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Deswegen ging der Winterdienst auf Hamburgs Radwegen am vergangenen Wochenende so schief

Stadtreinigung gesteht nach letztem Wintereinbruch Versäumnisse bei Räumung von Radwegen ein. Das waren die Gründe, deswegen bleibt beim Winterdienst auf Radwegen so oft Schnee übrig und mit diesen innovativen Ansätzen lösen andere Städte das Problem scheinbar besser.
Christian Hinkelmann
Vereister Radfahrstreifen auf dem Hamburger Ballindamm - drei Tage nach dem ersten Schneefall am 1. Februar 2021
Vereister Radfahrstreifen auf dem Hamburger Ballindamm - drei Tage nach dem ersten Schneefall am 1. Februar 2021
Foto: Jörn Staack

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„Drei Tage nach dem Schneefall sind Rad- und Fußgängerweg an der Hauptverkehrsstraße B4 immer noch nicht geräumt. Ist das eure Vorstellung einer Fahrradstadt?“ (Quelle)

„Warum räumt ihr nicht die Radfahrstreifen an Hauptverkehrsstraßen mit?“ (Quelle)

„Es würde ja auch schon helfen, wenn Radspuren/-streifen überhaupt geräumt bzw. gestreut werden würden.“ (Quelle)

„Das zeigt die wahre Priorität der verschiedenen Verkehre in Hamburg. Radverkehr, Fußgänger, alles nur Prio 2. Verkehrswende geht sicher besser.“ (Quelle)

„Traurig, aber wahr! Der Fokus liegt selbst beim Winterdienst auf dem Autoverkehr.“ (Quelle)

Selten war der Ärger unter Radfahrer:innen über den Winterdienst in Hamburg so groß wie rund um das vergangene Schnee-Wochenende. Tagelang hagelte es in sozialen Netzwerken laute Kritik über schlecht geräumte Radwege, während der Autoverkehr direkt daneben meist schon kurz nach den Schneefällen auf sauber gestreuten Straßen fließen konnte.

Zahlreiche Fotos von erbosten Internetnutzer:innen zeigten tatsächlich aus verschiedenen Stadtteilen teils völlig vereiste Radwege, unbenutzbare Fahrradspuren und zugeschneite Velorouten – darunter auch prominente Vorzeigeradwege, wie die erst im vergangenen Herbst neu eröffneten XXL-Radspuren am Ballindamm, die für den rot-grünen Senat ein Art Symbol der Verkehrswende sind (siehe hier). Das pikante daran: Viele dieser Fotos von unbenutzbaren Radwegen und Radspuren entstanden erst drei Tage nach Beginn der Schneefälle.

So begründet die Stadtreinigung die Probleme

Wie passt das mit den Ankündigungen des rot-grünen Senats zusammen, in denen in den vergangenen Jahren wiederholt der Ausbau des Winterdienstes für den Radverkehr versprochen wurde (siehe hier und hier)?

Wie passt das außerdem mit der Winterdienstkarte der Stadtreinigung Hamburg zusammen (siehe hier) laut der auf einem 402 Kilometer langen Radwegenetz eigentlich ein regulärer Winterdienst stattfinden sollte – auch auf vielen der Eis-Radwege, die erzürnte Twitter-Nutzer:innen in den vergangenen Tagen fotografiert hatten.

Was ist da schiefgelaufen? Welche Lehren zieht die Stadtreinigung Hamburg daraus? Und was machen andere Städte besser?

