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Mehr Abstand in Zügen auch nach Corona?

Social Distance könnte auch nach der Pandemie ein dauerhaft wichtiges Qualitätskriterium bei Fahrgästen bleiben. Wie Verkehrsunternehmen und Fahrzeugdesigner darauf reagieren und warum der Nahverkehrsverbund in Schleswig-Holstein kapitulieren muss.
Matthias Schinck
Dicht gedrängte Menschen in einem HVV-Regionalzug während der Corona-Pandemie.
Dicht gedrängte Menschen in einem HVV-Regionalzug während der Corona-Pandemie.
Foto: Twitter-Nutzer "HeldvonBielefeld"

Der Nahverkehr steckt durch die Pandemie in einem schier unlösbaren Dilemma: Einerseits ist es politisch erklärter Wille, den Autoverkehr auf Bus und Bahn umzulenken, andererseits ist der Komfort und der Wohlfühlfaktor gerade in der Rushhour meilenweit von dem entfernt, was das Auto den Menschen bieten kann. Gerade wenn der Staat nunmehr bei den Pandemie-Maßnahmen in viel stärkerem Maße auf Eigenverantwortung setzt, wird das allergrößte Problem der Passagiere, den Mindestabstand einzuhalten, wenn man dicht gedrängt in der U-Bahn oder im Bus steht.

Die Hemmschwellen auf Bus und Bahn umzusteigen sind durch die Pandemie eindeutig gewachsen. Die Strategien der Nahverkehrsunternehmen, den Trend umzukehren und in Sachen Komfort entgegenzuwirken, sind allerdings bisher wenig zu erkennen.

NAHVERKEHR HAMBURG hat sich angesehen, was Experten für Fahrzeugdesign, Fahrgastverbände, Wissenschaftler:innen und Verkehrsunternehmen über Lösungsansätze sagen. Was muss vor allem langfristig unternommen werden, damit die Fahrt in Bus und Bahn attraktiver wird? Und woran liegt es, dass da nicht mehr passiert.

Keine Mittel für mehr Platz

Alle fünf Jahre erstellt der schleswig-holsteinische Verkehrsverbund NAH.SH im Auftrag des Landes den einen Masterplan zum Ausbau des Nahverkehrs für die kommenden Jahre. Im aktuellen Plan, der Ende vergangenen Jahres veröffentlicht wurde, widmeten sich die Autorinnen und Autoren auch ausführlich der Pandemie und ihren Folgen. So steht dort unter anderem: „Die Corona-Pandemie hat die Anforderungen an die Gestaltung des Angebots im Schienenpersonennahverkehr nachhaltig verändert. Alte Gewissheiten müssen im Hinblick auf neue Herausforderungen hinterfragt werden. Das Abstandsbedürfnis der Fahrgäste ist gewachsen, so dass mehr Platz für dieselbe Anzahl an Fahrgästen angeboten werden muss. Der Beförderungskomfort muss zunehmend dem Vergleich mit dem privaten PKW standhalten.“ (Nachzulesen hier, Seite 12).

Doch wie die Realitäten jenseits…

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Matthias Schinck ist hauptberuflich Informationsgrafiker, Artdirector und Zeitungsmacher. Daneben schreibt er darüber, was ihn bewegt: Bus, Bahn und Rad. Für eine Weile lebte er in einem Van und ist Experte für mobiles Arbeiten. Der Liebe wegen hat er in Hamburg den Anker geworfen.

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6 Antworten auf „Mehr Abstand in Zügen auch nach Corona?“

Die Idee, Stehplätz „aufzuwerten“ kann man gleich ganz ins Gruselkabinett der perfekten Flops verbannen. Wer Sitzplätze streichen will, um daraus aufgewertete Stehplätze zu machen, kann die A7 gleich auf 20 Fahrspuren aufbohren. Ich fahre dann nicht mehr Bahn, zumal in den Spitzenzeiten der Abstand dort erst Recht nicht gewährleistet wäre. Man muss einfach mal fragen, ob das Verkehrsbedürfnis der Menschen im Jahr 2022 wirklich ein Mehrfaches der Menschen vor 50 oder 70 Jahren betragen muss. Weniger Mobilität ist möglich. So extrem wie Anfang April 2020 muss und wird es in der Regel nicht sein, aber mit gut überlegter Lage der Wohnungen und Arbeitsplätze und Einkaufsmöglichkeiten zueinander könnte man schon etwas für die Menschen heraus holen. Nur müssten die dann auch sicher wissen, dass die billige Bude auf dem Land sie im Ergebnis aussaugt. Also besser ein 300 EUR- statt ein 9 EUR-Ticket und die Energiesteuer auf Kraftstoffe verdreifachen. Dann wird das schon.

