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Nimmt es Hamburg hier mit der Verkehrswende nicht so genau?

Gern wirbt Hamburgs grüner Verkehrssenator Anjes Tjarks für eine Umverteilung des Straßenraums. Doch abseits von einigen Vorzeigestraßen bleibt die Stadt beim Straßenneubau manchmal weit hinter dem zurück, was möglich wäre. Ein aktuelles Beispiel.
Christian Hinkelmann
Breite Autopisten und schmale Fahrradspuren: Bei diesem Straßenneubau in Ottensen scheint die Verkehrswende weit weg.
Breite Autopisten und schmale Fahrradspuren: Bei diesem Straßenneubau in Ottensen scheint die Verkehrswende weit weg.
Foto: Christian Hinkelmann

Vor gut einem Monat hat Hamburgs Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) mit großem Stolz den breitesten Radfahrstreifen der Stadt eröffnet. Bis zu 4,75 Meter misst die neue Spur am Ballindamm unweit des Rathauses (siehe hier). „Historisch“ nannte der Senator die neue Piste (siehe hier).

Doch abseits dieser Verkehrswende-Vorzeigemeile an der Alster sieht die Realität für Radfahrerinnen und Radfahrer oft düsterer aus – auch bei ganz neu umgebauten Straßen. Ein aktuelles Beispiel ist die Bahrenfelder Straße in Altona. Dort wird seit dem vergangenen Sommer rund um den künftigen S-Bahnhof Ottensen (Einzelheiten hier) ein 250 Meter langes Teilstück der Straße komplett neu angelegt.

Theoretisch hätte die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende diesen Totalumbau gleich dafür nutzen können, die Verkehrsflächen großzügig umzuordnen: Viel mehr Platz für den Radverkehr, zügigeres Durchkommen für HVV-Busse und weniger Raum für den Autoverkehr der dort mit täglich 17.300 Fahrzeugen unterwegs ist. Mobilitätswende eben.

Und tatsächlich kündigte der für den Umbau verantwortliche Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG) vor einigen Wochen in einem Anwohner-Flyer auch an, dass von dem Umbau der Bahrenfelder Straße vor allem der Bus- und Fahrradverkehr profitieren würden (siehe hier).

Doch das, was der Senat dort gerade in den Boden betonieren und asphaltieren lässt, lässt Beobachter der Baustelle zweifeln, wie ernst es den Verantwortlichen mit der Verkehrswende wirklich ist – denn wie sich jetzt nach Freigabe des ersten umgebauten Abschnitts zeigt, haben sich die Flächen für den Autoverkehr bei der Straßensanierung kaum verkleinert – im Gegenteil: Alle bisherigen Fahr- und Abbiegespuren sind (etwas schmaler) erhalten geblieben und die Zahl der Parkplätze am Straßenrand soll nach dem vollständigen Umbau sogar um einen Platz zunehmen.

Radspuren sind nur bis zu 1,47 Meter schmal

Der Radverkehr, der vorher über baufällige schmale Pisten auf dem Bürgersteig geführt wurde, hat nun zwar eigene Radfahrstreifen und Schutzstreifen auf der Fahrbahn bekommen – allerdings sind diese auf weiten Strecken nur 1,50 Meter schmal, wie ein Blick in die Baupläne verrät. In der Realität sind es sogar teilweise nur 1,47 Meter, wie Nachmessungen von NAHVERKEHR HAM…

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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8 Antworten auf „Nimmt es Hamburg hier mit der Verkehrswende nicht so genau?“

Der Bericht und die Bilder können noch nicht einmal vollständig wiedergeben, wie unfassbar dämlich der dortige Umbau tatsächlich ist. So wie dort gebaut wird nützt das Niemandem. Eher noch sind das Hindernisse, für ALLE Verkehrsteilnehmer, die dort installiert werden.
„Dafür gibt es mehr Fahrradbügel“: klingt eher wie Satire, wenn man dann die Zahl liest. Dort ist dicht bebautes Wohngebiet!

Vielen Dank Nahverkehr für diese Story. Die könnte seitenweise mit weiteren Beispielen ergänzt werden:
Bleickenallee, Hohenzollernring, Keplerstraße, Eulenstraße. Ein Eldorado für die Betonindustrie. Und in der Bleickenallee ist jetzt der Fahrradstreifen in einer alten 30er Zone um 0,60 cm breiter geworden. Dafür wurden Millionen € gebuddelt und es lagen auch kurz die alten Straßenbahnschienen frei.
Und das wird weiter so gehen. Max-Brauer, Elbchaussee etc.
Bestandsfahrradweg vergammeln derweil und hier ist die Crux.
Mit Sanierung ist anscheinend für den lachenden Verkehrssenator kein Blumentopf zu bekommen.
Die Stadt braucht bestimmt 1 Milliarde €, um die jetzigen Fahrradwege zu sanieren, zu verbessern und auch etwas einheitlicher zu kennzeichnen und dabei auch Unfallgefährdungsstellen abzuschaffen.
z.B. die Reeperbahn mit sicheren Fahrrad-Popupstreifen zu versehen.
Last but not least: Hamburg muss umfassender seine Straßen auf 30 KM begrenzen.
Was Frankreich seit Jahren vormacht:
https://de.30kmh.eu/warum-30-kmh/trendsetter-staedte-fuer-30-kmh/fr-trendsetter-staedte-fuer-30-kmh-in-frankreich/