„Wir haben die Bilder und die Beschwerden der Radfahrenden bei Twitter natürlich wahrgenommen und nehmen diese auch sehr ernst“, erklärte Stadtreinigungs-Sprecher Johann Gerner-Beuerle auf NAHVERKEHRHAMBURG-Nachfrage. Alle Meldungen seien einzeln überprüft worden. Den Eindruck, dass eine große Zahl von Radwegen nicht richtig geräumt wurde, bestätigte er allerdings nicht. „An einigen Stellen, die uns gemeldet wurden und die in unsere Zuständigkeit fallen, war das Ergebnis ganz klar nicht zufriedenstellend“, räumte der Sprecher selbstkritisch ein und betonte aber auch, dass die die Stadtreinigung nicht für alle Radwege in Hamburg zuständig sei. Dies werde oft angenommen – aber dem sei nicht so. Gehakt hat es aus Sicht der Stadtreinigung stellenweise bei der Nachbearbeitung von Radwegen, also beim zweiten Arbeitsgang nach der ersten Räumung.

Bei der Nachbearbeitung fehlte teilweise die Sorgfalt

Speziell bei Fahrbahnen mit aufgemalten Radfahrspuren am rechten Straßenrand geht die Stadtreinigung nämlich in der Regel so vor, dass erst einmal die Autofahrspuren mit großen Schneepflügen geräumt und mit Salz gestreut werden. Der Schnee wird dabei an den rechten Fahrbahnrand geschippt – also auf die aufgepinselten Radfahrstreifen. In einem zweiten Durchgang – der so genannten Nachbearbeitung – fährt dann noch einmal ein kleinerer Schneepflug auf der Radspur entlang und befreit diese dann grob von Eis und Schnee und streut auch hier Salz – zumindest in der Theorie. In der Praxis hat genau dieser zweite Durchgang nicht überall fehlerfrei geklappt. „In einzelnen Fällen wurde diese Nachbearbeitung am vergangenen Wochenende nicht oder nicht mit der nötigen Sorgfalt durchgeführt“, räumte Gerner-Beulere ein, „Gerade bei einigen Radfahrstreifen, die auf den Fahrbahnen verlaufen, ist die Nachbearbeitung nicht in allen Fällen so zeitnah und vom Ergebnis her so durchgeführt worden, wie wir uns das vorgestellt haben.“

Als Grund gab der Sprecher „technische als auch menschliche Fehler“ beim Winterdienst an. „Das hat dazu geführt, dass einige Radwege nur einmal geräumt wurden.“

Corona-Effekt hat Winterdienst zusätzlich belastet

Außerdem seien die Wetterbedingungen am vergangenen Wochenende mit ihren abwechselnden Tau- und Frostphasen besonders anspruchsvoll gewesen. Dies habe die Arbeit des Winterdienstes erschwert. „Wir waren über das ganze Wochenende immer wieder auf Hamburgs Straßen im vollen Einsatz – auch mehrfach auf denselben Abschnitten“, so Gerner-Beuerle. „Auf einzelnen Radfahrspuren und Fahrradwege, die nicht richtig nachbearbeitet wurden, hatte sich in der Zwischenzeit bereits eine feste Schicht aus Eis und Schnee gebildet, die sich innerhalb der normalen Streupläne nicht mehr beheben ließ.“

Auch die Corona-Pandemie hat aus Sicht der Stadtreinigung den Winterdienst am vergangenen Wochenende zusätzlich erschwert: „Wegen Corona konnten wir unsere Einsatzkräfte nicht so flexibel einsetzen, wie üblicherweise. Wir müssen im Moment feste Teams bilden, die gemeinsam arbeiten und gleichzeitig Pause machen müssen. Dass Mitarbeiter zwischen Teams wechseln ist aus Sicherheitsgründen nicht möglich.“ Ein weiterer Corona-Effekt sei gewesen, dass derzeit viele Geschäfte wegen des Lockdowns geschlossen sind und daher viele Laden- und Restaurantbesitzer gar nicht vor Ort waren, um vor ihrer Haustür die Gehwege zu räumen. „So blieb mehr Schnee auf den Wegen liegen. Auch das war für uns eine neue und zusätzlich herausfordernde Situation, erklärte Gerner-Beulere.

