Vor vier bis fünf Monaten haben Berlin und mehr als 100 weitere Metropolen weltweit in der Corona-Krise kurzfristig provisorische Radwege auf Auto-Fahrbahnen angelegt, um Radlern und Fußgängern in der Pandemie vorübergehend mehr Abstand zu ermöglichen (siehe hier). „Pop-up-Bikelanes“, wurden diese vielerorts plötzlich aufploppenden Radwege genannt.
Am vergangenen Wochenende zog nun auch Hamburg nach und eröffnete seine erste offizielle „Pop-up-Bikelane“, nachdem die Verantwortlichkeit für das Thema Verkehr in der Stadt vor rund drei Monaten von der SPD auf die Grünen überging.
Begründet wurde diese neue Radspur allerdings nicht mit der Corona-Pandemie, sondern mit mehr Sicherheit für den Radverkehr. Damit hat die Hamburger Verwaltung offenbar einen besseren Riecher gehabt als die AmtskollegInnen in Berlin. Dort hat nämlich das Verwaltungsgericht erst vor wenigen Tagen angeordnet, dass zahlreiche Pop-up-Bikelanes in der Hauptstadt wieder verschwinden müssen, weil Corona als deren Begründung nicht ausreichend sei. Die Berliner Verkehrssenatorin Regine Günther (Grüne) hatte die Einrichtung der Pop-up-Bikelanes laut Gericht hauptsächlich damit begründet, dass es in der Corona-Pandemie erforderlich sei, die systemrelevante Mobilität zu gewährleisten. Dass ein Großteil der Berliner kein Auto habe und der Mindestabstand in öffentlichen Verkehrsmitteln kaum einzuhalten sei, rechtfertige die Einrichtung der Radwege.
Dies sahen die Richter nach einer entsprechenden Klage eines AfD-Politikers nun anders. Demnach dürften solche Radwege nur dort angeordnet werden, wo „Verkehrssicherheit, Verkehrsbelastung und/oder der Verkehrsablauf ganz konkret auf eine Gefahrenlage hinwiesen“ und die Anordnung damit zwingend erforderlich sei (siehe hier). Die Berliner Senatsverwaltung will nun beim Oberverwaltungsgericht Beschwerde gegen die Entscheidung einreichen (siehe hier).
Doch zurück nach Hamburg: Am vergangenen Sonntag hat der neue Verkehrssenator Anjes Tjarks (Grüne) nun also die erste offizielle temporäre Radspur auf einem rund 560 Meter langen Abschnitt an der vierspurigen Straße Beim Schlump öffentlichkeitswirksam abmarkiert. Am Montagmorgen ging die neue Spur in Betrieb.
Praxistest mit Falschparkern
NahverkehrHAMBURG war am Montagnachmittag mitten im Berufsverkehr zwischen 16:15 und 17:30 Uhr zu einem Praxistest vor Ort, um zu sehen, wie gut die neue Spur von den Radfahrerinnen und Radfahrern angenommen wird, wo es Schwachstellen gibt und wie häufig die neue Bikelane von Falschparkern blockiert wurde.
Außerdem lesen Sie hier in unserem ausführlichen Fotobericht, wie viele Falschparker die Behörden bis Montagmittag tatsächlich erwischt haben.
Was beim Ortsbesuch am U-Bahnhof Schlump, gleich zu Beginn der neuen Pop-up-Bikelane, auffiel: Sie beginnt sehr schmal und ist auf den ersten 30 Metern nicht breiter als eine übliche Fahrradspur in Hamburg. Erst danach weitet sich die neue provisorische Vorzeigepiste auf und nimmt eine ganze ehemalige Autospur ein. Bei einer Breite von 3,20 Metern lassen sich hier andere Radfahrerinnen und Radfahrer bequem überholen, ohne dass man dem Autoverkehr zu nahe kommt – ein Novum in Hamburg.
Doch das Vergnügen währt leider nur rund 150 Meter. Kurz vor der Kreuzung mit der Bundesstraße wird die provisorische Radspur Beim Schlump wieder deutlich schmaler, um Platz für eine zusätzliche Abbiegespur für den Autoverkehr zu schaffen. Hier zeigt sich: An Knotenpunkten, an denen es eng wird und es zu Rückstaus kommen könnte, haben die Verkehrsplanerinnen un…