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Mit diesem Konzept will der Verkehrsclub Deutschland einen Fahrgast-Boom im HVV auslösen

Hamburg will in den kommenden Jahren mit 700 zusätzlichen Bussen und neuen Bahnlinien die Fahrgastzahlen im HVV massiv erhöhen. Der Verkehrsclub Deutschland hält das für die falschen Maßnahmen und hat jetzt ein Alternativkonzept vorgelegt, in dem eine lang geplante Bahnstrecke bewusst fehlt. So sieht es aus.
Christian Hinkelmann
Alexander Montana, Vorstandsmitglied des VCD Nord.
Alexander Montana, Vorstandsmitglied des VCD Nord.
Foto: Privat

Die Stadt Hamburg will den öffentlichen Nahverkehr bis zum Ende des Jahrzehnts massiv ausbauen und die Fahrgastzahlen im HVV – im Vergleich zum Jahr 2017 – um 50 Prozent steigern. So steht es im Klimaplan des rot-grünen Senats (siehe hier).

Um dieses ehrgeizige Ziel zu erreichen, will die Stadt das Busangebot bis 2030 verdoppeln und dazu 700 zusätzliche Fahrzeuge auf die Straßen bringen sowie 600 neue Bushaltestellen einrichten. Außerdem sollen die Takte bei U-Bahn, S-Bahn und Hafenfähren verdichtet und On-Demand-Shuttledienste in den HVV-Tarif integriert werden (Einzelheiten hier). Langfristig kommen noch die seit langem geplanten neue U- und S-Bahnstrecken dazu, wie die Verlängerung der U4, die neue U4, sowie die S4 nach Bad Oldesloe und die S21 nach Kaltenkirchen. „Hamburg-Takt“ ist der Marketing-Name dieses Plans.

Dem Verkehrsclub Deutschland (VCD) geht dieser Plan nicht weit genug und er setzt aus Sicht des Vereins falsche Akzente. Der VCD hat deswegen ein eigenes alternatives Mobilitätskonzept erarbeitet. Im Interview mit NAHVERKEHR HAMBURG erklärt VCD Nord-Vorstandsmitglied Alexander Montana, was dem Senatskonzept aus seiner Sicht fehlt und warum sein eigenes Mobilitätskonzept auf Oberleitungsbusse, Straßenbahnen und einen zusätzlichen Elbtunnel setzt.

NAHVERKEHR HAMBURG: Herr Montana, warum sind Sie mit dem Verkehrskonzept des Senats nicht zufrieden?

Alexander Montana: Die Maßnahmen passen einfach nicht mit dem Ziel zusammen, die Fahrgastzahlen im HVV bis 2030 um 50 Prozent zu erhöhen. Und sie reichen aus unserer Sicht auch nicht aus, um die Ziele aus dem Pariser Klimaabkommen zu erreichen.

NAHVERKEHR HAMBURG: Warum?

Montana: Weil vieles davon bis 2030 schlicht nicht zu schaffen ist. Beispielsweise die neuen U- und S-Bahnlinien: Die S4 und das erste kleine Teilstück der U5 sollen erst zum Ende des Jahrzehnts fertig werden. Bis die U5 vollständig zwischen Bramfeld und Stellingen fährt, werden noch knapp 20 Jahre vergehen. Und das Eröffnungsdatum der geplanten S-Bahn nach Osdorf und Lurup steht noch völlig in den Sternen. Dazu kommt die unklare Finanzierung. Der Schnellbahnausbau ist sehr kostspielig und verbessert die Verkehrssituation bzw. verkürzt die Fahrtzeiten nur für vergleichsweise wenige Hamburgerinnen und Hamburger. Vielen Menschen bleiben damit vergleichsweise schlecht an den öffentlichen Nahverkehr angebunden.

NAHVERKEHR HAMBURG: Aber das Busnetz soll ja auch massiv ausgebaut werden.

Montana: Das wird aus unserer Sicht ebenfalls nicht die erhoffte Wirkung erzielen, da das Verkehrsmittel Bus für Autofahrerinnen und Autofahrer eher unattraktiv erscheint, um sie zum Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel zu bewegen. Busse weisen einen wesentlich geringeren Komfort auf und sind in aller Regel deutlich langsamer als das Auto. Außerdem ist für 700 neue Busse auf den Busumsteigeanlagen und Betriebshöfen schlichtweg kein Platz vorhanden. Die geplanten Fahrgaststeigerungen von 50 Prozent sind somit bis 2030 realistisch betrachtet nicht zu schaffen.

NAHVERKEHR HAMBURG: Sie haben ein eigenes Verkehrskonzept ausgearbeitet, mit dem das Ziel, die HVV-Fahrgastzahlen um 50 Prozent zu steigern, bis 2035 – aus Ihrer Sicht – tatsächlich erreicht werden soll. Worin unterscheidet sich dieses Konzept von den Plänen der Stadt?

