Fluch oder Fortschritt? Bei kaum einem anderen Verkehrsthema gehen die Meinungen so weit auseinander wie bei den elektrischen Leih-Stehrollern. Auch viereinhalb Jahre nach ihrer Einführung in Deutschland sorgen sie noch immer für emotionale Debatten. Während die einen sie als praktische Alternative loben, klagen andere über Gehwegblockaden und Unfallgefahren.
Auch in Hamburg haben E-Scooter, von denen es derzeit rund 21.000 zum Ausleihen gibt, keinen besonders guten Ruf – was oft auch an den Nutzerinnen und Nutzern liegt. 76 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger sind überzeugt, dass E-Scooter-Fahrer sich rücksichtslos verhalten, hat eine ADAC-Umfrage vor wenigen Wochen ergeben. 69 Prozent der Befragten bemängeln demnach, dass E-Scooter-Fahrer verbotenerweise auch die Gehwege benutzen. 73 Prozent stören sich laut Befragung zudem an wild abgestellten E-Rollern.
Trotzdem erfreuen sich die E-Scooter in Deutschland wachsender Beliebtheit. Schätzungsweise rund zehn Millionen Menschen nutzten im vergangenen Jahr geliehene E-Scooter von Firmen, wie Tier, Lime, Voi oder Bolt – mit steigender Tendenz.
Wer sind diese Menschen, die mit E-Scootern fahren? An welchen Wochentagen und Tageszeiten fahren sie am meisten? Was sind die häufigsten Anlässe für Fahrten? Warum sind die meisten Nutzer männlich? Und welche anderen Verkehrsmittel nutzen sie dadurch weniger?
Der schwedische Roller-Anbieter Voi hat exklusiv für NAHVERKEHR HAMBURG Nutzungszahlen aus Hamburg aufbereitet und gibt aufschlussreiche Einblicke darüber, wann, wie und von wem seine E-Scooter genutzt werden, wie sich die Nutzung in den vergangenen Jahren verändert hat – und was die ÖPNV-Branche davon lernen kann. Vor allem bei einer Kennzahl heben sich die rollerfahrenden Hamburgerinnen und Hamburger deutlich vom deutschen Durchschnitt ab.
Der 2018 gegründete E-Scooter-Verleiher Voi ist seit Sommer 2019 in Hamburg aktiv und vermietet in der Hansestadt mehrere Tausend Roller. Voi ist in 27 deutschen Städten vertreten. Weltweit sind es mehr als 100 Städte in zwölf Ländern – die meisten in Europa. Die hier veröffentlichten Zahlen stammen hauptsächlich aus einer Userbefragung, die Voi in diesem Jahr weltweit bei 8.645 Nutzerinnen und Nutzern durchgeführt hat. Allein in Deutschland wurden 2.355 Menschen befragt, in Hamburg lag die Fallzahl bei 381. Repräsentativ sind die Ergebnisse nicht.
So ticken die Voi-Kundinnen und Kunden in Hamburg, Deutschland und weltweit – und so nutzen sie den E-Scooter-Dienst:
Wer sie sind
Die meisten Menschen, die die Roller von Voi nutzen, sind männlich – genauer gesagt: Dreiviertel der Kundschaft. Der Anteil der Frauen liegt nur bei unter 25 Prozent. Hamburg steht bei der Geschlechterverteilung minimal besser da als der Bundesschnitt: da liegt der Anteil der männlichen Voi-Nutzer …
4 Antworten auf „Neue Voi-Daten: So werden E-Scooter in Hamburg genutzt“
Danke für den Artikel.
Das rücksichtslose Abstellen auf Fußwegen ist tatsächlich ein Problem, das man dringend angehen muss. Ansonsten bin ich eher positiv gestimmt, was die eScooter angeht (obwohl ich sie sehr selten selber nutze).
Wenn viele Menschen zum Feierabendverkehr die Scooter nutzen statt den ÖPNV, entlastet es die inzwischen wieder übervollen Bahnen und Busse.
Die Netzabdeckung in Hamburg durch den Nahverkehr lässt vielfach zu wünschen übrig, teilweise ist die Dichte auch nicht da um Busse in hoher Taktung fahren zu lassen. Die Scooter sind eine gute Möglichkeit um dennoch kurze Strecken schnell und bequem zurück zu legen, auch von und zum nächsten ÖV-Haltepunkt. Das zeigt ja auch die Umfrage.
Deswegen sollte man gerade auch in den Randlagen Hamburgs Scooter anbieten. Eine Integration in den HVV-Tarif oder ein Add-On fürs Deutschland-Ticket… ich finde das sollte kein Tabu sein.
1,7 Kilometer Fahrt mit dem Roller im Schnitt: Eine solche Strecke legt ein gesunder Mensch in der Regel innerhalb von 20 Minuten zu Fuß zurück. Und es ist davon auszugehen, dass die Rollerfahrer (meist jüngere Männer) überwiegend gesunde Beine haben. Meiner Meinung nach sind diese Geräte verzichtbar.
Worüber Voi sich ausschweigt, das ist die Unfallstatistik. Ist natürlich nicht gut fürs Geschäft. Aber vielleicht kann heute Abend mal jemand nachfragen …
Zum Thema Auto: die durchschnittliche Entfernung mit dem Auto liegt bei 11km. Wenn man eine Fahrgeschwindigkeit von 20km/h zugrunde liegt, dann kommt man bei einem Autonutzungszeit pro Tag (1440min) von etwa 30min. Unabhängig davon das 11km Fußmärsche pro Tag für die allgemeine Gesundheit förderlich sind, müßte man nach Ihre Logik auch die Autos verzichtbar. (wenigsten fordern Sie im Gegensatz zu Herrn Jung kein Verbot).
E-Scooter sind ein typisches Produkt einer reinen immer rücksichtsloser werdenden Spaßgesellschaft, wo internationle Konzerne die Gewinne abgreifen und die Städte auf den Problemen (wild abgestellte Scooter, Kosten für die Ausweisung von Stellflächen, Kontrolle, usw.) sitzen lassen. Erhärtet sich die These von der kannibalisierung des ÖPNV, dann schaden die Scooter den Städten doppelt. Man sollte es konsequenterweise Paris nachmachen, die diesen Unsinn schlicht verboten haben.