Insgesamt gesehen habe die Stadtreinigung neben der Kritik aber auch sehr viel positives Feedback für ihren anstrengenden Dauereinsatz am vergangenen Wochenende erhalten, gibt der Sprecher zu bedenken.

Unbefahrbare Radspur auf dem Ballindamm in Hamburg
Tarnkappenradler Unbefahrbare Radspur auf dem Ballindamm in Hamburg

Sondereinsätze mit Handarbeit auf einigen Radspuren

Die zahlreichen öffentlich geposteten Fotos von erbosten Internet-User:innen über vereiste Radwege, die eigentlich hätten geräumt werden müssen, dürften den Druck auf die Stadtreinigung dann im Verlauf des vergangenen Wochenendes durchaus erhöht haben. Nachdem das städtische Unternehmen bei Twitter auf entsprechende Beschwerden zunächst nur mit dem allgemeinen Hinweis reagiert hatte, vereiste Fuß- und Radwege bitte telefonisch zu melden, nahm die Social-Media-Kommunikation bis Dienstag spürbar zu. In mehreren Postings erklärte die Stadtreinigung unter anderem, dass sie allein am Freitag mit einer maximalen Einsatzstärke mit rund 840 Mitarbeiter:innen und ca. 350 Fahrzeugen in der Stadt unterwegs gewesen sei. Zwölf Fahrzeuge seien speziell für Radwege im Einsatz gewesen.

Eine weitere Reaktion auf die Beschwerden war, dass die Stadtreinigung am vergangenen Montag an einigen völlig vereisten wichtigen Radfahrspuren mit Sonderkommandos angerückte – beispielsweise am Ballindamm, an der Stresemannstraße (Höhe Schützenstraße) und am Grindelberg. „Das war ein aufwändiges Prozedere, weil es dort bereits feste Eisschichten gab, die wir teils in Handarbeit entfernen mussten“, so Gerner-Beulere zu NAHVERKEHR HAMBURG.

Scharfe Kritik von Radfahrerverband

Angesichts dieser Ereignisse hat der Radfahrerverband ADFC der Stadt Hamburg vorgeworfen, dem Winterdienst auf Radwegen vor dem Hintergrund der politisch gewollten Verkehrswende nicht genug Priorität zu geben. „Es kann nicht sein, dass bei winterlichen Bedingungen nur das Autofahren in Hamburg funktioniert, aber die klimafreundlichen Verkehrsmittel quasi unbenutzbar werden und in Corona-Zeiten auch volle Busse und Bahnen nicht wirklich eine Alternative sind. Das verträgt sich nicht mit dem Ziel einer Mobilitätswende“, kritisierte der Sprecher des Hamburger Landesverbands, Dirk Lau, gegenüber NAHVERKEHR HAMBURG.

„Leider ist es jedes Mal dasselbe Drama, wenn Schnee in Hamburg fällt. Die Fahrbahnen werden mit sehr hohem Personaleinsatz zuerst geräumt, damit die in ihren Fahrzeugen gut geschützen Autofahrer:innen (aber natürlich auch die ÖPNV-Nutzer:innen in den Bussen) komfortabel und sicher unterwegs sein können. Die Wege von Radfahrer:innen und Fußgänger:innen, die bei Stürzen oder Unfällen sofort mit ihrer Gesundheit haften, sind erst viel später dran.“

ADFC: „Stadtreinigung scheint überfordert“

Zwar betonte der Verbandssprecher, dass er den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Stadtreinigung großen Respekt für ihre Arbeit ausspreche – er kritisierte aber auch: „Die Stadtreinigung scheint an solchen Tagen grundsätzlich überfordert zu sein, hat zu wenig Kapazitäten/Maschinen und schafft es leider auch nicht, selbst nur die Hamburger Rad- und Fußwege verkehrssicher zu machen, für die uns die Stadt das Versprechen eines Winterdienstes gegeben hat. Selbst die Velorouten, also Hamburgs Vorzeigeradwege, waren an vielen Stellen nur sehr ungenügend von Eis und Schnee befreit. Statt den frischen Schnee zügig wegzuräumen, bildeten sich an vielen Stellen Eisschichten oder vereiste Spurrillen aus Eis, die das Radfahren zum gefährlichen Abenteuer machen.“

