Schäden an Hamburger S-Bahn-Brücke gravierender als bisher bekannt

Jetzt nennt der Senat die Details zu den Schäden an der Brücke Holstenstraße. Die S-Bahnlinie S2 fährt ab heute auf drei verschiedenen Linienwegen. Und eine verschleppte politische Entscheidung macht die Sache noch komplizierter.
Christian Hinkelmann
Diese Brücke hinter dem S-Bahn-Zug darf nicht mehr befahren werden - Ausfädelung der Bahnstrecke nach Diebsteich am S-Bahnhof Holstenstraße. (Foto: Christian Hinkelmann)
Diese Brücke hinter dem S-Bahn-Zug darf nicht mehr befahren werden - Ausfädelung der Bahnstrecke nach Diebsteich am S-Bahnhof Holstenstraße. (Foto: Christian Hinkelmann)

Wer gerade erst aus den Hamburger Sommerferien zurückgekommen ist und ab heute wieder mit der S-Bahn zur Arbeit muss, sollte aufpassen. Das Liniennetz ist ein anderes als vor der Urlaubszeit.

Die S2 fährt in der Hamburger Innenstadt ab sofort – je nach Tageszeit – auf unterschiedlichen Linienwegen und steuert dabei verschiedene Endbahnhöfe an. Wer nicht genau hinschaut, landet schnell anderswo als geplant.

Ein Schaden, drei Probleme

Der Grund ist eine marode Bahn-Brücke an der Holstenstraße, die nicht nur die Linienführung der S2, sondern den Kern des neuen Liniennetzes über den Haufen wirft, das die Bahn Ende 2023 eingeführt hatte, um den Betrieb zuverlässiger und pünktlicher zu machen.

Nachdem die Deutsche Bahn bisher keine Einzelheiten zu den Schäden an der Brücke genannt hat, spricht der Hamburger Senat jetzt über Details. Sie sind gravierend. Und eine bisher verschleppte verkehrspolitische Entscheidung macht die Sache zusätzlich kompliziert.

Spontane Sperrung mit langen Folgen

Wer in den Sommerferien in Hamburg geblieben ist, wird es wohl schon mitbekommen haben: Ende Juli teilte die Deutsche Bahn überraschend mit, dass eine Bahn-Brücke an der Holstenstraße gesperrt werden muss.

Konkret geht es dabei um ein Gleis, das vom Bahnhof Holstenstraße Richtung Altona führt und die abbiegende Strecke Richtung Diebsteich überquert. Seit der Sperrung sind keine direkten Zugfahrten von der Holstenstraße nach Altona mehr möglich.

Risse im Beton, rostige Träger

Bisher sprach die Deutsche Bahn in Mitteilungen nur sehr allgemein von nötigen Untersuchungen und Instandhaltungsmaßnahmen, die sich bei Routineuntersuchungen gezeigt hätten. Weitere Einzelheiten wurden nicht genannt.

Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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Marode Brücke an der Holstenstraße muss laut Bahn abgerissen und durch einen Neubau ersetzt werden. Dass die DB dazu keinerlei Zeitplan nennt, lässt wenig Gutes erwarten.

5 Antworten auf „Schäden an Hamburger S-Bahn-Brücke gravierender als bisher bekannt“

Typisch DB.
Warum fällt sowas immer erst auf, wenn es schon zu spät ist? Erst monatelange Umleitungen, nur damit am Ende das Ergebnis der Untersuchungen feststeht. Und dann zieht sich alles noch einmal – Monate oder in DB-Sprache übersetzt: Jahre – bis die Brücke endlich repariert ist.

Genau das ist der Grund, warum es soooo wichtig wäre, dass der VET nicht kommt. Die Bahn bekommt solche Projekte einfach nicht ohne Riesenverzögerungen hin. Ich wette, die Sanierung ist frühestens im Januar 2027 abgeschlossen – und wenn der Bürgermeister zusammen mit Tjarks ordentlich Druck macht, dann vielleicht, aber auch nur vielleicht, im Sommer 2026.

