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Hamburgs Tanz um Tempo 30

Immer mehr Städte möchten Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit und unterstützen eine entsprechende bundesweite Initiative. Hamburg nicht. Das sind die Gründe - und die Argumente dafür und dagegen.
Martina Kalweit
Auto-Verkehr zur abendlichen Rush-Hour an der Mundsburg in Hamburg
Auto-Verkehr zur abendlichen Rush-Hour an der Mundsburg in Hamburg
Foto: Christian Hinkelmann

Allen Städten und Gemeinden soll es ermöglicht werden, selbstverantwortlich Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit innerorts anzuordnen. Dies fordern inzwischen – über Parteigrenzen hinweg – rund 240 Kommunen, darunter Köln, Frankfurt am Main und Berlin. Sieben Städte hatten mit ihrer Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“ (siehe hier) vor einem Jahr damit begonnen. Größere Handlungsspielräume in der Verkehrsplanung wünschen sich die Unterzeichner, und Tempo 30 als Regelgeschwindigkeit soll Städte unter anderem sicherer, leiserer und sauberer machen.

NAHVERKEHR HAMBURG erklärt, welche juristischen Hürden es für eine generelle Tempo 30- Geschwindigkeitsbeschränkung aktuell gibt, wer in Hamburg sich dafür einsetzt, an welchen weiteren Stellen trotzdem in Hamburg bald Tempo 30 gelten könnte und was ein Verkehrsplanungsbüro dazu sagt.

Dem Wunsch vieler Menschen nach mehr Tempo 30 setzt derzeit Paragraf 45 der Straßenverkehrsordnung Grenzen. Demnach dürfen Beschränkungen des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn besondere Verhältnisse eine Gefahrenlage begründen – beispielsweise Kitas, Schulen oder Seniorenheime. Wer es als Kommune flächendeckend langsamer will, den erwartet ein steiniger Pfad. Neuordnungen des Verkehrs erfordern aufwendige Nachweisverfahren und sind im derzeitigen Rechtsrahmen nicht allein auf Grundlage kommunaler Beschlüsse und Planungen machbar.

Einen Wegweiser durch das Dickicht der Verordnungen hat der Verkehrsclub Deutschland bereits 2018 für Kommunen zusammengestellt (siehe hier). Und was erst mal nicht viel Hoffnung auf Veränderung macht: Im „Ampel“-Koalitionsvertrag auf Bundesebene hieß es eindeutig: „Ein generelles Tempolimit wird es nicht geben.“ Gilt als…

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Martina Kalweit arbeitet als freie Journalistin in Reinbek. Zuvor pendelte sie jahrelang in ihre Stammredaktion am Hamburger Hafen. Mit allen mobilen Angeboten vertraut, ist ihr der E-Roller heute am liebsten. Martina Kalweit schreibt für NAHVERKEHR HAMBURG und für verschiedene Medien über Film, Fernsehen und das Kulturleben im Norden.

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6 Antworten auf „Hamburgs Tanz um Tempo 30“

Ich wäre für ein generelles innerstädtisches Tempolimit auf 30 km/h, wenn im Gegenzug auf wichtigen Ein- und Ausfallstraßen (z.B. Kieler
Straße, Kollaustraße, Friedrich-Ebert-Damm, Langenhorner Chaussee etc) sowie den Ringen 2 und 3 bei gleichzeitiger besserer Abtrennung zum Fußgänger- und Radverkehr z.B. durch Reelings mehr Straßenzüge 60 km/h erhalten würden.

Noch mehr 60er Bereiche? Nein, danke!
Wir haben in Tonndorf schon genügend davon, was ja auch ein Grund für die geringere Lebensqualität ist, neben der unattraktiven SPNV-Anbindung. Aber Letzteres wird sich hoffentlich mit der S4 bessern, auch wenn das länger dauern wird als gewünscht.

Die Grünen interessiert nur ihre heile grüne Welt an der Osterstraße. Und die SPD möchte wie gehabt nicht den Autofahrern weh tun.

Tempo 30 auf allen Straßen, auf denen keinen Busse verkehr (wobei vor Schulen, Kindergärten etc. auch für Busse Tempo 30 gelten muss) würde den gewünschten Nutzeffekt haben und gleiczeitig die ÖPNV begüsntigen und damit attraktiver machen. Und auf vielen hamburger Straßen wäre schon viel gewonnen, wenn Tempo 50 auch konsequent eingehaltenund kontrolliert würde. Aber von einem Vekehrssenator, der sich im hamburger Abendblatt damit brüstet, dass unter seiner Amtszeit 500 km Straßen saniert (aber nur 118 km Radwege saniert oder neugebaut) wurden, ist auch kein Engagement für Tempo 30 zu erwarten, wenn er im Abendblatt sommerinterview ausführt: „Es gibt Budnesländer, die fordern , dass einzelne Modellkommunen Tempo 30 flächendeckend einführen können. Diesem Ansatz stehe ich eher skeptisch gegebenüber.“

Der Satz endet so nicht und ist daher verfälscht. Da hast du schon wieder aus Gründen Teile weggelassen. Aber immerhin mal keine Märchenzahlen von fachfremden Rentner. Das kann man schon fast als Fortschritt werten. ?