Laut ADFC hat die Stadtreinigung nicht nur auf zentralen Radwegen, wie dem Ballindamm, versagt. Auch in den äußeren Stadtteilen hat der Verband Beispiele für einen mangelnden Winterdienst entdeckt – beispielsweise auf der Veloroute 9 zwischen Neuallermöhe und dem Bergedorfer Zentrum. „Als ich am Samstag gegen 10:30 Uhr auf dem Weg nach Bergedorf war, waren in der Kurt-A.-Körber-Chaussee in Richtung Bergedorf weder die Radstreifen noch die Radwege geräumt“, bemängelte ein ADFC-Mitglied.

Tatsächlich ist der Winterdienst auf den Fahrradwegen in Hamburg seit vielen Jahren Dauerbrenner, denn selbst wenn Radwege und Radfahrspuren nach dem üblichen Hamburger Standardverfahren bearbeitet wurden, heißt das noch lange nicht, dass das Ergebnis für Radfahrerinnen und Radfahrer auch optimal ist.

Intensivreinigung von Radwegen wäre zu teuer

Das zentrale Problem ist, dass der Schnee auf Radwegen und Radspuren normalerweise nicht mit Kehrmaschinen restlos und intensiv weggebürstet wird. Das wäre die komfortabelste Variante, die in Fachkreisen „Schwarzräumung“ genannt wird. In vielen anderen Städten im In- und Ausland wird so etwas praktiziert. Auch in Hamburg wäre eine „Schwarzräumung“ von Radspuren (allerdings nicht Radwegen!) theoretisch möglich, wie Stadtreinigungs-Sprecher Johann Gerner-Beulere im Gespräch mit NAHVERKEHR HAMBURG einräumte. Dies werde aber nicht praktiziert, weil es zu zeitaufwändig und teuer sei. „Dafür wäre ein weiterer Arbeitsgang pro Strecke nötig. Unsere Personalstärke und auch die Einsatzfahrzeuge wären dann nicht ausreichend um alle Radwege, Fahrbahnen und Gehwege im Winterdienstplan zu bearbeiten.“

Eine Winterdienstmaschine der Stadtreinigung Hamburg auf einem Fahrradweg am 30. Januar 2021
hamburgfiets.de Eine Winterdienstmaschine der Stadtreinigung Hamburg auf einem Fahrradweg im Januar 2021

Stattdessen werden in Hamburg die Radspuren meist mit Schneepflügen befahren, bei denen immer Schneereste liegen bleiben. Darüber hinaus werden die aufgemalten Radspuren am Fahrbahnrand normalerweise – wie auch die Autofahrbahnen – mit Salz gestreut. Während der schwere Autoverkehr das Salz schnell in den Schnee drückt und ihn so antauen lässt, sind Fahrräder dafür zu leicht. Das Salz vermengt sich somit nicht gut genug mit dem Schnee und er bleibt liegen. Dazu kommt, dass der benachbarte Autoverkehr kontinuierlich Schneematsch Richtung Radspur drückt. Die Folge: Auf den Radspuren bilden sich Spurrillen aus Schneematsch, die bei neuem Frost festfrieren.

