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Was ist dran an der U5-Klima-Kritik des BUND?

Der Naturschutzverband BUND geht davon aus, dass sich der Bau der U-Bahnlinie U5 aus Klimaschutzsicht erst nach mindestens 100 Jahren lohnt und beruft sich auf eine Berliner Untersuchung. Doch die wirft Fragen auf. Eine Analyse.
Christian Hinkelmann
Symbolbild: Bauarbeiten im Tunnel der Hamburger U-Bahn.
Symbolbild: Bauarbeiten im Tunnel der Hamburger U-Bahn.
Foto: Christian Hinkelmann

Wenn in einer Metropole eine neue U- oder S-Bahnstrecke gebaut wird, ist das grundsätzlich gut für Umwelt und Klima, denn damit werden Autofahrten eingespart. Das war bisher die – stark vereinfachte aber durchaus logisch klingende – Faustformel beim Bau von Schnellbahnen in Deutschland.

Doch bei der geplanten U-Bahnlinie U5, die in den nächsten 15-20 Jahren quer durch Hamburg gegraben werden soll, hat der Naturschutzverband BUND diese Formel jetzt infrage gestellt und befürchtet, dass sich die neue Tunnelbahn aus Klimaschutzsicht frühestens in 100 Jahren rentieren wird (siehe hier).

Dabei beruft sich der Verband auf eine neue Untersuchung, die im vergangenen Dezember in Berlin veröffentlicht wurde und die den Versuch wagt, sämtliche Co2-Ausstöße, die beim Tunnelbau, sowie bei der Herstellung und dem Transport der Baumaterialien entstehen, zusammen zu rechnen und den eingesparten Auto- und Busfahrten gegenüber zu stellen.

Neue U-Bahn-Strecken erst nach über 100 Jahren klimaneutral?

Und diese Rechnung fällt für den U-Bahn-Bau geradezu vernichtend aus: Demnach würde der Bau eines Tunnelkilometers im Schnitt insgesamt rund 99.000 Tonnen Co2 ausstoßen, während durch vermiedene Auto- und Busfahrten im Jahr nur rund 714 Tonnen Co2 pro Kilometer eingespart würden.

Auf Basis dieser Annahme würde es bei den derzeit in Berlin geplanten U-Bahn-Bauprojekten im Schnitt 139 Jahre dauern, bis die beim Bau verursachten Kohlendioxidemissionen kompensiert wären. Die größte Klimaschleudern sind demnach die vielen Tonnen Beton und Stahl, deren Produktion große Mengen Co2 freisetzen.

Der Bau einer alternativen Straßenbahnstrecke würde dagegen laut der Untersuchung nicht nur einen höheren sondern auch früheren Beitrag zur Klimarettung leisten, weil Planung und Bau schneller vorangingen und weniger Beton und Stahl für den Bau nötig wären. Der Neubau von Straßenbahnstrecken würde sich demnach aus Emissionssicht im Schnitt schon nach knapp 10 Jahren amortisieren (hier die Untersuchung im Original lesen).

Doch wie aussagekräftig ist diese Berechnung, die der BUND hier gegen die U5 ins Feld führt? Von wem stammt sie? Und inwiefern sind die Ergebnisse überhaupt auf Hamburg übertragbar? Eine Analyse und Einordnung.

Wer steckt hinter dieser Untersuchung?

Das 24 Seiten lange Dokument mit dem Titel „Die Klimabilanz Berliner U-Bahn und Straßenbahnplanungen“ wurde von den Berliner Grünen, dem Naturschutzverband BUND, dem Berliner Fahrgastverband IGEB und der Berliner Interessengemeinschaft „Stadt für Menschen“ herausgegeben. Die Autoren sind Matthias Dittmer, Sprechers der Berliner Grünen-Arbeitsgemeinschaft Mobilität, Frank Geraets, Mathematiker und ehemaliger DB-Konzernstratege, sowie Axel Schwipps, pensionierter Bahnplaner der Berliner Verkehrsverwaltung.

Was spricht gegen die Aussagekraft der Untersuchung?

Zuerst sollte man bei der Bewertung der Untersuchungsergebnisse im Hinterkopf haben, dass im kommenden September in Berlin ein neuer Senat gewählt wird und dass es im aktuellen rot-rot-grünen Senat derzeit große Uneinigkeiten über den weiteren Bahn-Ausbau in der Stadt gibt: Während die SPD mehrere U-Bahn-Strecken verlängern will, favori…

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Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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3 Antworten auf „Was ist dran an der U5-Klima-Kritik des BUND?“

Das Entscheidende, was gegen die U5 spricht ist nicht nur die verheerende Klimabilanz. Auch wenn es am Ende der Tage nicht 133, sondern nur 90 Jahre sind bis klimaneutratlität erreicht ist, sind die exobitant hohen Kosten und die lange Ausreifugnszeit des Projektes. Für die vorausslcihtloiche Baukostne der U5 ließe sich in hamburg ein Straßenbahnnetz von rd. 300km länge relaisieren. Und wenn man sich das Straßenbahnetzt von Hamburg aus dem jahr 1960 mit knapp 185km Streckenlänge ansieht, dass wird einem erst gewahr, welch eine gute Flächenerschließung die Straßenbahn damals geboten hat, die vom heutigen Schnellbahnnetzt auch ergänzt um Metrobuslinien nicht ansatzweise erreicht wird.

