Es ist wieder passiert! Schon wieder ist ein Fahrradfahrer in Hamburg getötet worden. Schon wieder von einem abbiegenden Lastwagen. Der insgesamt siebte Verkehrstote in Hamburg allein in diesem Quartal.
Der Unfall passierte an der Ecke Holstenkamp/Große Bahnstraße in Hamburg-Stellingen – nur anderthalb Kilometer Luftlinie von der Osterstraße entfernt, wo vor knapp einem Jahr eine Mutter auf ihrem Fahrrad von einem abbiegenden LKW zu Tode gefahren wurde (siehe hier).
Nach ersten Erkenntnissen der Polizei befuhr ein 37-Jähriger mit seinem 26-Tonnen-Lastwagen den Holstenkamp in Richtung Eimsbüttler Markt. Zeitgleich befuhr ein 48-Jähriger mit seinem Fahrrad parallel zum Lkw den dortigen Radweg.
Radfahrer verstarb noch am Unfallort
Beim Abbiegen nach rechts in die Große Bahnstraße erfasste der Lkw den Radfahrer, welcher schwerste Verletzungen erlitt. Der 48-Jährige verstarb noch während der notärztlichen Erstversorgung am Unfallort.
Zur Unfallrekonstruktion wurde ein Sachverständiger hinzugezogen und ein 3D-Laserscanner eingesetzt.
Der 37-jährige Lkw-Fahrer erlitt einen Schock, wurde medizinisch erstversorgt und im Anschluss durch das Kriseninterventionsteam des Deutschen Roten Kreuzes seelsorgerisch betreut.
Fahrradweg befindet sich am Unfallort auf dem Bürgersteig
Am Unfallort befindet sich der Fahrradweg, auf dem das Opfer fuhr, auf dem Bürgersteig. Radfahrstreifen auf der Fahrbahn sind dort nicht vorhanden.
Gestern Abend versamm…
15 Antworten auf „Schon wieder: Abbiegender Lastwagen tötet Radfahrer in Hamburg“
Das mutmaßende Victim Blaming einiger (hier und andernorts) ist schon ekelhaft, wie auch teilweise das Rechtsverständnis (So wie gestern wieder einer der Kfz-Fahrer, der mich Radfahrer darauf hinwies (beschimpfte trifft es besser), er könne mich ja gefährdend eng überholen. Ich sei ja für meine Gefährdung selbst verantwortlich. Fahre ich doch auf der Straße (Tempo 30 Zone) und nicht auf dem (nicht benutzungspflichtigen, stellenweise unbenutzbaren und dann im Nichts endenden) Radweg. Ich frage mich immer, wie solche Leute mit einem solchem Horizont und einem solchen Desinteresse für die Belange anderer durch den Tag kommen, geschweige denn durch ihr Leben …
Ich finde es schon erschreckend, dass Radfahrenden auch hier in den Kommentaren eine Mitschuld an den tödlichen Unfällen gegeben wird. Selbstverständlich muss jede_r auch mit Fehlern der anderen Verkehrsteilnehmer_innen rechnen, die Verantwortung niemanden umzufahren, niemanden zu gefährden, niemanden zu töten, liegt in diesem Fall aber einzig und allein bei dem Lastwagenfahrer und evtl. der Politik, die tote Radfahrer_innen billigend in Kauf nimmt obwohl alle Fachleute seit Jahren ein Umdenken fordern. Ich kann den Menschen in Hamburg nur raten, die Bezirkswahlen im Mai Ernst zu nehmen, zur Wahl zu gehen und sich dort für eine Partei zu entscheiden, die moderne Verkehrs- und Radfahrpolitik ernst nimmt und kompetent in den Bezirken auch umsetzt. Von NahverkehrHAMBURG würde ich mir diesbezüglich ein Wahlspecial wünschen.
Das einzige was helfen würde, wäre ein Verbot in geschlossenen Ortschaften rechts zu überholen. Denn genau das machen Radfahrer an jeder Kreuzung. Nirgendwo sonst ist es erlaubt ein Fahrzeug, welches rechts abbiegen möchte auf der rechten Seite zu überholen. Ist ja auch total irrwitzig. Nur Radfahrer dürfen das an Kreuzungen, dass es dabei zu Konflikten kommt ist völlig normal.
Wie mein Vorredner bereits schrieb: nur durch Installation von zusätzlichen Ampeln entweder für die Rechtsabbieger, die nur dann grün zeigen, wenn die geradeaus fahrenden Radfahrer rot haben, ist das Problem nicht zu lösen. An Kreuzungen, an denen es keine separate Rechtsabbiegerspur gibt, wird dies aber unweigerlich zu großen Behinderungen führen.
Eine Sache, die ich (der selbst mit dem Rad zur Arbeit fährt) aber nie verstehen werde ist, wie sich Radfahrer immer wieder in diese gefährliche Situation bringen können. Auch, wenn ich Vorfahrt habe, schaue ich dennoch über die Schulter, um zu kontrollieren, ob die rechtsabbiegenden Fahrzeuge mich sehen. Hier blind auf sein Vorrecht zu pochen, obwohl man so viel schwächer ist im Straßenverkehr, ist mir völlig unverständlich.