Das zweite Problem betrifft die abgesetzten Radwege auf den Bürgersteigen oder in Parkanlagen. Sie dürfen in Hamburg laut einer Verordnung aus Umweltschutzgründen weder mit Salz noch mit salzhaltigen Lösungen besprüht werden. „Stattdessen werden hier Maschinen eingesetzt, die vorne mit einer Bürste den Schnee beiseite fegen und hinten mit feinkörnigem Kies streuen, um die Flächen abzustumpfen“, erklärt der Sprecher verantwortlichen Umweltbehörde, Björn Marzahn, auf NAHVERKEHR HAMBURG-Anfrage und benennt bei diesem Verfahren auch gleich das Problem: „Wenn der Schnee bereits durch Radfahrer oder Fußgänger plattgedrückt wurde, vereist der Schnee und klebt als Eis am Untergrund. Dann kommt es nach so einem Einsatz in der Regel zu einer Situation, dass der Radweg nicht vollständig geräumt und durch den vereisten Schnee sehr holprig ist.“

Stadtreinigung testet neue Streumittel

Um dieses Problem zu lösen, testet die Stadtreinigung seit einigen Tagen in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Dresden neue Streumaterialien, die teilweise auch eine schneeschmelzende Wirkung haben sollen (siehe hier). Bislang gibt es noch keine Zwischenergebnisse, teilte das Unternehmen auf NAHVERKEHR HAMBURG-Nachfrage mit. Geplant ist, dass die Tests auf dem Airbus-Gelände in Finkenwerder und in Wilhelmsburg in diesem Winter weitergeführt werden. Die Streustoffe, die sich dabei bewährt haben, sollen dann im kommenden Winter in einem weiteren Praxistest auf öffentlichen Wegen in Hamburg ausprobiert werden. Der Zeitrahmen zeigt: Eine kurzfristige Lösung ist hier nicht zu erwarten.

Der ADFC hält von diesem Test sowieso wenig: „Diese Versuche zu alternativen Streumitteln gab es bereits in den vergangenen Jahren. Diese gehen an der Lösung – mechanische Schneeräumung – weitgehend vorbei“, so Verbandssprecher Dirk Lau. Dabei sei eine mechanische Räumung, also die bereits erwähnte „Schwarzräumung“, meist so gut, dass oftmals gar kein Streugut mehr eingesetzt werden müsse.

In Finnland werden Radwege vor Autospuren geräumt

Statt solcher Versuche empfiehlt der Verband einen Blick in ausländische Städte, wo der Winterdienst auf Radwegen offenbar besser funktioniert als in Hamburg. Beispielsweise in Kopenhagen oder Amsterdam, wo laut ADFC zwischen 80 und 85 Prozent der Radfahrenden auch im Winter mit dem Rad unterwegs sind. Davon sei Hamburg noch weit entfernt, so Lau.

Als Positivbeispiel hebt der Verband die nordfinnische Stadt Oulu hervor, die für ihr komplettes über 600 Kilometer langes Radwegenetz einen intensiven Winterdienst betreibt – und zwar mit einer umgekehrten Priorität im Vergleich zu Hamburg: Dort werden nämlich morgens und abends jeweils vor dem Berufsverkehr zuerst die Radwege von Schnee und Eis befreit und danach erst die Autofahrbahnen. „Dadurch kann trotz harter winterlicher Bedingungen ohne Spezialausrüstung geradelt werden“, so Lau.

In Städten, wie Rostock, Hannover und Wien werden die Radwege – anders als in Hamburg – oft mit salzhaltigen Lösungen eisfrei gehalten, was laut ADFC ebenfalls für gute Ergebnisse sorge.

Beheizbarer Radweg in den Niederlanden

Die wohl außergewöhnlichste Idee findet sich derzeit wohl in den Niederlanden. Zwischen der Gemeinde Wangeningen und Arnhem befindet sich ein 1,7 Kilometer langer Radweg, bei dem die Beton-Bodenplatten mit Abwärme einer nahegelegenen Papierfabrik beheizt werden und jeden Schnee quasi von allein schmelzen lassen. Da der Abschnitt durch ein Naturschutzgebiet führt, soll hier nicht gestreut werden. „Warum so etwas nicht auch mal in Hamburg testen?“, schlägt der ADFC vor und hat auch gleich eine Idee für eine Referenzstrecke parat: „Zum Beispiel auf der Straße An der Alster, wo jetzt Planungen zur Verbesserung der Radverkehrssituation beginnen sollen.“