Da es höchstwahrscheinlich Jahre dauern wird, bis es hier zu einem Ergebnis kommt, wäre es meiner Meinung nach die beste Übergangslösung, die S2 generell in Diebsteich enden zu lassen. Fahrgäste von und nach Altona auf dieser Relation wird das wahrscheinlich ärgern. Es käme aber tendenziell insgesamt mehr Fahrplanstabilität wieder hinein. Und wenn das als Argument nicht reicht: mehr Fahrplanstabilität käme insbesondere Fahrgästen nach Bergedorf zugute, die dort aus der gegenwärtig ständig verspäteten S2 hinter ihrem Anschlussbus hinterherrennen müssen oder den nicht mehr erreichen.

Ich fände eine generelle Verlegung des Zielpunktes nach Diebsteich auch sinnvoll. Im Berufsverkehr dürfte eine Wende alle 5 Minuten in Diebsteich aber problematisch sein. Hier würde ich es eher für machbar halten, dass wie jetzt jeder zweite Zug durch den Citytunnel nach Altona fährt – und auf dem gleichen Weg auch wieder zurück. Außerhalb des Berufsverkehrs können Fahrgäste nach Altona am Hbf in die S1 umsteigen – oder notfalls auch in Diebsteich in die S3 der Gegenrichtung.

Erstaunlich ist, dass der DB die Probleem an der Brücke zu kurzfrsitig und unvermittelt auffallen. Gibt es denn keine regelmäßigen Brückeninspektionen mehr? Sollte die Brücke sich nicht reparieren lassen und ein Abriss notwendig werden, dann wird es massive Behinderungen im S-Bahnverkehr, aber aufgrund des beengten Bausfeldes im Reginoal- und Fernverkehr am Abzweig Rainweg geben. Eine Erneuerung der Brücke dürfte dann nur in Stahlbauweise möglich sein, die dann auf der stillgelegten Baustelle für den Diebsteichbahnhof vormontiert werden kann. In gleicher Konstruktion wie das jetzt schadhafte Überwerfungsbauwerk sind auch die Brücken, die die S-Bahn über die Stresemannstraße zum Diebsteich führen, ausgeführt. Sollten diese auch erneuerungsbedürftig sein, dann kommt richtig Freude auf. Nun zu glauben, wenn der VET kommt, dann seien alle Probleme gelöst, dürfte sich als Illusion erweisen, denn das Abzweigbauwerk Kaltenkirchener Straße, welches in dem hypothetischen Fall diese Brücken ersetzen soll, dürfte, wenn überhaupt, nicht vor 2045 kommen! Auch sei daran erinnert, dass die DB vor vier Jahren klammheimlich die S-Bahn-Brücken über die Julius-Leber-Straße (im Volksmund Lessingtunnel genannt) aus dem gleichen Baujahr wie die jetzt schadhafte Brücke austauschte, da hätte man gewarnt sein müssen. Was jetzt passiert, widerlegt aufs Beste das Mantra der DB: Neue Eisenbahnbrücken halten mindestens hundert Jahre. Weit gefehlt. Die hundert Jahre alte Sternbrücke tut noch immer ihren Dienst, soll aber ersetzt werden, und die EÜ Julius-Leber-Straße für die Fern- und Regionalbahn stammt aus dem Jahr 1894! Nach dem Flop mit der S-Bahnbrücke hat die DB jetzt für die nächsten Monate überraschend kurzfristig umfassende Sanierungsarbeiten dort angesetzt. Fazit: Die DB wäre besser beraten, sich endgültig von den Neubau-Großprojekten (Bahnhofsverlagerung, VET ) komplett zu verabschieden und sich auf die Instandhaltung des Bestandes zu konzentrieren.

Wirklich schlimm, dass solche Schäden nicht eher auffallen und es dann zu einem ungeplanten Ausfall kommt! Da muss ich mich fragen, wo noch ähnliche Probleme im S-Bahn-Netz und auch sonst im Bahnnetz bestehen könnten. Und dabei denke ich unweigerlich an das tragische Unglück in Lissabon, wo die Schäden leider nicht rechtzeitig entdeckt worden waren. Könnte Vergleichbares auch in Hamburg passieren?

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