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Neues Gutachten: Bahnverkehr nach Uetersen ist nicht wirtschaftlich

Trotz erfolgreichem Probebetrieb mit rund 10.000 Fahrgästen: Ein regelmäßiger Bahnverkehr nach Uetersen ist laut Gutachten voraussichtlich nicht wirtschaftlich. Kommen jetzt Busse auf Bahngleisen?
Christian Hinkelmann
Bahn-Probebetrieb zwischen Uetersen und Tornesch im Februar 2020
Bahn-Probebetrieb zwischen Uetersen und Tornesch im Februar 2020

Schlag ins Kontor für Alle, die sich nach dem erfolgreichen Probebetrieb im Februar (siehe hier) schon auf regelmäßige Personenzüge auf der alten Güterstrecke zwischen Tornesch und Uetersen gefreut hatten: Es wird vermutlich nicht dazu kommen.

Ein lang erwartetes neues Gutachten im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein rät von einer Reaktivierung des Personenbahnverkehrs ab. Demnach wäre das Projekt aller Voraussicht nach nicht wirtschaftlich. In der so genannten Potentialanalyse des internationalen Verkehrsberatungsunternehmens Ramboll kommen die Gutachter zu dem Schluss, dass ein regelmäßiger Personenzugverkehr zwischen Uetersen und Tornesch nur 79.000 Fahrgäste im Jahr neu auf der Strecke dazugewinnen würde. Demgegenüber ständen hohe Investitions- und Betriebskosten sowie wenig Reisezeitgewinne durch Umsteigezwänge in beiden Städten.

Insgesamt würde ein Schienenpersonennahverkehr auf der Strecke laut Ramboll-Gutachten einen Kosten-Nutzen-Faktor von nur -0,72 erreichen. Fördergeld des Bundes aus dem so genannten Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) gibt es aber erst, wenn der Kosten-Nutzen-Faktor bei mindestens 1,0 liegt. Das bedeutet, dass jeder investierte Euro einen gesamtwirtschaftlichen Nutzen von mindestens einem Euro einbringen muss.

Selbst Bahn-Direktverkehr bis nach Hamburg würde wenig bringen

Selbst bei einer möglichen Durchbindung der Züge von Uetersen bis Pinneberg und Hamburg, womit ein Umsteigezwang in Tornesch entfallen würde, sehen die Gutachter kritisch: „Eine Wirtschaftlichkeit gemäß Standardisierter Bewertung ist auch bei einer Durchbindung der Linie bis Pinneberg oder Hamburg kaum zu erreichen. Eine Förderwürdigkeit gemäß GVFG ist unter aktuellen Rahmenbedingungen daher nicht zu erwarten.“

Die private Eisenbahngesellschaft NEG, die im Februar den Probe-Bahnverkehr auf der Strecke durchgeführt hat…

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Der Kopf hinter diesem Artikel

Christian Hinkelmann ist begeisterter Bahnfahrer und liebt sein Fahrrad. Wenn er hier gerade keine neue Recherchen über nachhaltige Mobilität veröffentlicht, ist der Journalist und Herausgeber von NAHVERKEHR HAMBURG am liebsten unterwegs und fotografiert Züge.

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13 Antworten auf „Neues Gutachten: Bahnverkehr nach Uetersen ist nicht wirtschaftlich“

Irgendwo scheint es da ein Erkenntnisproblem in der Verkehrsforschung zu sein, dass die Leute lieber mit einem Schienenfahrzeug fahren. Vermutlich fahren die „Wissenschaftler“, die solche Bewertungsverfahren entwerfen nicht selbst im ÖPNV und zumindest nicht nach Uetersen.
Der Busverkehr nach Uetersen ist derzeit spektakulär unsinnig. Von Tornesch nach Uetersen Buttermarkt sind es 4,5km. Es gibt die Linie 6663 von Pinneberg nach Uetersen, welche sogar alle halbe Stunde fährt aber eine lange halbstündige Tour über die Dörfer macht. Da aber die Regionalbahn nach Pinneberg alle 20 Minuten fährt und die S-Bahn viel zu lange, ist eben der Umstieg nur ein Mal in der Stunde attraktiv. Dann gibt es den 6667 von Tornesch mit einer wirklich spekatulären Fahrt durch die engsten Straßen Heidgrabens. Respekt an die Busfahrer. Leider fährt der Bus nicht einmal stündlich und zur Bahn hin kann eine falsch abgestellte Mülltonne den Fahrplan sprengen. Der 6661 macht sich auch ungefähr stündlich von Tornesch zunächst direkt der alte Postkutschenroute folgend auf den Weg, knickt aber kurz vorm östlichen Zentrum Uetersens nach Süden ab um fast wieder nach Tornesch zurück zu fahren und dann noch einen südlichen Weg wieder hin, wo die Endstation der NEG war um dann in einem weiteren Schlenker den Buttermarkt zu erreichen. Als Rollator-Shuttel durchaus sinnvoll, aber für Pendler ungeeignet. Ich favorisiere die Fahrt von Hamburg über Elmshorn mit einer sehr kurzen, teils nicht automatisch gefundenen Umsteigezeiten auf dem 489. Dieser fährt sehr unregelmäßig, vermutlich nach irgendwelchen Schulstunden. Teils ist dann ein Sprint vom Bahnhof zum Probstendamm nötig.
Auch wenn die NEG-Endstation weit ab von den meisten Zielen liegt, es gab zumindest mit den Zugfahrten der Eindruck, man käme vorwärts. Die regelmäßigen und auf die RB61 abgestimmten abfahrten machten einen Fahrplan überflüssig. Da muss denn ein eben bisher nicht vorhandener Schnellbus erst einmal nachweisen, dass er das kann. Der Fahrkomfort würde natürlich weiterhin Bus sein, kein Vergleich mit dem ruhig laufenden Triebwagen auf offenbar hervorragendem Gleis.