Montana: Im Gegensatz zu den Plänen des Hamburger Senats ist unser Konzept darauf ausgelegt, mit den nur begrenzt zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln sowie einem effizienten Personaleinsatz für möglichst viele Menschen das Angebot signifikant zu verbessern. Hierzu soll unter anderem ein neues Straßenbahnnetz entstehen und der Regionalverkehr zu einem Regio-S-Bahn-Netz ausgebaut werden, welches zahlreiche Strecken in Hamburg sowie im Umland bedienen soll. Viele der Bahnstrecken sind bereits vorhanden und müssen lediglich reaktiviert bzw. für den Personenverkehr ausgebaut werden. Zusätzlich ist ein leistungsstarkes Hybrid-Oberleitungsbusnetz geplant. Außerdem haben wir ein neues Tarifkonzept entwickelt, welches besonders an den Bedürfnissen unterschiedlicher Nutzergruppen orientiert ist, aber auch darüber hinaus ein günstiges Fahrpreisniveau schafft.

NAHVERKEHR HAMBURG: Neubau von Straßenbahnlinien und der Bau von O-Bus-Oberleitungen klingen jetzt nicht nach „schnell und günstig…

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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18 Antworten auf „Mit diesem Konzept will der Verkehrsclub Deutschland einen Fahrgast-Boom im HVV auslösen“

Moin,
wenn ich die Kommentare lese, weiß ich , warum die Stadt im ÖV-Bereich nicht wirklich vorankommt. Bedenken…
Jetzt sollen hunderte E-Busse zusätzlich die Stadtstraßen verstopfen. Schienenprojekte werden in mittlerer Zukunft erst Entlastung bringen.Wir brauchen heute(gestern) endlich wirkliche Lösungen: Der Grundfehler, Hamburger Entscheider haben sich über Jahrzehnte darauf ausgeruht, dass Hamburg ja den ersten Verkehrsverbund in der BRD geschaffen hat.
Hätten sie nach Süden geschaut, hätten sie sehen müssen, was sich in und um die kleine”Metropole” Karlsruhe im ÖV-Bereich entwickelte (und sich stetig weiter entwickelt).
Aber von Anderen lernen, doch nicht in Hamburg…Schade!

ich kenne das in Karlsruhe ein wenig: Zum einen war ein verantwortlicher Politiker in den achtziger und neunziger Jahren bei dem Thema wirklich hinterher und; selbst dort wird die Stadtbahn zur Zeit in der Innenstadt unter die Erde gelegt; also eine Stadtbahn wie Prellbock und CO sie wollen, ist die dortige Stadtbahn nicht. Ja man hätte 2014 eine Stadtbahn nach dem Vorbild Stuttgart (mit Tunneln auch in den Außenbezirken, eigenen Trassen, auf den 80km/h gefahren werden kann etc. vorantreiben können aber die Entscheidung damals ist eine andere gewesen.

Über Google sind nur ältere Termine genannt, wo das mal vorgestellt worden sei, u.a. 2018: http://termine.svz.de/veranstaltung/21865141_vorstellung-und-diskussion-eines-alternativen-oepnv-konzeptes-2035-adfc-geschaeftsstelle-hamburg

Auf der Seite von VCD Nord ist in den letzten Monaten auch nichts veröffentlicht worden.

Klingt wie eine Pizza, die man nicht am nächsten Tag nochmal aufwärmt, sondern nach einer Woche. Nicht so genießbar.

Ja wo ist denn dieses “alternative Mobilitätskonzept”? Hier ist keine Link, und auf den Internetseiten des VCDs finde ich auch nichts. Weiß irgendjemand wo man das auch lesen kann?

Hi, interessante Ideen. Aber ich frage mich ebenso, ob die Straßenbahnen oder O-Busse nicht genauso im Stau stecken bleiben wie jetzt etliche Metrobusse zu bestimmten Zeiten.
Und bei Doppelstock-Straßenbahn oder Doppelstock-Zügen geht es aus meiner Sicht eher, wie ich effizient möglichst viele auf kleinem Raum unterbringen kann. Ergonomisch und barrierefrei finde ich die derzeit verkehrenden Doppelstockzüge eher nicht.

Teilweise ja ganz gute Ansätze, aber teilweise auch recht fragwürdig: Ob man echt so viele Fahrgäste hat, die von Bremervörde nach Elmshorn wollen, dass man den zweiten Elbtunnel braucht? Weiß nicht, warum die oben genannte CO2-Rechnung, die ich kritisch sehe, hier nicht greift.