Wirklich ein schöner Artikel zur Einordnung! Ich persönlich stehe der U5 nach wie vor eher skeptisch gegenüber. Ich glaube wirklich, dass es ein riesen Fehler war, dass man die Stadtbahnplanungen vor rund 10 Jahren beerdigt hat. Und das auch noch mit der Begründung, dass die Straßenbahn zu teuer sei und man zu viele Bürgerproteste hatte. (In beiden Fällen ist die U5 nun nicht besser) Man wäre beim ÖPNV-Ausbau heute aber schon deutlich weiter. Und die U-Bahn ist im Durchschnitt nun mal mehr als 10-mal so teuer pro Kilometer und Planung und Bau dauern deutlich länger. Und letztlich können keine Querverbindungen realisiert werden, da dies meist nicht förderfähig ist. Die aktuelle U5-Planung lässt auch wenig darauf hoffen, dass die Netzwirkung deutlich gesteigert wird. Es wird wohl auch in Zukunft in den meisten Fällen „erst mal zum Hauptbahnhof gehen“. Nicht davon zu sprechen, dass die Linien M6 und zum Teil der M5 nicht wirklich von der U5 ersetzt werden. Jedoch wurden jetzt nach vielen Jahren und langen Debatten bestimmte Entscheidungen getroffen. Trotz allem würde ich es deshalb stark befürworten, auch wenn bestimmte Dinge noch diskutiert und ausgehandelt werden müssen, dass nach 6 Jahren Planung einfach mal etwas gebaut wird, ohne dass es die 10.000. Grundsatzdebatte gibt. Denn dann haben wir irgendwann weder noch. Also bitte trotz Krise ÖPNV stärken, schnell planen und bauen!

Vielen Dank für die Klarstellung hinsichtlich der paar bunten Bildchen der politischen Aktivisten, die den Wahlkampf einläuten wollen und ihren Auftraggebern verzweifelt einen „Rechenweg“ präsentieren wollen, um ein vorab festgelegtes Ziel zu erreichen. Sprich, das Gegenteil von Wissenschaftlichkeit.

Der Artikel ist sicherlich nicht heute morgen innerhalb weniger Minuten entstanden, weshalb es eine kleine Ergänzung gibt. Die Verkehrsbehörde hat sich dazu nämlich jüngst geäußert: https://www.abendblatt.de/hamburg/kommunales/article231286344/U5-Hamburg-Strecke-Hauptbahnhof-U-Bahn-UKE-Baubeginn-Aktuell-Kritik-BUND-Stadtbahn.html

Dass sich die Fachwelt damit nicht näher beschäftigt, überrascht nicht. Das ist ja allgemein so, wenn irgendwelche Initiativen ein „Gutachten“ präsentieren, um es medial in den Raum zu werfen und für Laien Stimmung zu machen. Schaut man sich diese „Gegenstudien“ an, die ein „einige sagen so, andere so, sprich, es ist unklar“ suggerieren sollen, bestehen oft nur aus wenigen Seiten, meiden wissenschaftliche Fakten sowie Gütekriterien und sind von wenigen Einzelpersonen für einen schmalen Taler zusammengeschustert worden.

Das hat man ja vielerorts, z.B. beim Fernbahnhof Diebsteich, der A26-Ost in Moorburg, beim Jade-Weser-Port („Kooperation statt Elbvertiefung!!!“) oder beim Bunker an der Feldstraße, wo man in einem dünkelhaften Übermut mit beschränktem Verstand ein Urteil über wohldurchdachte Vorhaben anmaßt. Das geht bei aller Fehl- und Selbstüberschätzung teilweise bis vors Gericht, wo man — was in der Natur der Sache liegt — natürlich krachend scheitert.

Ziel ist ja offensichtlich, dass die „Anwälte der Natur“ ihre Macht ausweiten wollen und sich in Finanz-, Standort- und Wirtschaftspolitik betätigen. Dass sich jemand aus Lüneburg, der in Hamburg keine Steuern zahlt, über Hamburger Steuerausgaben Sorgen macht, ist natürlich auch sehr ulkig. 🙂

Allen aber natürlich ein frohes und gesundes neues Jahr!

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