Ich glaube nicht, dass der getötete Radfahrer auf sein Recht „gepocht“ hat — wenn er sich das zur Angewohnheit gemacht hätte, wäre er niemals bis zur Kreuzung gekommen, sondern lange vorher von einem unachtsamen Rechtsabbieger überfahren worden. Er wird genau wie alle anderen Radfahrer regelmäßig auf seine Vorfahrt verzichtet und regelmäßig angesichts abbiegender Lastkraftwagen angehalten haben, nur dieses eine Mal hat es eben nicht geklappt.
So etwas passiert.
„Das einzige, was helfen würde, wäre ein Verbot“?! Was für eine hahnebüchene Aussage. Wer soetwas ernsthaft vorschlägt, hat noch nie genau hingesehen und verstanden, wie der Mensch tickt.
Tut mir Leid, ich check es einfach nicht, wie sowas immer wieder passieren kann. Wenn ich als Radfahrer an einer Ampel auf Grün warte, muss ich doch irgendwie mitkriegen, wenn sich neben mir ein Brummi aufbaut oder schon aufgebaut hat. Vielleicht erkenn ich sogar, das er den Blinker anhat. Ich kann doch nicht einfach losfahren mit dem Gedanken, ich hab jetzt Grün, der muss schon warten! Es ist doch meine eigene Sicherheit, mein Leben. Kommt denn wirklich kein Radfahrer auf den Gedanken, der hat mich vielleicht gar nicht gesehen?
Schau dir doch bitte erst einmal die Kreuzung an, bevor du den Unfall kommentierst. Ich habe hier ein paar Fotos hochgeladen: https://sqi.be/01ihv
Wenn beide bei rotem Licht an der Kreuzung gewartet haben, befand sich der Radfahrer fünf Meter diagonal rechts vor dem Lastkraftwagen-Fahrer, da weiß ich beim besten Willen nicht, wie sich beim Umschalten auf grün eine Gefahrensituation ergeben soll.
Ich vermute, dass die Ampel bereits grünes Licht zeigte, der Radfahrer am stockenden Verkehr vorbeigefahren ist, sich eine ganze Weile parallel im Außenspiegel des Lastkraftwagens präsentiert hat. Dann macht die Radverkehrsführung diesen unsinnigen Schlenker nach rechts, der es abbiegenden Kraftfahrern auch mit Schulterblick schier unmöglich macht, vorfahrtsberechtigte Radfahrer und Fußgänger zu erkennen. Das ist einfach ein längst überholtes, aber brandgefährliches Kreuzungsdesign — das dann dem Radfahrer zum Verhängnis wurde.
Ich frage mich immer wieder, warum die Radfahrer den LKW übersehen haben? Ja, er hatte alle Rechte dieser Welt an der Stelle zu sein. Nein, er hat keine Schuld, überhaupt nicht. Aber wenn ich Fahrrad (oder auch Auto) fahre rechne ich immer mit den Fehlern anderer und versuche mich defensiv zu verhalten. Schon rein aus Selbstschutz. Weil wenn auf meinem Grabstein steht „Aber er hatte Vorfahrt“ bringt mir das nichts mehr. Und ja ich hatte auch schon Situationen, wo mir die Vorfahrt genommen wurde, aber zum Glück war ich bisher immer bremsbereit genug um noch anzuhalten, weil ich auch die anderen Verkehrsteilnehmer beobachte.
Und ja, mir ist das auch schon passiert, dass ich jemand übersehen habe, der vorfahrtsberechtigt war. Mein Fehler, sorry.
Und bei 29 Toten im ganzen letzten Jahr und 7 in diesem Quartal heißt es (bisher) dass sich wegen steigender Fahrradnutzung die Quote verringert hat. Also ist es doch gar kein so schlimmes Zeichen. Unfälle passieren immer. Jeder einzelne ist sehr tragisch und nicht entschuldbar. Aber irgendwas passiert immer. Hoffen wir einfach, dass es möglichst lange bis zum nächsten dauert. Zumal Zahlen gar nichts sagen. Menschen zählen.
„Eine Sache, die ich (der selbst mit dem Rad zur Arbeit fährt) aber nie verstehen werde ist, wie sich Radfahrer immer wieder in diese gefährliche Situation bringen können.“
Das kommt einfach davon, dass man Radfahrern nunmehr seit Generationen das Märchen erzählt, die Benutzung von Radwegen diene ihrer Sicherheit. Ausgeblendet wird dabei regelmäßig, daß auch auf Radwegen Radfahrer immer wieder auf die Fahrbahn fahren – und zwar unter den denkbar ungünstigsten Umständen an Kreuzungen. Einfahrten sind übrigens nicht besser. M.E. ist das Konzept „Radweg“ innerorts ein Rohrkrepierer mit Ansage. Denn das Benutzen von Radwegen kann man eigentlich niemandem anbieten, der so naiv ist, daß er an die Sicherheit der Radwegbenutzung glaubt.