Etwas realistischer dürfte da eine innovative Erfindung aus Bayern sein. Die Stadt Ingolstadt wollte sich mit den bisherigen Räumungsergebnissen, die ähnlich wie in Hamburg gewesen sein dürften, nicht zufriedengeben und hat auf der Suche nach einer besseren Lösung eine eigene Schneeräummaschine speziell für Radwege entwickelt, die eine Mischung aus Schneepflug und Kehrmaschine ist: Vorn räumt ein Pflug grob den Schnee weg und hinten macht ein Besen den Feinputz. Das Ergebnis ist ein blitzeblanker Radweg in nur einem Arbeitsgang. „Das schafft bei den Wetterlagen, wie wir sie in diesem Winter überwiegend haben, die schwarze Strecke für den Radfahrer und das Vertrauen, hier kann ich fahren und da kann nicht unten drin noch eine Eisplatte oder so was sein“, erklärte Thomas Schwaiger, Vorstand der Ingolstädter Kommunalbetriebe kürzlich dem Bayerischen Rundfunk (siehe hier).

Möglicherweise könnte so eine Maschine auch ein neuer Lösungsansatz für Hamburg sein?

Überhaupt: Welche Lehren hat eigentlich die Stadtreinigung aus den Erfahrungen der vergangenen Tage gezogen? Was soll beim Neuschnee, der für die nächsten Tage angekündigt ist, besser laufen? „Mit Blick auf das kommende Wochenende werden wir alle Kräfte bündeln und bei Bedarf auch Personal aus anderen Bereichen im Winterdienst einsetzen. Wir werden dabei natürlich ein besonderes Augenmerk auf die Radwege legen ohne jedoch unsere weiteren Pflichten zu vernachlässigen“, erklärte der Sprecher Johann Gerner-Beulere auf Nachfrage.

Korrekturhinweis:
In einer ersten Version dieses Artikels hatten wir berichtet, dass eine so genannte „Schwarzräumung“ nicht nur auf Fahrradspuren, sondern auch auf abgesetzten Radwegen in Hamburg theoretisch möglich wäre. Dies ist falsch. Aufgrund des Hamburger Wegegesetzes ist so ein Verfahren auf abgesetzten Radwegen nicht möglich. Wir haben den Fehler im Text korrigiert.

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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6 Antworten auf „Deswegen ging der Winterdienst auf Hamburgs Radwegen am vergangenen Wochenende so schief“

PS Wobei ich der Meinung bin dass beim Räumen von Straßen und Wege die folgende Ordnung herrschen muss:

Zuerst Straßen mit Busverkehr. Dann alle Hauptradwege, Fußgängerquerungen von Straßen und Hauptfußgängerwege die nicht von Anliegern gestreut werden müssen. Dann, nachdem alle Hauptradwege, Hauptfußgängerwege und Fußgängerquerungen fertig sind, alle andere Straßen, Radwege und Fußwege, wie immer es am effizientesten ist.

„Speziell bei Fahrbahnen mit aufgemalten Radfahrspuren am rechten Straßenrand geht die Stadtreinigung nämlich in der Regel so vor, dass erst einmal die Autofahrspuren mit großen Schneepflügen geräumt und mit Salz gestreut werden.“

Ja, aber gerade das ist das Gegenteil von Priorität für Radfahrer. Es ist technisch wirklich kein Problem zuerst die Radwege zu räumen und dann die Autospuren – und zwar so dass der Schnee nicht auf die Radwege geschiben wird…

…unabhängig von den weiteren Inhalten bitte ich bei „Nahverkehr“ auf die Worte „aufgemalte“ oder „aufgepinselte“ Radfahrstreifen zu verzichten. Das ist polemische CDU-Sprech und sollte bei einem seriösen Infodienst nicht vorkommen.
Die Begrenzung von Radfahrstreifen zur Kfz-Fahrbahn hin werden markiert, d.h. mit einem speziellen Material aufgebracht und nicht aufgemalt. Die Markierung für die Fahrbahn wird ja auch nicht als „aufgepinselt“ bezeichnet.
Danke

