Die Verbannung des Autoverkehrs von Hamburgs Vorzeigeboulevard Jungfernstieg ist eines der wichtigsten Verkehrsprojekte des rot-grünen Senats. Seit knapp vier Jahren sind private Pkw und Lastwagen dort tabu. Nur noch Radfahrende, Stadtrundfahrt-Busse, On-Demand-Shuttles, Taxis und Lieferwagen dürfen „Hamburgs gute Stube“ seitdem befahren, was in der Vergangenheit mehr schlecht als recht funktionierte, weil viele Autofahrerinnen und Autofahrer das Verbot einfach missachteten und bauliche Barrieren fehlten. Die Straße wurde nämlich erst einmal nur mit Markierungen und provisorischen Pflanzenkübeln verschmälert.
Seit Anfang März laufen die Bauarbeiten für den finalen Umbau des Jungfernstiegs in Hamburg. Kernpunkt: Die ehemals 15 Meter breite vierspurige Fahrbahn wird künftig nur noch zehn Meter breit sein – ein Drittel weniger als bisher, allerdings noch immer deutlich breiter als beispielsweise die verkehrsberuhigte Mönckebergstraße, die nur sechs Meter breit ist. Von dem gewonnenen Platz profitiert vor allem der Fußwegbereich zum Alsterufer hin, der deutlich breiter wird – mit zusätzlichen Bäumen, Wasserspielen und Trampolin.
Um illegale Pkw-Durchfahrten zu vermeiden, verzichtet die Stadt allerdings auf wirksame Barrieren, wie versenkbare Poller, Schranken oder rote Ampeln, die nur von befugten Fahrzeugen auf Grünlicht geschaltet werden können. Stattdessen hofft der Senat, dass es ausreicht, einfach keine Abbiegespuren mehr für den Autoverkehr in den Jungfernstieg einzurichten (alle Details der Planung und wer davon am meisten profitiert, lesen Sie hier in dieser Analyse).
Fotostrecke von den Bauarbeiten
Wie weit ist der Umbau inzwischen? NAHVERKEHR HAMBURG war an der Baustelle, zeigt Fotos von den Bauarbeiten und erklärt, was in den nächsten Monaten noch geschafft werden soll und bis wann der Senat mit den größten Arbeiten unbedingt fertig werden will.
Wer in diesem Sommer auf Hamburgs Prachtmeile an der Binnenalster zusteuert, sieht vor all…
6 Antworten auf „So weit ist der Verkehrswende-Umbau am Jungfernstieg“
Was ich nicht verstehe ist, das die Strasse aber so breit bleibt, warum muss Platz geschaffen werden wegen überholen? Denn in der Mönkebergstrasse geht es auch anders. Schade das es so bleibt.
Sie schreiben von der Verbannung des Autoverkehrs, es kann auch anders ausgedrückt werde. Ich würde es so ausdrücken: Den Jungfernstieg für Menschen ungestört erlebbar machen, das Flanieren zu ermöglichen, einer positiven Beschreibung der Veränderungen sind hier keine Grenzen gesetzt. Was passiert, es muss wieder negativ ( Verbannung) beschrieben werden.
Das ist eine Frage des Blickwinkels bzw. der individuellen Bedürfnisse.
Die einen möchten dort gern mit den Auto fahren oder parken, die anderen stören sich daran. Wiederum andere stören sich eher am Radverkehr, an E-Rollern oder an den vielen anderen Flanierenden. So wird der Jungfernstieg auch künftig nicht für alle ungestört erlebbar sein.
Schön, dass es da voran geht. Meiner Meinung nach, hätte es aber noch mehr Grün sein können. Die Verkehrsinseln muss man ja nicht unbedingt pflastern und auf der Häuserseite wäre noch locker Platz für eine weitere Baumreihe.
Gerade im Sommer ist das schattenlose Flanieren dort kein Spaß…
Mehr geht immer. Ich freue mich, dass es nun sichtbar voran geht.
Das hätte ich mir auch gewünscht und es gab durchaus „grünere“ Varianten, aber wie so oft ist es ein Kompromiss, bei dem jeder etwas findet, was ihm missfällt. Andere hätten gerne mehr (höherwertigere) Außengastro, die nächsten auch Spielflächen, einen breiteren Gehweg auf Seite der Geschäfte und nicht wenige Akteure hätten sich damit arrangieren können, dass man auch den Busverkehr aus dem Jungfernstieg rauswirft, denn wer braucht den schon, wenn es U- und S-Bahn gibt? 😉 (sehr interessante Allianz von Behörden, privaten Interessensverbänden, Nichtregierungsparteien und Radlobby)
Und natürlich noch die vielen Händler mit ihrem Wunsch nach mehr Pkw, weil sie fälschlicherweise annehmen, dass dies für ihre Kunden von Bedeutung ist, was in Innenstädten ziemlicher Quatsch und durch zig internationale Studien widerlegt wurde; zuletzt meines Wissens nach in Berlin, wo es um die 6% der Kunden waren (die tatsächlich im Schnitt etwas mehr Geld ausgaben, aber zugleich seltener kommen, sodass es für den Umsatz ziemlich gleich blieb). Auch die Entfernung des Wohnsitzes haben die Händler völlig falsch eingeschätzt und kurioserweise gab’s hierbei, genau wie der Verkehrsmittelwahl, eine starke Korrelation mit dem eigenen Mobilitätsverhalten.
Lange Rede, kurzer Sinn: ich denke schon, dass man mit dem Ergebnis insgesamt gut leben kann.
Die Richtung stimmt jedenfalls und wenn man nicht möglichst viele Akteure einbindet, mitnimmt und zumindest in Teilen berücksichtigt, dann regt sich schnell Protest, der zum Wahlkampfthema wird. In Hamburg kriegen wir eine Stärkung des Umweltverbundes (hier insb. Fußverkehr, der viele Jahre vernachlässigt wurde) in der Regel relativ geräuschlos über die Bühne, wenn man von ein paar Dauermeckerzauseln in sozialen Medien absieht. Nicht grundlos kriegen wir U- und S-Bahnen irgendwie voran, während es in anderen Städten oder im Umland sofort Aufstände gibt. Oder nochmal Berlin, wo selbst die Verlängerung bestehender Straßenbahnlinien ein Ding der Unmöglichkeit ist. Und mit dem neuen Senat erst recht.