen. Auch hätte man die Rampen in den ersten Stock größer machen können! Der Einwand mit der möglichen missbräuchlichen Nutzung durch Skateboarder ist aus meiner Sicht wieder die typische Übervorsichtigkeit, mit der man alle denkbaren Möglichkeiten in den Vordergrund rücken möchte, egal wie unwahrscheinlich oder wenig relevant es ist. Bisschen mutiger sein und gute, attraktive Infrastruktur hinsetzen, bitte! Und wenn Normen und Gesetze dies verhindern, bitte mutig Gesetze ändern.

Die Aussage, dass der Richtungspfeil nur für Autofahrer gilt ist schichtweg falsch!
Um die Loogestraße zu queren, muss man in jedem Fall absteigen und ein Stück schieben. Das ist sehr unkomfortabel.

Wer ein Fahrradparkhaus mit Treppenrampen baut, hat seinen Job als Architekt verfehlt. Der Bund finanziert in großem Umfang Radabstellanlagen an Bahnhöfen/Haltestellen. Doch für Hamburg ist das Möblierungskonzept nicht gut genug. Super. Jetzt haben wir Millionen vergeudet für etwas, das nicht funktioniert. Glückwunsch, Klimamodellstadt Hamburg!

Interessantes Interview. Sowas findet man anderswo nicht.

Häme wie bei extra3 sind ja immer easy peasy zur Hand, aber auch hier sollte man einfach etwas abwarten. Wäre das Parkhaus in einigen Jahren überlastet, würden die ewiggestrigen Nörgler auch wieder mitteilen, dass sie alles gewusst haben.

Aber davon ab: eine Busanlage ist auch kein Bahnbauwerk im engeren Sinne. ?

Hamburg kann immer nur eins: teuer und kompliziert, wenn es auch einfach geht. Die in dem Fahrradparkhaus eingebauten Doppelstockständer sind Standardware und OK. Diese versehen mit einem Glas- oder Stahlblechdach vor dem Bahnhof aufgestellt hätte völlig gereicht, dann hätte man die 600 Stellplätze auch für ein paar hundertausend Euro hinbekommen anstatt der hier verballerten mehreren Millionen. Aber der Architekt hat wie Architekten halt arbeiten „design kills function“ ein optisch zwar schönes, aber dysfunktionales Fahrradparkhaus gebaut. Zudem viel zu teuer. Bei Stückkosten >50.000 Euro pro Stellplatz, wird man die erforderlichen 200.000 öffentlichen Fahrradstellplätze in Hamburg niemals finanzieren können. Es wäre vielleicht doch einmal klug sich in der Niederlanden schlau zu machen, was kostet was. Die Kostenstrukturen dürften in Holland ähnlich der deutschen sein, also kann man von dort etwas lernen!

den Architekten verantwortlich zu machen für die offensichtlichen logistischen Mängel dieses Radhauses, finde ich nicht richtig. (ich behaupte aber natürlich nicht, daß Nahverkehrhamburg den Architekten für die Fehlplanungen verantwortlich gemacht hat.)Tatsächlich sind es die Vorgaben der FHH, die vor allem berücksichtigt haben wollten, daß auch dieses Radhaus autogerecht ist, die zu kritisieren sind. kurze Rampen, schwieriger Zugang, keine Lademöglichkeiten für E-Bikes (gibt es die überhaupt irgendwo in Hamburg?). Die Auslastung wird sicher über die Jahre noch steigen, aber insgesamt hätte man das besser machen können und müssen. Auch der Standort Kellinghusenstrasse kommt mir zum Umsteigen für Berufspendler verfehlt vor, da zu nah zur Innenstadt und auch City Nord.
Was gar nicht geht, daß ausgerechnet der sog. „Steuerzahlerbund“ (ich zahle auch Steuern und verbitte es mir, daß mich diese Steuervermeidungsorganisation in irgendeiner Form vertritt.) hier das große Wort führt.

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