Peinlich für eine „Weltstadt“ wie Hamburg, die sich gerne Fahrradstadt nennen möchte, die es nicht hinbekommt die (viel zu wenigen) Radwege, die es gib,t zügig von Schnee und Eis zu räumen. Wie üblich verheddert man sich dabei auch wieder in Gestüpp selbst gemachter Verwaltungsanordnungen, die aus irgendwelchen unerfindlichen Gründen ein Sträuen mit Salz auf Hochbordradwegen nicht zulässt. Natürlich müsen bei mehr Radwegen, dann auch mehr dafür geeignete Räumfahrzeuge gekauft werden, aber so etwas sollte eine Selbstverstädnlichkeit sein. Generell ist zu beobachten, dass es bei der hamburger Stadtreinigung an kleinen Räumfahrzeugen fehlt (auch bei der Laubbeseitigung), die z.B. von der Firma Hako, die vor den Toren Hamburgs ihren Sitz hat, in vielfältigsten Ausführungen angeboten werden. Insgesamt gilt: Bei der Hamburger Stadtreinigung ist noch viel Luft nach oben, manchmal hilft da nur ein Austausch der Führugnsspitze!

Ein großes Danke an Nahverkehr für diese Fleißarbeit.

Das Winterwochenende war ja für die Deutsche Bahn ebenfalls ein Fiasko.
eingefrorene Weichen
Signalstörungen
etc.
und der Zugverkehr gen Norden und Osten aber auch nach Bremen oder Lüneburg wurde eingestellt.
Länger als so öffentlich überhaupt wahrgenommen. Corona machte das möglich.
Es waren 5-6 cm Schnee gefallen?
Ich werte beides: Fahrradwege nicht schneefrei und Weichen eingefroren so:
Die Politik hat es so gewollt, damals in den Jahren 1995 bis 2010.
DB sollte an die Börse,
Unternehmensprozesse optimieren.
Und die Politik hat dadurch jetzt
viel zu wenig Einfluss auf Stadtreinigung und auch auf die Deutsche Bahn.
Obwohl es zwei Unternehmen der öffentlichen Hand sind.
In beiden Unternehmen sitzen natürlich Unternehmensoptimierer, und die McKinsey – Menschen aus diversen Unternehmensberatungen dazu, rationalisieren und zentralisieren, bauen dezentrale wichtige Strukturen ab.
Also lange Wege, viel Bürokratie, viel Zwischenentscheider, großer „Wasserkopf“ …..immer auf die Kosten schauen.
Bestes Beispiel für die DB:
Im 2.größten Hamburger Bahnhof (Altona) gibt es Null komm Null Bahnwerker*nnen, Techniker*nnen, Handwerker*nnen, die sich um die Technik und um Vorsorge, Wartung kümmern.
Kein Technik -und Wartungscenter. Alles weg, alles abgebaut.
Es gibt noch nicht einmal einen Verantwortlichen für diesen großen Bahnhof vor Ort.
Das macht der nette zentrale DB-Manager aus seinem Büro irgendwo Hachmannplatz oder Hammerbrook.
Wenn z.B. eine Rolltreppe ausfällt, rückt aus irgend einem Depot per Mercedes Sprinter ein Technikteam an, das dauert von der Meldung bis zur Ankunft bestimmt im Durchschnitt 60 min.
Die leben und arbeiten aus dem Mercedes-Sprinter.
Und eventuell haben diese Unternehmensoptimierer auch den Winter nicht mehr auf ihrer Rechnung.
Der Deutschen Bahn würde ich empfehlen, in Russland in die Lehre zu gehen.
Den Stadtreinigern aus HH einmal in Finnland.

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