Die Bequemlichkeit auf den Sicherheitsabstand zu reduzieren ist zu wenig. Man schaue sich doch mal an, wie gedrängt, je nach Größe und Umfang, man in Bussen und Bahnen zum Teil sitzen muss. Auch die Bewegungsräume zwischen den Sitzreihen (DT5) steht nicht gerade für Komfort. Vielleicht sollten die Bestellenden ihre Fahrzeuge auch mal selber nutzen, dann werden sie recht schnell bemerken, wo es „drückt“. Aber dies ist ja nicht nur ein Problem des Nahverkehrs, sondern auch der Fernzüge.

Das Lob auf den DT5 kann ich beim besten Willen nicht nachvollziehen. Ich finde, gerade in diesem Fahrzeugtyp kann man wegen der Raumaufteilung Mitreisenden am wenigsten ausweichen. In den kurzen Zügen der U3 sowieso nicht und auch nicht im meist voll ausgelasteten Ostast der U1. (Warum der notgedrungen so ausgelastet ist, muss ich bestimmt nicht näher erläutern. ?)
Der DT4 (wenn nicht überfüllt) bietet in meinen Augen da bessere „Rückzugsmöglichkeiten“. Zudem kann man da auch die Fenster öffnen und sich in den Windzug setzen.

Wenn man sich anguckt, wie voll manche Züge oder Busse schon wieder sind, kann man sich kaum vorstellen, dass da jemand um den Abstand besorgt ist. Sinnvolle Abstände von >1.5m sind höchstens auf den Bahnsteigen möglich, aber in den Fahrzeugen doch völlig utopisch. Zur Rushhour ist die Fahrzeugkapazität erschöpft und kurzfristig nicht steigerbar. Engere Taktung ist auf den relevanten Strecken auch nicht mehr drin. Und hoffentlich werden nicht wirklich in großem Stil Sitze ausgebaut.
Für mich persönlich ist entscheidend, dass alle Leute vernünftige Masken tragen (also FFP2) und im Sommer kann man dann noch die Fenster auf Kipp stellen.
Wenn der HVV wirklich massiv Fahrgäste gewinnen will, sollte er die Spritpreise ausnutzen und sich das Geld vom Staat besorgen um die Fahrpreise deutlich und PR-wirksam zu senken. Glaube das würde mehr bewirken, aber natürlich weiß ich auch, dass sowas nie passieren wird. Nicht jeder ist so vernünftig wie Neuseeland ^^

Naja, Neuseeland hat auch Mineralölsteuer und Mehrwertsteuer zeitgleich reduziert, sodass der Sprit dort knapp 30 Cent (NZD) günstiger wurde, während der ÖPNV selbst in Auckland (1,5 Mio. Einw. plus Agglomeration) mit 6% im Modal Split kaum eine Rolle spielt und der Kfz-Verkehr mit 89% extrem dominiert. Im Rest des Landes sieht’s nicht besser aus.

Bei so wenigen Kunden ist das halt ein symbolischer Wert, zumal die Infrastruktur auch nicht mal eben mehr Fahrgäste aufnehmen könnte. Der große Andrang bleibt folglich aus, zumal die Neuseeländer beim Thema Abstand nicht weniger sensibel sind als wir.

Wer bei uns heute 300, 400 Euro für seinen Pkw in Hamburg ausgibt, wird da auch nicht zum hvv umsteigen, wenn das Proticket nicht mehr 55, sondern 30 oder 27,50 Euro kostet. Ist bei uns nicht anders als in Berlin, Wien, Paris oder London. Neue Kunden gibt’s durch bessere Angebote, Leistungen und Qualitäten. Nicht durch Ramschpreise.

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