Blödsinn oder nicht: der Mann ist schliesslich der Senator und heute gab es ja auch die Meldung das der Bau der U Bahn nach Lohbrügge nach Bergedorf vor 2035 nicht in Angriff genommen werden soll (und damit keine Fertigstellung vor 2050); Auch hier hat die Fachbehörde der er ja vorsteht geblockt gegen das einstimmige Votum des Bezirkes. Dieser grüne Verkehrssenator ist ein einziger Flop und das wußten die Autofahrersozen auch, denn sonst hätte man den Grünen nie die Verkehrsbehörde überlassen.

Naja. Der Name Verkehrsbehörde ist ja mehr symbolisch.

Die Autobahnen wandern vom LSBG (heute Teil der BVM) zur neuen Bundes-GmbH. Straßenverkehrsbehörde (Verkehrssicherheit, Tempolimits, …) bleibt fast komplett bei der Polizei bzw. Innenbehörde, die auch verkehrsrelevante Zuständigkeiten vom LBV erhielt. Flughafen und Hafen sind trotz ihrer verkehrlichen Bedeutung (und dem Wunsch der Grünen, sie zu beschränken) bei der BWI geblieben, die zugleich Planfeststellungsbehörde für Straßenvorhaben bleibt. Für die Mehrheit der Straßen-km sind wiederum nach wie vor die Bezirke zuständig.

Daher ist es nicht überraschend, dass die Grünen nun jede neue Fahrbahnmarkierung für Radverkehrsanlagen inszenieren wollen. Die ÖPNV-Projekte sind ja alle von der SPD initiiert und Forderungen, die die Grünen im Wahlkampf haben, sind alle eingestampft worden. Folglich bleibt Tjarks nicht viel mehr über.

Ich denke das liegt an der alten Vorgaben der Behördenspitze – man war theoretisch für mehr Busse und Radverkehr aber es gab den Grundsatz aber den Autos darf kein Zentimeter weggenommen werden. So war das seit 2001, und in den letzten 20 Jahren wureden Leute befördert die dass machten und nicht solche die verstanden worauf es bei Radwegen und Busspuren und Haltestellen wirklich ankommt.

Sowas kann ein Senator ändern, aber schnell geht sowas nicht. Schnell ändern kann der Senator nur wenige Projekt wo er direkt in die Planung eingreifen kann. Um alle anderen Projekte zu ändern müssen neue Planungsrichtlinien erlassen werden, und dann dafür gesorgt werden dass diese auch umgesetzt werden – und sowas dauert halt. Und die Planung für diese Straße wurde doch schon lange vor Tjarks angestoßen.

Die Idee dass der neue Verkehrssenator genau weitermacht wie parteilosen bzw. Schillianischen Autofreunde (oder gar von der eigenen Partei abgesägt wird) ist nun wirklich totaler Blödsinn.

Links blinken und echts abbiegen, diese Hausnummer kannte man bisher von SPD-Politikern. Der neue Vekehrssenator fügt sich aber nahtlos in das Schema ein. Die pressewirksame Eröffnung von Pop-up Bikelines dort, wo andere Städte schon längst ordentliche Radwege geschaffen hätten, soll davon ablenken, dass der gleiche Senator gleichzeitig andere Vekehrsprojekte, wie den Ausbau der Stresemannstraße auf 4 Fahrspuren unter der Sternbrücke (was die Monsterbrückenkonstruktion erofrderlich macht) als Beitrag zur Mobilitätswende sogar ausdrücklich begrüßen. Das ist keine Wende zu mehr Rad und Fußverkehr, sondern eine Rolle rückwärts ins Steinzeitalter der autogerechten Stadt.

Vielleicht sollte man beim LSBG mal einige Köpfe austauschen. Bei Besprechungen im Rahmen von Beteiligungen hat man den Eindruck, als wüssten die gar nicht, was die Bürgerschaft beschließt und was Pariser Klimaziele für Hamburg bedeuten. Hier ist vor allem der neue Staatsrat gefordert – er muss durchgereifen…

Tja das einzig Positive an dieser Geschichte ist, daß der dauergrinsende Verkehrssenator hoffentlich alsbald von seiner eigenen Partei abgesägt wird. Und politisch wird die Autofahrerpartei SPD im politischen Abseits landen, wenn sie nicht endlich die Auto Weltstadt Hamburg auf andere Verkehrsmedien umlenkt. Der Bau von U Bahnstrecken nützt da nur am Rande, wenn große Teile der Stadt mit dem Fahrrad nur mit Gefahr für Leib und leben benutzt werden können.

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