Was das für Hamburg leidige Thema “Straßenbahn” betrifft: Das muss aber dann auch wirklich zeitliche Vorteile haben. Ich mache es mal am Beispiel S32: Wenn ich mit der Straßenbahn in die Innenstadt dann zukünftig genauso lange brauche, wie heute mit der oft im Stau stehenden X3 haben wir nichts gewonnen. Dann ganz egoistisch lieber die teurere S32. (Analog U5: für die Menschen in Steilshoop oder sonst wo gilt bestimmt das gleiche.)

Für Leute in Steilshoop und Osdorf muss eine zerschneidende Straßenbahn ausreichen. Für bürgerliche Viertel wie Niendorf kann es hingegen gar nicht genug Schnellbahnen geben. Und dass kaum jemand aus dem Alten Land nach Altona will: egal, bauen wir einfach für Milliarden einen Tunnel. Wir haben ja ein paar Millionen woanders gespart.

Vielleicht sind Kaffeefahrten eher der Horizont und nicht der Nahverkehr. ?‍♂️

also was diesen Tunnel durch die Elbe angeht; das halte ich auch für Irrsinn schon als Idee; wenn man bedenkt, daß die U4 die Elbe queren wird und damit 4 U/S Bahngleise bereits die Elbsprung machen, dann scheint mir ein weiterer Tunnel (der im übrigen weit mehr als 2 Mrd. kosten wird, flüssiger als flüssig, nämlich überflüssig. (Die 4. Elbtunnelröhre kostete in den neunziger Jahren bereits 400 Millionen EURO( bzw. 900 Millionen) weil man diese auch noch privat vorfinanziert hat.) dann würde das Teil unter 6 Mrd. (in etwa die Kosten für die U5 Mitte) betragen und dann müßte man auch noch wissen wie der nördlich der Elbe an das bestehende System angeschlossen werden soll.

Das weiß man natürlich nicht, finde aber in diesem Fall, dass die “Beweislast” beim Tunnelbefürworter ist. Wenn der VCD oder Prellbock eine fundierte Verkehrsstromanalyse nebst fundierte Linienkonzept vorliegt, lasse ich mich gerne überzeugen. (Im Gegensatz zu Prellbock und anderen Schnellbahnausbaublockieren bspw. S4 und U5 bin ich für Fakten durchaus empfänglich.)

Doch, die Quell-Ziel-Verkehre kennt man im Verkehrsmodell ganz gut, inklusive möglichen Fahrgästen, die derzeit mit dem PKW pendeln. Der Bedarf ist gering. Die Leute wollen zur City und dort ggf. umsteigen. Das ist etwas komplexer als das Netz in Paint zu zeichnen und Lücken mit Strichen zu füllen.

Wieso Schnellbahnen in das bürgerliche Niendorf? Da gibt es doch die Luxuslinie M5, dadurch hat das bürgerliche Niendorf bereits jetzt den weltweit besten ÖPNV. Da brauchen definitiv keine Schnellbahnen hin gebaut werden.

Du kannst es nicht wissen, aber dort fährt bereits die U2. Wieso soll der Stadtteil dann priorisiert werden und die ärmeren Viertel ohne Anschluss nur eine Billiglösung kriegen, um Geld zu sparen?

oh mann: Das könnte wirklich Prellbock geschrieben haben:
Ausbau:Güterumgehungsbahn: Hier kann man in der Tat eine Personenquerverbindung durch einen zweigleisigen Ausbau ermöglichen. Allerdings werden Güterzüge nach 2029 über die Lübecker Linie und den Fehmarntunnel Richtung Skandinavien fahren. Welchen Sinn da der Ausbau der Verbindung Bad Oldesloe – Neumünster haben soll, weiß ich nicht, denn die Güterzüge werden eben nicht mehr über Jütland fahren.
U5: Der Planfeststellungsbeschluß für den ersten Abschnitt kommt im Herbst. Der Bau bis in die City Nord ist finanziert. Warum der VCD dies geflissentlich übersieht, weiß ich nicht. Und wieso “knappe finanzielle Mittel”? Anstatt auf Verbesserung der Umsteigebeziehungen (Rübenkamp, Stephansplatz, Hoheluft) zu drängen, wird wieder nur ein Stadtbahnkonzept rausgekramt, für das es in Hamburg (von mir aus auch leider) keine Mehrheit gibt und dessen Planungen auch ein Jahrzehnt in Anspruch nehmen würden.

Die anderen Projekte brauchen Planungszeiten von 10 Jahren und mehr und sind jenseits dessen, was die Marktanalyse 2014 beschrieben hat.

Ich finde es einfach traurig das der hamburger Süden einfach immer fernachlässig wird grade insbesondere Harburg es braucht eine zusätzliche bahnverbindung zur S-Bahn

richtig, aber das kann mit der U4 geleistet werden; was dort fehlt ist, eine Planungs- und Umsetzungsalternative und vor allem eine Streckenführung, die sowohl Kirchdorf als auch Harburg anschließt.

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