„Diesem Ansatz stehe ich eher skeptisch gegenüber, weil ich lieber bundesweit eine vernünftige Regelung haben möchte. Ich wünsche mir eine Regelung, die im Kern sagt: Die Frage, wo Tempo 30 und wo Tempo 50 oder vielleicht auch mal neu Tempo 40, was auch eine spannende Diskussion wäre, gefahren werden darf, liegt in der Entscheidung der Kommune. Das darf aber keine willkürliche Entscheidung der Kommune sein, sondern wird aufgrund eines Generalverkehrsplans getroffen. Die Rechtslage ist in Deutschland momentan aber eine andere. Klar ist aber weiterhin für mich in Hamburg: Wir brauchen mehr Tempo 30.“

Hamburg könnte, wenn es denn wollte, deutlich mehr Tempo30 einführen und das mit den bestehenden Gesetzen. Das dies rechtlich möglich ist macht z.B. Berlin vor, wo auch auf vielen Hauptstraßen Tempo30 gilt.
Hamburg hatte sich aber gegen die StVO Novelle zu Tempo30 vor sozialen Einrichtungen ausgesprochen und unterlag dort mit seiner Meinung, dass es nicht im Regelfall im Umfeld von sozialen Einrichtungen auch an Hauptstraßen anzuordnen ist, wie es nun in der StVO steht. Die Hamburger Meinung kann man nun der in vielen Bereichen der StVO widersprechenden HRVV (Hamburger Richtlinien für die Anordnung von Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen) nachlesen. Dort steht z.B. das nur vor Sozialen Einrichtungen T30 anzuordnen ist. Viele Einrichtungen, die zwar in ihren direkten Wegebeziehungen Hauptstraßen mit T50 haben, liegen selbst aber mit dem Adresse in kleinen Nebenstraßen und werden dann nicht von Hamburg berücksichtigt. Oder z.B. das Gymnasium Altona, das direkt am Hohenzollernring liegt, T30 dort aber nicht angeordnet wird, da zwei Kfz-Spuren vorhanden und Busse häufiger als alle 10 Minuten fahren. Was zwar in der StVO Prüfkriterien für Ausnahmen von der Regel sind, in der HRVV aber als klares negatives Argument zur pauschalen Ablehnung aufgeführt sind ohne Einzellfallprüfung. Eine klare unnötige Gefährdung von z.B. Kindern im Umfeld von Schulen, die hier vorsätzlich durch Andy Grote begangen wird.
Oder Lärmschutz, in Berlin schon seit Jahren auf Hauptstraßen und das durch aus ganztägig erprobt. Die Grenzwerte zum Lärmschutz zur Einführung von Tempo30 sind so gering, dass ,wenn man diese Maßnahme ernsthaft nutzen wollen würde, ohne Probleme gerichtsfest Tempo30 auf allen Hauptstraßen in Wohnlagen anordnen könnte, wenn man denn wollte. Hamburg setzt aber auch hier vorsätzlich auf Verzögerungen zum gesundheitlichen Schaden der Bevölkerung! Wie viele tausende Herzkreislauferkrankungen mit frühzeitiger Todesfolge durch den vom Verkehrslärm verursachten Stress entstanden sind, möchte man lieber nicht wissen. Wie perfide Hamburg hier handelt sieht man, das Hamburg erst mal über 3 Jahre lang einen Verkehrsversuch für Tempo30 auf Hauptstraßen durchführen musste um den wissenschaftlichen Stand der Technik zu erfahren, dass diese Maßnahme wirklich wirkt. Wenn man dann auch noch erfährt, dass das Gutachten von Argus zu keinem abschließenden Ergebnis gekommen ist, da es in diesem Bereich dann fast keine Geschwindigkeitskontrollen durch die Polizei Hamburg gegeben hat, wird einem das vorsätzliche Verhindern dieser Maßnahme schon sehr deutlich.
Wie groß die Zustimmung für Tempo30 ist zeigen alleine die über 1.000 Anträge die Bürger*innen an betroffenden Straßen bei der Polizei eingereicht haben. Das Hamburg dem Grundrecht auf Unversehrtheit in diesen Anträge nicht nachkommen mag, zeigt sich dann in der zum Zwecke der Abschreckung bundesweit einmaligen Gebühr von 365 Euro, die jeder zahlen sollte, damit seine Anzeige(Antrag) überhaupt bearbeitet wird. Diejenigen, die dann einwilligen, erwartet nach Jahren der Bearbeitung eine Ablehnungsbescheid. Klagt man zwischen durch auf Untätigkeit (nach 3 Monaten ohne Bescheid möglich) werden die Verfahren so weit von der Verwaltung verzögert, wie es nur irgendwie geht, bis selbst die Gerichte die Verwaltung ermahnen, diese zu bearbeiten.
Angesichts der sehr positiven Wirkung zur Vermeidung von Unfällen, zur Minderung von Unfallfolgen und auch sehr wesentlich, da zig 100.000 Personen betroffen sind, zum Schutz der Bevölkerung vor unnötigen gesundheitsgefährdenden Lärm, stellt sich schon die Frage, wie die Pokitiker noch ruhig schlafen können, die ihre Bevölkerung vorsätzlich solchen Gefahren aussetzen, die immer wieder zum Tode führen.

was Sie hier beschreiben, zeigt ja, daß viele Politiker (nicht nur in HH) die Verkehrswende nicht wollen. Ich wohne an der Alsterkrugchaussee und frage mich schon warum nicht wenigstens im Bereich, wo es „nur“ zweispurig vorangeht, kein Tempo 30 eingeführt wird. Der Lärm bei offenen Fenster ist gerade nachts über Gebühr laut. Wie bei allen Themen, bei denen es darum geht, den Autoverkehr zu reduzieren bzw. unattraktiver zu machen, stößt man in Deutschland auf Widerstand nicht nur der Autolobby, sondern auch viel zu vielen Autofahrern. Ob sich das in den nächsten Jahrzehnten ändern wird? Ich denke schon, da die jungen Leute (unter 30) sich eh nicht mehr für diese Art der Fortbewegung interessieren.

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