Wer Glück hat, ergattert einen Platz in einem der drei Hauseingänge. Andere pressen sich unter einen Balkon an der Backsteinfassade. Doch das hilft beim typischen Hamburger Schmuddelwetter nicht viel: Noch bevor der nächste Bus kommt, sind alle nass. Die Bushaltestelle Straßburger Straße im Stadtteil Dulsberg ist wahrlich kein angenehmer Ort für HVV-Fahrgäste. Schmaler Fußweg, tosender Autoverkehr auf der vierspurigen Straße – und kein Wetter-Unterstand in Sicht, obwohl hier täglich mehrere hundert Fahrgäste in die Linien 16 und 171 Richtung Farmsen einsteigen.
Ein ähnliches Bild auch in Rothenburgsort am S-Bahnhof: Obwohl dort ganze sieben Buslinien abfahren und ebenfalls täglich mehrere hundert Fahrgäste einsteigen, ist von einem Unterstand, der vor Regen schützt, nichts zu sehen.
Die Liste solcher Beispiele lässt sich beliebig fortsetzen, wie eine NAHVERKEHR HAMBURG-Umfrage unter Leserinnen und Lesern bei Twitter vor einigen Monaten ergab.
Warum ist das so? Wie kann es sein, dass trotz der politisch gewollten Verkehrswende und der Absicht, den HVV attraktiver zu machen, so viele Fahrgäste sprichwörtlich im Regen stehen gelassen werden?
Zunächst ein paar Zahlen: Im vergangenen Jahr gab es laut der HVV-Haltestellendatenbank in Hamburg exakt 2.083 Bushaltestellen, die wiederum aus 4.201 verschiedenen Richtungshaltestellen, bestehen. Insgesamt gibt es hamburgweit aber nur 2.314 Fahrgastunterstände. Das heißt: Rund die Hälfte aller Richtungshaltestellen hat keinen Wetterschutz.
Mindestens 100 Fahrgäste pro Tag
Nach welchen Kriterien entscheidet denn der HVV, wo er Wartehäuschen aufstellt und wo nicht?
Grundsätzlich hat der Verkehrsverbund in seinen Qualitätsrichtlinien festgelegt, dass ab 100 Einsteigerinnen und Einsteigern pro Tag ein Fahrgastunterstand mit Sitzgelegenheit aufgestellt werden soll. Diese Zahl toppt die eingangs erwähnte Bushaltestelle an der Straßburger Straße allemal: Dort steigen an beiden Richtungshaltestellen täglich im Schnitt rund 2.400 Fahrgäste ein. An der Bushaltestelle am S-Bahnhof Rothenburgsort steigen täglich rund 500 Menschen ein und aus, wie eine Hochbahn-Auswertung zwisch…
11 Antworten auf „Warum der HVV seine Fahrgäste (manchmal) im Regen stehen lässt“
Wesentlich besser als die Standard-Wartehäuschen sind die roten Ersatzhäuschen. Sie bieten neben Rundumsicht eine bequemere Sitzgelegenheit und wirklichen Wetterschutz. Die “normalen” Unterstände haben mehr Alibi-Funktion.
Zu den Bushaltestellen wurde schon alles gesagt. Natürlich ist es gut gesehen zu werden, aber die anderen Punkte sind deswegen nicht weniger wichtig.
Ich möchte aber auch den Blick auf S- und U-Bahnhaltestellen lenken. Da hat man, wenn es um den Wetterschutz der Fahrgäste geht auch nicht immer den Eindruck, das die Fahrgäste im Mittelpunkt stehen. Auch dort ist man sich nicht wirklich sicher, wie ernst die “Wende” denn wirklich gemeint ist. Die Bushaltestellen sprechen ja schon eine deutliche Sprache
Nach den vielen negativen Kommentaren, mal ein etwas positiverer Ausblick:
Ja, die Unterstände sind zugig, aber wenn der WindRegen mal nicht so treibt doch ein gewisser Schutz.
Mir gefällt zudem die „Durchsichtigkeit“, also das Gläserne. Das bringt Sichtbarkeit und auch eine gewisse Sicherheit für die Wartenden, insbesondere im Dunkeln.
Es gibt zudem 2 Modelle, welche mit 2 Seitenteilen, die sind etwas tiefer, sprich größer und welche mit nur einem Seitenteil für engere/kleinere Aufstellflächen.
Ihr müsst einfach mindestens den kleineren fordern. Den baut de Wall nicht so gerne, weil man da keine Werbung unterbringen kann.
“laut der HVV-Haltestellendatenbank in Hamburg exakt 2.083 Bushaltestellen”
Das ist mehr als Amsterdam und Venedig zusammen Brücken haben. ??
