Vorfahrt für Fußgänger:innen und Radfahrende? Spielende Kinder auf begrünten Straßen? Schritttempo und deutlich weniger Platz für Autos?
So stellt sich die private Initiative „Kurs Fahrradstadt“ die Zukunft in einem dicht bebauten Altbau-Wohnquartier rund um die Rellinger Straße in Eimsbüttel vor. Vorbild ist die spanische Metropole Barcelona, die zahlreiche Innenstadtquartiere fast autofrei gemacht hat, indem jeweils zwischen mehreren Häuserblocks der Fußgänger- und Radverkehr Vorrang bekam, dem Autoverkehr viel Platz weggenommen wurde und auf den Straßen neue Ruheoasen für die Anwohnerinnen und Anwohner entstanden. „Superblocks“ werden diese verkehrsberuhigten Wohnblöcke genannt.
Und mit dem geschickt gewählten Begriff „Superbüttel“ will die „Kurs Fahrradstadt“-Initiative aus Hamburg seit einigen Wochen auch Teile von Eimsbüttel auf ganz ähnliche Art und Weise umkrempeln. Das Medienecho auf die „Superbüttel“-Idee war groß – und die Zustimmung unter den Anwohnerinnen und Anwohnern ist es offenbar auch. Das legen zumindest die Ergebnisse einer Onlineumfrage nahe, die die Initiative „Kurs Fahrradstadt“ gestern Abend veröffentlicht hat.
Von insgesamt 613 befragten Personen, die selber im betroffenen Gebiet leben, begrüßen 76 Prozent die Idee, dass ihr Quartier zu einem verkehrsberuhigten „Superbüttel“ umgebaut wird. Unter den befragten Menschen, die kein eigenes Auto besitzen, liegt die Zustimmung mit 94 Prozent sogar noch deutlich höher. Selbst unter den Autobesitzerinnen und Besitzern gibt es immerhin eine Mehrheit von 56 Prozent für das Konzept – wenn auch knapp.
Nur 42 Prozent der befragten Haushalte haben ein Auto
Weniger als die Hälfte der Befragten gab an, überhaupt ein eigenes Auto zu besitzen. Demnach leben 42,6 Prozent der Haushalte in dem Quartier autofrei. Und diejenigen, die ein Auto besitzen, parken es laut der Umfrage zu 71 Prozent im öffentlichen Raum, sprich: Am Straßenrand. Einen Parkhaus- bzw. Tiefgaragenstellplatz haben nur 15 Prozent, weitere 14 Prozent verfügen über einen sonstigen eigenen Stellplatz.
Dabei ist nur rund ein Drittel der autobesitzenden Haushalte mit …
2 Antworten auf „Umfrage: Mehrheit der Anwohner will offenbar verkehrsberuhigtes Superbüttel“
Ja, das ist leider jedes Mal der Fall, dass eher für das Ideal einer bestimmten (meist zahlungskräftigen) Bevölkerungsschicht geplant wird, wodurch Ziele und Stadtentwicklungspläne entstehen, mit denen ein Großteil der Bevölkerung wenig anfangen kann. Aber auf der anderen Seite sollte man trotzdem nicht die jetzigen Verhältnisse zum Ideal erklären. Denn auch diese existieren, weil bestimmte Interessen über Jahrzehnte auf die Stadtentwicklung Einfluss nahmen. Leider hat auch die Stadt nicht wirklich Interesse daran, eine umfangreiche Bevölkerungsbeteiligung umzusetzen. Man kann da jetzt natürlich diskutieren, was angemessenes, weitsichtiges und vernünftiges Handeln ist. Die Ideen komplett ignorieren? In den nächsten Jahren ein paar Zugeständnisse machen? Oder aber stärkere Maßnahmen ergreifen, um konsequent Platz für Fußgänger, Fahrradfahrer und Grünflächen zu schaffen, so wie vorher auch das Auto durchgedrückt wurde. Nach meiner Ansicht sollte es von der Politik ernstgenommen werden, da es ja offensichtlich viele Menschen interessiert. Dann sollte es nachvollziehbar, offen, demokratisch diskutiert werden, damit tatsächlich etwas entschieden wird. Und damit meine ich keine Nichtentscheidungen und irgendwelche Abwägungen von einzelnen Behörden, weil es doch alles gut ist, wie es ist und rechtlich und überhaupt …
Naja, Geschmackssache, aber ich finde den Begriff Superbüttel nicht geschickt, sondern ausgesprochen albern. Dass die Latte-Macchiato-Bourgeoisie aus Eimsbüttel mal nach Barcelona flog (Ablasshandel folgt an der Wahlurne) und die Gentrifizierung dort als Touristen vorantrieb, ist irgendwie etwas wenig.
Vermutlich ist das bei der Umfrage der Aktivisten auch ähnlich, wo sich die drei A (Ärzte, Anwälte und andere Akademiker) besonders stark einbringen, aber die Lidl-Kassiererin oder der türkische Gemüsehändler keinerlei Bezug haben — so wie es generell ein Problem ist, wenn es um sogenannte Bürgerbeteiligung geht, wo Zeit und Geld das Aktivsein entscheiden und eine kleine, laute, gut vernetzte Minderheit ihren Gartenzwerg-Horizont durchprügeln will (siehe Prellbock, Horn, Hartzloh und sonstige). Ein Glück haben die Planerinnen und Planer der Stadt dort mehr Weitsicht und Anstand, um in der Regel das Gemeinwohl nach allen Regeln des Verhältnismäßigkeitsprinzips mit ihrem Ermessensspielraum zu berücksichtigen.