Neue Bahnstrecke im Hamburger Süden: Was sie für Pendler bedeutet

Die von der DB geplante Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover könnte den störanfälligen Regionalverkehr nach Uelzen endlich zuverlässiger machen. Auch ein Viertelstundentakt nach Lüneburg wäre möglich. Doch bis dahin werden wohl noch Jahrzehnte vergehen.
Christian Hinkelmann
Metronom-Züge in der HafenCity in Hamburg
Metronom-Züge in der HafenCity in Hamburg

Jetzt ist die Katze aus dem Sack: Die Deutsche Bahn treibt den Bau einer neuen Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Hamburg und Hannover weiterhin entschlossen voran.

Trotz massiver Widerstände aus Niedersachsen hat die DB am vergangenen Freitag das Ergebnis einer Vorplanung vorgelegt und den Ball damit an den Bund gespielt, der jetzt entscheiden muss, ob er das Projekt weiterverfolgen will oder nicht. Bundesfinanzminister Lars Klingbeil (SPD) hatte den Bau bislang abgelehnt. Die neue Strecke soll durch seinen Heimatwahlkreis im niedersächsischen Heidekreis führen.

Aus Sicht der Deutschen Bahn ist die neue Strecke alternativlos. Nur damit ließe sich der prognostizierte Mehrverkehr erfüllen. Aktuell gehört die bestehende Strecke mit einer Auslastung von 147 Prozent laut DB zu den überfülltesten und unpünktlichsten Bahnverbindungen in ganz Deutschland. Auf dem höchstbelasteten Abschnitt zwischen Lüneburg und Uelzen können täglich bis zu 185 Züge stabil fahren. Nach der geplanten Generalsanierung im Jahr 2029 ließe sich die Zahl auf 200 Zugfahrten erhöhen.

Die Prognosen des Bundes gehen von deutlich mehr aus. Der geplante Deutschlandtakt wird mehr Fernverkehr bringen, der Güterverkehr soll bis 2040 um 35 Prozent zunehmen. Und das Land Niedersachsen will den Nahverkehr bis in die 2040er-Jahre sogar verdoppeln. Das alles ließe sich nur mit der zusätzlichen Neubaustrecke machen, denn mit beiden Strecken käme man zusammengerechnet auf eine Kapazität von 396 Zugfahrten täglich.

Außerdem sei eine Neubaustrecke insgesamt deutlich wirtschaftlicher, argumentiert die Bahn. Die zusätzliche Verbindung, die von Hamburg entlang der A7 über die Soltauer Heide bis nach Celle führen soll, kommt nach DB-Berechnungen auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von 1,02 und wäre damit ganz knapp wirtschaftlich. Das bedeutet: Jeder investierte Euro würde einen volkswirtschaftlichen Gewinn von 1,02 Euro bringen. Ein Ausbau der Bestandsstrecke würde der Bahn zufolge nur auf einen Nutzen-Kosten-Faktor von voraussichtlich unter 0,28 kommen. Selbst ein partieller Ausbau der alten Strecke mit einer neuen Ortsumfahrung von Lüneburg und Uelzen käme nur auf einen Faktor von 0,28.

Wie würde Hamburgs Nahverkehr davon profitieren, was sagt die Hamburger Verkehrsbehörde dazu und wie lange würde es im Idealfall dauern, bis die ersten Züge über die neue Strecke fahren könnten? NAHVERKEHR HAMBURG beantwortet die wichtigsten Fragen.

Wo die neue Strecke verlaufen soll

Insgesamt hat die Deutsche Bahn im Rahmen ihrer Vorplanung nach eigenen Angaben 29 Varianten untersucht – darunter ein Ausbau der bestehenden Strecke über Lüneburg, Uelzen und Celle bis hin zu verschiedenen komplett neuen Trassen.

Die Vorzugsvariante der DB, die insgesamt die besten Voraussetzungen erfüllt, soll südlich von Hamburg in Meckelfeld aus der bestehenden Strecke ausfädeln und dann ziemlich gradlinig über Hittfeld, Bispingen, Bergen und Hambühren Richtung Süden verlaufen. Kurz hinter Celle würde sie wieder in die Altstrecke einfädeln. Insgesamt ist die Neubaustrecke rund 110 Kilometer lang und damit rund 50 Kilometer kürzer als die bestehende Strecke.

Geplanter Verlauf der Neubaustrecke zwischen Hamburg und Hannover (pink). Grafik: Deutsche Bahn)

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

Auch interessant

S-Bahn-Zug im Hamburger Hauptbahnhof.

