Rahlstedter bekennen sich zum Bau der S4

Mehr als zwei Stunden lang wurde leidenschaftlich diskutiert – am Ende war große Zustimmung im Saal spürbar. Mehr als 180 Bürger hatten sich gestern Abend im Rahlstedter Gymnasium über die aktuellen Pläne einer S-Bahn nach Bad Oldesloe (S4) informiert. Großes Thema war der Lärmschutz.
Christian Hinkelmann
S4-Sonderfahrt im Hamburger Hauptbahnhof
Sonderfahrt auf geplanter Linie S4 im Herbst 2011 im Hamburger Hauptbahnhof

„Wir haben die historische Chance, nach Jahrzehnten endlich einen modernen Nahverkehrsanschluss zu bekommen. Lasst sie uns nutzen, anstatt die S4 hier mit einzelnen Bedenken zu zerreden“. Lauter Applaus.

Mit leidenschaftlichen und teils packenden Plädoyers diskutierten gestern Abend mehr als 180 Bürger in der randvollen Aula des Gymnasiums Rahlstedt über die aktuellen Pläne einer neuen S-Bahnlinie nach Bad Oldesloe (S4). Überwogen zu Beginn noch die Bedenken, drehte sich die Stimmung im Laufe des Abends zunehmend ins Positive.

Beherrschendes Thema der Veranstaltung waren Lärmschutz und Güterverkehr auf der Bahntrasse nach Bad Oldesloe, die im Hamburger Raum um zwei zusätzliche S-Bahn-Gleise erweitert werden soll.

Einzelne Anwohner befürchteten, dass mit dem Bau neuer Schienen Platz für mehr Güterverkehr auf der Strecke entstehen würde. Damit verbaue man sich die Möglichkeit, die Zahl der Güterzüge auf der Strecke zu senken, bzw. auf Alternativrouten – zum Beispiel über Büchen – umzuleiten.

„Ja, es wird in Zukunft mehr Güterverkehr auf dieser Strecke geben“, räumte der Vertreter der Hamburger Wirtschaftsbehörde, Raimund Brodehl, ein, allerdings werde dies völlig unabhängig von der S4 sowieso passieren. Die Bahnstrecke von Hamburg nach Lübeck sei zusammen mit der geplanten Festen Fehmarnbeltquerung Teil des Transeuropäischen Verkehrsnetzes (TEN) und damit eine künftige Hauptschlagader für den Bahnverkehr zwischen Schweden und Italien. Gegen diese EU-Pläne könne Hamburg nichts machen. Allerdings …

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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2 Antworten auf „Rahlstedter bekennen sich zum Bau der S4“

Tja, wer die Informations- und „Diskussions“veranstaltungen z.B. zum Abriss des historischen Rahlstedter Bahnhofs miterlebt hat, der wird sich an die Instrumentalisierung des „Rahlstedters“ oder gar des „alteingesessenen Rahlstedters“ erinnern, dessen jedes Argument ersetzende Meinung man zu artikulieren vorgibt. Der „Rahlstedter“ ist begeistert vom neuen Schmuckstück „Rahlstedt Arcaden“, während aus Reihen der auf die R10 wartenden Pendler — alles Nicht-Rahlstedter — „IKEA Hochregal“ eine eher freundliche Bezeichnung für das entstehende Kleinod ist.

Jetzt also die S-Bahn: Klar möchte der Rahlstedter drei Minuten länger die Strecke in häufiger haltenden Zügen mit winterlichen Kalt-Warm-Wechseln genießen. Da Obergeschoß fehlen wird, kommen auch die schönen neuen Lärmschutzwände in der S-Bahn zwangsweise voll zur Geltung. Der Wert „drei Minuten“ ist natürlich seriös berechnet und 2008 lange her: Die Älteren werden sich noch an die nach Abschluss der Elektrifizierung versprochenen Fahrtzeitverkürzungen erinnern… Und endlich wird der Rahlstedter von seinen Wahnträumen, mit einem in Rahlstedt haltenden RE wirklich schnell ins Zentrum zu kommen, final Abschied nehmen dürfen, wenn die Umgestaltung des Bahnhofs einen Halt von Fernzügen schon technisch ausschließt.

Und wenn’s denn doch 7 Minuten werden, wird der schon heute zu vielen Zielen konkurrenzfähige Weg über Farmsen konkurrenzlos, juhu.

Es ist immer wieder interessant, wie die Presse da zubeißt: Rahlstedter wollen Lärmschutz, Rahlstedter gegen 4. Gleis, Rahlstedter gegen S-Bahn und jetzt Rahlstedter für die S-Bahn. Nur mal zur Info, Rahlstedt besteht auch aus 80 000 Einwohnern, da kommen viele Meinungen zusammen und nicht alle sind sich einig, wie in den Überschriften immer steht. Vielmehr schaffen es einzelne Personen „die Rahlstedter“ unisono zu missbrauchen – für eigene und z.T. egoistische Zwecke, z.B. Wahlkampf in der Ortsgruppe. Oder auch zur Wertsteigerung der Grundstücke auf Kosten der Steuerzahler an einer seit 160 Jahren bestehenden Eisenbahnstrecke – wobei die Belastung seit den 80ern eher gesunken ist – keine Güterzüge nach Skandinavien, Güterzug-Shuttle nach Lübeck eingestellt, keine Güterzüge in die DDR, so gut wie keine Dieselloks und bei den verbliebenen Zügen immer mehr lärmgeminderte Wagen. Da kommt es doch gut, dass das ungenutzte und mit Gartenmüll befrachtete Grundstücksende jetzt zum höchstmöglichen Preis verkauft werden kann. Und mal sehen, wodurch der Preis jetzt noch gesteigert werden kann. Denn die Idee der S-Bahn ist ja Jahrzehnte alt, man muss jetzt nur noch zuschlagen…

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