Außerorts sehe ich die Sache etwas differenzierter. Auf langen Abschnitten ohne Kreuzungen und Einfahrten ist es regelmäßig sicherer, getrennt vom 100 km/h schnellen Kfz-Verkehr zu fahren. Nur lohnt der Aufwand für getrennte Radwege dort eher nicht. Diese Radwege sind meist schon von Baumwurzeln beschädigt, bevor der erste Radfahrer dort entlangkommt.
Hamburg hat einfach selbst nach einigen upgrades ein katastrophales Fahrradweg System; selbst in London bekommt das besser hin. Wenn man sich allein die Situation am neuen Pferdemarkt ansieht, dann bin ich überrascht, daß dort nicht jede Woche 10 Leute draufgehen. Aber soll man auch von einer Stadt erwarten die bei 1.9 Millionen Einwohnern 950.000 Autos zugelassen hat.
Ein schrecklicher Unfall, sowas darf einfach nicht passieren. Hamburg muss mehr für seine Radfahrer tun und nicht nur Linien auf verkehrsreiche Straßen pinseln lassen.
Mich wundert, dass in diesem Kontext immer nur über den Abbiegeassistent diskutiert wird, dabei gibt es so viele andere Möglichkeiten den Radverkehr sicherer zu machen.
Was ist mit Fahrradwegen, die an Kreuzungen so vorverlegt werden, dass die Radfahrer and der Ampel vor den Lkws stehen und somit gut gesehen werden. Oder extra Fahrradampeln, die so schalten, dass die Fahrradfahrer zuerst los fahren können.
Gut sichtbare, protected Bikelines führen ebenfalls zu mehr Sicherheit. Oder Fahrverbote für Lkws in bestimmten Zonen. Es gibt so viele weiter Optionen, wie man diese Unfälle vermeiden kann, warum wird darüber nicht diskutiert?
Nein, es war nicht der Lastwagen, sondern der Fahrer, der den Radfahrer mit seinem Fahrzeug getötet hat. Da nützt auch kein Abbiegeassistent, sondern nur konfliktfreie Ampelschaltungen. Als Sofortmaßnahme wäre eine 2. Person auf allen LKW anzuordnen, bis alle LSA umgerüstet sind.
Aber meine Vorschläge werden auf taube Ohren beim Bundesverkehrsminister und dem Hamburger Verkehrssenator stoßen. „Freie Jagd auf freie Bürger“ bleibt weiterhin oberstes Ziel!
Kein Wunder, dass Ihr Vorschlag auf taube Ohren stößt, er ist einfach zu praxisfern.
Was mich traurig macht, ist dass diese Fälle nach einem Tag schon wieder unter den Tisch fallen. Und das betrifft nicht nur die vielen Leicht- und Schwerverletzten, sondern auch die Toten. Irgendwie scheint man sich in Deutschland daran gewöhnt und damit abgefunden zu haben, dass Menschenleben im Straßenraum keinen hohen Stellenwert hat. Montag war in Langenhorn auch ein 12-jähriger Schüler auf dem Heimweg von einem Auto erfasst worden, das über Rot fuhr und dann abgehauen ist. Der Schüler fuhr auf dem Radweg und machte alles richtig. In Segeberg ist eine 14-jährige Schülerin, die auf dem Radweg fuhr, morgens von einen Pkw überfahren worden, als letzterer abbog. Sie kam mit schweren Verletzungen ins Krankenhaus.
Und in Deutschland wird dann geschimpft, wie rücksichtslos doch alle Radfahrer seien und sich doch eh niemand an die Regeln der StVO halte. Und überhaupt: die brauchen endlich Kennzeichen und drastischere Strafen. Dass es Quark ist, schwächere und stärkere Verkehrsteilnehmer gleichzusetzen, merken viele nicht einmal, weshalb ich persönlich die Zurechnungsfähigkeit solcher Personen in Frage stellen würde. Besonders „witzig“ ist es, wenn sich die Abschaffung der Radwegenutzungspflicht nicht herumgesprochen hat. Und spricht man die Leute drauf an, platzt ihnen die Hutschnur und sie sehen irgendwelche linksgrün-versifften Verschwörungen. Dass das unter Schwarz-Gelb abgeschafft wurde, ist da unvorstellbar. Und gemeint ist nicht 2009-2013, sondern unter Kohl. Das will man aber auch nicht wissen, weil die StVO-Novelle ins „die halten sich an nichts!“-Weltbild des täglichen Straßenkampfes passt.
Aber ist ja auch egal. Hier fürchtet man auch eher, dass ein kleiner Tretroller, der wenige Kilo wiegt und teilweise nur 6 km/h fährt, Heere an Rentnern nach Ohlsdorf befördern wird. So ein tonnenschwerer Laster oder eine Tram sind hingegen Heilsbringer. Kann man sich nicht ausdenken sowas.
Auch Terroropfer fallen nach einem Tag unter den Tisch. Die Gesellschaft wird immer gefährlicher und unsensibler und fast niemand bemerkt es.