Übrigens, cooles Avatar! ???
Besonders ärgerlich ist die Situation wirklich an der Straßburger Straße. Dort gab es bis ca. 2019 sogar einen Unterstand. Dieser wurde jedoch leider im Rahmen des Umbaus des Ring 2, durch zwei Fahrradbügel ersetzt. Jetzt stehen dort dauerhaft “Schrotträder” und für einen neuen Unterstand ist kein Platz mehr. Hier werden aus meiner Sicht falsche Prioritäten gesetzt.
Ich möchte anmerken, dass diese schicken gläsernen Fahrgastunterstände zwar Wetterschutz versprechen, diesen aber kaum bieten. Alle Glasbauteile haben Lücken zu den Anschlussbauteilen seitlich und oben, die Seitenteile sind zu klein, die Dachflächen haben an First und Traufe keine geeigneten Tropfkanten. Folge: Schon bei geringen Windstärken drückt der Regen in den Unterstandsbereich. Einfach mal darauf achten, wieviele Sitzgelegenheiten bei Regen nass sind und wo die Leute bei Regen in den Häuschen stehen.
Nicht zweckmäßig, aber Hauptsache hübsch (und relativ billig).
Ein wirkliches Erfolgsmodell, diese Kooperation zwischen Stadt und Wall, die uns laut Artikel noch etliche Jahre erhalten bleibt. 🙁
Ich hatte vor längerer Zeit gelesen, dass Unterstände extra so gebaut werden, damit sie “unattraktiv als Schlafgelegenheit” werden. Dazu zählen dann auch zu kurze und zu schmale Bänke, oder welche mit Sitzunterteilung. Dann sollte man ehrlich sein und erst gar keine Unterstände aufstellen. (Aber dann könnte man ja keine Werbeeinnahmen mit z.B. Zigarettenwerbung erzielen.)
Na, wenigstens gibt es dieses schöne Wartehäuschen in den Vierlanden.
Dass Wartehäuschen auch architektonische Highlights sein können: Einfach mal nach “Ulrich Müther” und z.B. Buschvitz googeln.
Das dortige garantiert zudem auch Schutz vor Regen, was ich vom Designerdach auf dem Bahnsteig in Tonndorf nicht behaupten kann: Elegant, aber viel zu hoch. Auch wenn der Bahnsteig dann 20 cm höher sein wird, werden die Fahrgäste bei Schmuddelwetter weiter in der Unterführung warten müssen.
Die Fahrgäste stehen nicht nur an der Bushaltestelle im Regenbogen, sie werden auch fast immer nass, wenn sie auf dem Weg von der Schnellbahnhaltestelle dorthin gehen. Selbst am Hamburger HBF erreicht kein Fahrgast den Bus trockenen Fußes (falls es in HH einmal regnen sollte) Ein Blick nach Güstrow zeigt wie es gehen könnte
Wie Dirk S. schon im Twitter-Beitrag geschrieben hatte: Die “Nothaltestelle” der Linie 9 am Bahnhof Tonndorf stadteinwärts. (Für den Übergang dort muss die Linie 29 eine extra “Ehrenblockrunde” mit spitzen Winkeln fahren.)
Aber auch auf der “Busanlage” selbst wurden frühere Abfahrstände aufgegeben, weil notgedrungen dort Überliegeplätze für die vielen (notgedrungenen) Busse benötigt werden. Somit hat nur noch die Linien 27 Richtung Billstedt, 29 und der RB81-SEV einen Unterstand. Für die Linien 27 Richtung Farmsen und 167 gibt es auch einen so “schönen” Hauseingang zum Unterstellen. Ob das den Bewohner*innen gefällt? Die Linie 9 Richtung Rahlstedt hält auch schon länger am Straßenrand im Regen.
Von DFIs oder Fahrkartenautomaten rede ich lieber gar nicht, das sind für uns in Tonndorf Märchen.
Übrigens gab’s mal zum Bau der “Busanlage” einen Thread im Busforum mit dem lustigen Titel “Busbahnhof Tonndorf – Inbetriebnahme / DFI kommt”.
Mit der S4 kann es wirklich nur besser: besseres ÖPNV-Angebot, bessere Aufenthaltsqualität, überhaupt erst mal ein vernünftiges Umfeld (z.B. mal ein Café), DFIs, Unterstände, Automaten…
Vorher interessiert es vermutlich niemand.
Erschwerend kommt hinzu, dass Unterstände gern mal so aufgestellt werden, dass Wind und Regen direkt in den Unterstand geleitet werden anstatt als Schutz zu dienen. Zu besichtigen ist das z.B. an der Haltestelle am Michel stadteinwärts.