Hamburgs S-Bahnen werden wieder etwas unpünktlicher

Neues Liniennetz sollte S-Bahnen pünktlicher machen. Das hat anfangs auch funktioniert, doch inzwischen nehmen die Verspätungen tendenziell wieder zu. Zwei Linien fallen dabei besonders auf.

Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (v.r.), HVV-Chefin Anna-Theresa Korbutt und NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer präsentieren auf dem UITP-Kongress 2025 die Bushaltestelle der Zukunft im HVV.

Und plötzlich spricht die Bushaltestelle mit dir

Der HVV hat auf dem UITP-Mobilitätskongress einen Prototyp für eine Bushaltestelle der Zukunft präsentiert, die mit den Fahrgästen sprechen und Auskünfte erteilen kann. Man braucht dafür allerdings ein bisschen Überwindung.

4 Antworten auf „Neue Bahnstrecke im Hamburger Süden: Was sie für Pendler bedeutet“

Es wird allerhöchste Zeit den überdimensionierten Verwaltungswasserkopf der DB einzudampfen, der solche unrealistischen Projekte planerisch vorantreibt. Richtig wird in dem Artikel herausgearbeitet, dass mit einer Inbetriebnahme dieser Neubaustrecke voraussichtlich erst 2050 gerechnet werden kann. Die Befürworter der Strecke übesehen geflissentlich, dass diese erst in Meckelfeld beginnt, d.h. der Enpass von Hamburg Hauptbahnhof bis dorthin bringt die meisten Fahrzeitverzögerungen. Ebenso unsinnig ist die Mischung von Güterverkehr mit max. 120 km/h und HGV-ICEs, die 300 km/h fahren müssen, um die Deutschlandtakt konforme Kantenfahrzeit von 59 Minuten zwischen Hamburg und Hannover zu erzeugen. Zusätzliche Regionalverkehrshalte auf dieser Strecke mindern die Streckenleistungsfähigkeit zusätzlich. Zudem brächte ein viergleisiger Ausbau der Bestandstrecke, der a) abschnittsweise erfolgen kann viel früher eine Entlastung und b) weiß jeder Eisenbahner, dass eine viergleisige Strecke mit entsprechenden Überleitstellen 250% der Kapazität hat, wie zwei nicht miteinander verbundene zweigleisige Strecken. Von den Kosten eines Komplettneubaus ganz zu schweigen. In wohlverstandenem politischen Auftrag hat die DB dann auch noch die NKV für die Erweiterung der Bestandsstrecke klein gerechnet. Sollte das NKV für die Neubaustrecke nur bei 1,02 liegen, dann reicht die kleinste Kostensteigerung (und jeder weiß seit Stuttgart 21, wie die bei der DB ausfallen) aus, die Strecke in die Unwirtschaftlichkeit zu treiben. Es wird langsam höchste Zeit, dass der Eigentümer Bund das egoistische Eigenleben der DB beendet. Mit Gemeinwohlverpflichtung hat die das beständige Ignorieren der politischen Meinungen vor Ort nichts, aber auch nichts, zu tun.

c) weiß jeder Interessierte Laie, dass von einem viergleisigen Vollausbau keine Rede ist, sondern maximal 3 Gleisen bis Celle.
d) weiß jeder, dass auch eine Viergleisige Strecke komplett gesperrt wird, wenn Personen im Gleis sind, mal was entgleist, ein Kabel brennt oder oder oder…

Es wundert mich, wie unhinterfragt der Protest aus Seevetal so 1:1 übernommen wird, ohne dagegen zu stellen, dass in 15 Jahre niemand eine Idee hatte, wie die nötige Kapazität auf der Bestandsstrecke geschafft werden soll. Schließlich bauen die Skandinavier der Tunnel nach Fehmarn und der Hamburger Hafen rechtfertigt sich nur über den Bahnanschluss. Von dort werden regelmäßig Güterzüge abgeleht, d.h. müssen per LKW gefahren werden, weil es keine Kapazität auf der Bahn gibt.

Gustav Richard, den ich ansonsten für nur schwer erträglich halte, hat dazu auf you tube einige ganz gute Videos erstellt schon vor Jahren. Die vor allem von den Nimbys favourisierte Alpha E Lösung würde auf Generationen den Abschnitt Hamburg- Hannover zu einem Bottleneck im Europäischen Eisenbahnsystem machen. Wo man vielleicht Kompromisse bei den weiteren Planungen machen könnte, ist, dass man größere Abschnitte der Neubaustrecke in einen Tunnel verlegt. Aber: Diese Neubaustrecke muss kommen.

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert