Jahrelang wurde das Bahnangebot in Hamburg und Umland immer weiter verbessert, doch jetzt kommt scheinbar die Rolle rückwärts – und das betrifft vor allem S-Bahn-Fahrgäste im Hamburger Norden: Ab Dezember sollen die Züge der S3 deutlich seltener nach Pinneberg fahren als bisher.
Das berichtete am Dienstag das Hamburger Abendblatt und berief sich dabei auf Verkehrs-Staatssekretär Tobias von der Heide (CDU) aus dem Kieler Wirtschaftsministerium. Demnach macht das nördlichste Bundesland jetzt seine Spar-Drohungen offenbar wahr.
Konkret soll die S3 ab dem nächsten Fahrplanwechsel montags bis freitags nach 20 Uhr nur noch alle 20 Minuten (statt alle zehn Minuten) zwischen Elbgaustraße und Pinneberg fahren. Samstags soll der Zehn-Minuten-Takt bereits um 15 Uhr enden…
13 Antworten auf „Schleswig-Holstein: Einschnitte bei der S-Bahn trotz Finanzreserven?“
Auch im ÖPNV sollten Angebot und Nachfrage eine wichtige Rolle spielen. Wenn also der Takt der genannten Linien in den Randzeiten verlängert wird, hat das vielleicht auch mit der fehlenden Auslastung des kürzeren Taktes zu tun? Da würden mich Zahlen interessieren. Auch im ÖPNV kann der Euro nur einmal ausgegeben werden. Vielleicht investiert SH die eingesparten € ja in die Stadtbahn Kiel oder andere Projekte.
Der Takt nach Pinneberg ist auch nach den Kürzungen immer noch deutlich besser als vor ca. 10 Jahren, damals fuhren S21 und S3 ab Sonnabendnachmittag und den ganzen Sonntag auch bis Elbgaustraße – auch im inneren Stadtbereich – nur im 20-Minutentakt.
Die Taktverdichtungen im inneren Stadtbereich sind richtig und sollten nicht in Frage gestellt werden, aber außerhalb der Stadt ist ein 20-Minuten-Takt schon ein gutes Angebot.
Und ein 10-Minuten-Takt in das winzige Aumühle wirkt auch etwas viel im Vergleich zum deutlich größeren Bargteheide, das nur einen 20-Minuten-Takt erhalten soll.
Faustregel: der Taktabstand sollte nicht größer als die Fahrzeit sein.
Also bitte bei aller Aufregung auch die Kirche im Dorf lassen.
Gut, wo aber dichter ÖPNV objektiv Sinn ergibt und was zum „Inneren Stadtbereich“ gehört, ist auch Interpretationssache. Man könnte die Landesgrenze zur Hilfe nehmen. Jedoch haben Sie auch die Einwohnerzahl (oder die Größe eines Ortes) mit ins Spiel gebracht. Blankenese beispielsweise wird bei 13.000 Einwohnern eher am Rande der Stadt fast dauerhaft mit einem 10-Min-Takt versorgt. Das wird eigentlich nicht hinterfragt. Nur wenige Kilometer weiter westlich wurde Wedel außerhalb der Stadtgrenze, aber innerhalb des Ballungsgebietes mit über 30.000 Einwohnern bis vor wenigen Jahren nur in der absoluten Hauptverkehrszeit im 10-Min-Takt bedient. Das, obwohl Hamburg und Wedel sehr stark miteinander vernetzt sind und Wedel ein recht großer Stadtteil von Hamburg wäre, wenn man die Grenzen ein bisschen verschieben würde. Die tiefere Logik dahinter ist wohl nur die Frage, wer die Rechnung zahlt und weniger, wo ein dichter Takt „Sinn ergibt“.
Die genannte Faustformel finde ich interessant, macht sie theoretisch ein Problem deutlich. Das Angebot wird dann bei einem 20-Min-Takt für alle weniger attraktiv, die eher kürzere Strecken fahren. Und da statistisch gesehen die durchschnittlichen Wege in der Metropolregion unter 15 km lang sind, betrifft dies potenziell sehr viele Fahrgäste. Also die Fahrt von Aumühle oder Reinbek nach Bergedorf oder von Wedel nach Rissen oder Blankenese oder halt von Pinneberg bis fast bis nach Altona. Vielfach auf Strecken, wo der ÖPNV sowieso oft ein schlechtes Bild dem MIV gegenüber abgibt. Deswegen ist es aus meiner Sicht wichtig, in der gesamten Agglomeration das Angebot hochzuhalten und damit Nachfrage bei Leuten zu verlagern, die sonst nur mit dem Auto fahren würden. (dass man Verkehre damit komplett vermeidet, trifft nur bei Personen zu, die wirklich auf den ÖPNV angewiesen sind). Ein Ausdünnen des Takts vordergründig aus finanziellen Gründen ist deshalb kein gutes Zeichen.
Jetzt muss erst einmal die Verkehrsachse Bad Oldesloe – Ahrensburg – Hamburg nachgeholt werden. (siehe nebenan, Thema „Besitzstandswahrung“)
„Und ein 10-Minuten-Takt in das winzige Aumühle wirkt auch etwas viel im Vergleich zum deutlich größeren Bargteheide, das nur einen 20-Minuten-Takt erhalten soll.“
Das ist genau eines der Probleme bei uns: Die Besitzstandswahrung von Leuten, die durch etwas Glück (z.B. S-Bahn-Bau vor vielen Jahrzehnten oder U-Bahn-Erschließung mit dichtem Takt) eine optimale ÖPNV-Anbindung erhalten haben und davon nichts abgeben möchten für andere Menschen, bei denen eine entsprechende ÖPNV-Versorgung nachgeholt werden muss. Diese (S4, S6 Osdorf) müssen sowieso schon auf Bequemlichkeiten der „Besitzstandswahrenden“ (z.B. selbstverständlicher 5-Minuten-Takt) von vornherein verzichten (außer, man baut noch eine dritte Stammstrecke in der Innenstadt, oder man digitalisiert konsequent).
Da ist es dann leicht, auf die „ÖPNV-Unterversorgten“ zu zeigen, wenn man selbst absolut kein Auto braucht. Es gibt auch nicht überall „Heimathafen Altona/Eimsbüttel/Schanze/St.Pauli/…“-Lastenräder zu mieten. Z.B. nicht bei mir.
Ist ja nett, wenn die Länder immer nach dem Bund rufen, man darf aber nicht vergessen, wie die Steuerverteilung so aussieht. Die Länder bekommen mehr vom Kuchen als der Bund.
Nach der Steuerverteilung blieben dem Bund 356,0 Milliarden Euro Steuereinnahmen (+5,6 %), den Ländern 382,6 Milliarden Euro (–0,5 %) und den Gemeinden 143,7 Milliarden Euro (+7,2 %). An die Europäische Union wurden von den Steuereinnahmen 35,4 Milliarden Euro (–8,2 %) abgeführt. Quelle: https://www.destatis.de/DE/Themen/Staat/Steuern/Steuereinnahmen/steuereinnahmen.html#:~:text=Nach%20der%20Steuerverteilung%20blieben%20dem,%E2%80%938%2C2%20%25)%20abgef%C3%BChrt.
Das sind natürlich große Summen und ich will jetzt SH auch gar nicht in Schutz nehmen, aber wie sind die Verpflichtungen und Aufgaben verteilt? Wie viel muss die kommunale Ebene und die Landesebene dem Gegenüber zur Daseinsvorsorge beitragen?
Wollen wir mal die Kirche im Dorf lassen! Es geht hier nicht um Streckenstilllegungen, sondern nur um eine Reduzierung des Taktes von 10 auf 20 Minuten zu den Randzeiten. Ich lebe seit Jahrzehnten mit einem 20-Minuten-Takt, und ich lebe gut damit. (Der Bus fährt hier übrigens nur stündlich.) Ich denke nicht, dass die S-Bahnzüge nun aus allen Nähten platzen werden. Aber jede eingesparte Zugfahrt führt zu einem geringeren CO2-Ausstoß – also ökologisch sinnvoll!
Naja, abgesehen davon, dass es hier die Kapazitäten um 50% reduziert werden, sinkt dadurch ja auch die Attraktivität des Angebots. Klar kommen Leute irgendwo auch mit Busverkehr im 2h Takt klar. Aber komfortabel ist das nicht.
Allgemein halte ich das politisch für ein schlechtes Signal, weil es die Politik lächerlich macht und zeigt, dass man sich auf die Versprechen zum ÖPNV-Ausbau nicht verlassen kann.
Ich nehme an, Sie haben vor Jahren das Auto zu Gunsten von Rad und Bus abgegeben?
Neu Wulmstorf – natürlich in der SPD – und Fräulein Tochter frönen immer noch dem Blecheimertum (=Auto haben und Auto fahren). Wenn man den 10 Minuten Takt nach Pinneberg einschränkt, dann bitte konsequent sein und den dritten Fahrstreifen auf der A7 in beiden Richtungen sperren. Solange die Deutsche Gesellschaft dem Auto nachhechelt wie der Raucher der Zigarette, solange werden wir leider diese Diskussionen haben.
Was SH mit einer grünen Beteiligung – hat man von denen eigentlich was zu dem Thema gehört? – sich hier erlaubt, ist ein einziger Skandal. Das ist natürlich auch ein Affront an zukünftigen Generationen, die nämlich mit diesen unsinnigen und ökologisch zerstörerischen Automobilstaat „beglückt“ werden. Hamburg kürzt nicht, sondern baut aus. (Sicherlich kann man über einzelne Maßnahmen anderer Meinung sein), aber immerhin. Wenn man weiß, daß über 70% der Leute in HH der Meinung sind, daß der Autoverkehr zu hoch ist, dann sagt das mehr über die Vernunft aus als das ewig gestrige „Ich will aber meinen Blecheimer behalten“ Gerede einiger Weniger.
Das sind eben die Luxusdiskussionen in Hamburg und Umland. Was wird im Pufferkü… Fanforum immer herumgejammert, wenn mal der 5-Minuten-Takt auf der S1 oder S2 ausfällt! Da bricht dann immer gleich die ganze Welt zusammen, und die S-Bahn GmbH ist sowieso … usw. . Oft sind das die selben Leute, die keinerlei Verständnis für die Belange der Leute haben, die gern endlich die S4 im 10-Minuten-Takt (Tagesrand vermutlich auch nur 20-Minuten-Takt) haben möchten.
Übrigens, was meine Prophezeiungen betrifft, hat sich noch eine bestätigt: Es wird wohl wirklich jeder Fahrleitungsmast auf der AKN „begrüßt“ werden. Jetzt wurden zu dem bereits aufgestellten „Promotionmast“ noch die nächsten sechs auf einem Tieflader ausgezählt. (Den „Promotionmast“ 2006 in Bad Oldesloe hatte übrigens niemanden interessiert.)
Und in der HN&HB gibt es in jeder Ausgabe Berichte zum Baugeschehen bis ins kleinste Detail. Vermutlich wird das den Fans aber auch nicht reichen.
Über nur 10% Interesse davon für die S4 würde ich schon sehr freuen. Bloß für die interessiert sich wie immer niemand.
Recht spannende Zahlen! Jetzt macht sich SLH für 50 Mio. Euro in die Hose, gibt aber gelchzeitig fast 700 Mio. Euro für die Ansiedlung der Batteriefabrik NrothVolt aus. Da stellt sich glatt die Frage: Was schadet der Verkehrswende mehr und befeuert den Klimawandel: die Reduzierung des ÖPNV-Angebotes oder die Subventionierung einer Batteriefabrik (zudem ohne brauchbaren Bahnanschluss!!!) für eine umstrittene E-Mobilität, die ohne hohe Subventionen nicht so recht voran kommt? Jetzt wird es langsam Zeit, dass die Grünen in Schleswig-Hosltein dem unseligen Treiben von Herrn Madsen ein Ende setzen in dem sie zu ihren Zielen stehen und aus der Regierung austreten!