Die Strecke Hamburg – Kiel-Flensburg – Sylt
ist jetzt schon überlastet. Vorher müsste das dritte beziehungsweise vierte Gleis zwischen Hamburg und Elmshorn gebaut werden. Das würde meiner Meinung nach mit dem neuen Bahn-Abschnitt bis nach Hamburg kaum einen Sinn machen. Falls es tatsächlich zu einer Zugverbindung zwischen Tornesch und Uetersen kommen sollte würde es mehr Sinn machen wenn später die S4-West fährt sie könnte sich in Tornesch teilen beziehungsweise wieder zueinander führen.
Ich denke auch lieber einen Bus auf dieser Strecke fahren zu lassen.

Mal anders gedacht:
Würde man die vorhandenen Gleise zukünftig für eine Straßenbahn nutzen, also nicht mehr als Eisenbahn einordnen, und über den Endpunkt in die Siedlungen verlängern, dann würde es wiederum Sinn machen. Die größte Schwäche der Eisenbahn ist die schlechte Erschließung der Siedlungen. Dem könnte man mit der Straßenbahn abhelfen.
Natürlich wäre der Umstieg in Tornesch immer noch zwingend, aber Straßenbahnfahrzeuge sind auf einer solchen Strecke wendiger und beschleunigen anders als alte Triebwagen. Zudem würde man mit Niederflurfahrzeugen sehr teure und große Bahnsteige vermeiden können. Das beeinflusst wiederum die Wirtschaftlichkeit der ganzen Maßnahme.
Aus meiner Sicht sollte diese variante zumindest geprüft werden, bevor man eine Bahntrasse umständlich für Schnellbusse nachrüstet.

Vermutlich eine vernünftige Beurteilung. Es muss nicht immer gleich eine Schienenlösung sein, nur weil noch Schienen liegen und da mal eine Bahn gefahren ist.
Im Falle von Uetersen sprechen die nur partielle und unzureichende Erschliessung des Siedllungsgebietes und der Umsteigezwang in Tornesch dagegen. Wollte man eine S-Bahn / Regionalbahn von Hamburg direkt nach Uetersen fahren lassen, müssten entweder zusätzliche Züge fahren oder geflügelt werden (= kompliziertes Betriebskonzept). Mit ziemlicher Sicherheit würde dann noch ein teures Entflechtungsbauwerk erforderlich, um den Verkehr der Hauptachse Pinneberg-Elmshorn nicht zu behindern.

Für die Zukunft dürfte auch hinsichtlich der möglichen Veränderung der Mobilität u.a. durch selbstfahrende Autos die Vernetzung der verschiedenen ÖV-Systeme und des MIV zunehmend an Bedeutung gewinnen. Bahnstationen werden zu Mobilitätshubs, wo Feinverteilungssysteme an die Bahn anschliessen, zunehmend auch im suburbanen und ländlichen Raum.

Warum wurde das Busangebot nicht bereits verbessert? Es zeigt sich, dass auch attraktive, zuverlässige Busangebote durchaus akzeptiert und genutzt werden. Vielleicht hat der Bus im Raum Hamburg aus bekannten Gründen einen nicht so guten Ruf. Aber hier handelt es sich um eine Strecke, welche nicht ganz mit Hamburger Hauptachsen vergleichbar ist.
Dabei sollte sich ein solches Angebot durch folgende Merkmale auszeichnen:
– Attraktiver Takt
– Schlanke Anschlüsse an die Züge in Tornesch
– Möglichst grossflächige Erschliessung von Uetersen, um nicht weitere Umsteigezwänge zu generieren innerhalb der Stadt. Evt. ein „Ringsystem“, welches das Hauptstrassendreieck in Uetersen bedient, sowohl mit je einer Linie im Uhrzeiger- und Gegenuhrzeigersinn.
– Einsatz von kapazitätsstarken Bussen, also Gelenk- oder sogar Doppelgelenk, um Stehplätze nur in den ersten Fahrminuten von / nach Bahnhof Tornesch in Kauf nehmen zu müssen.
– Vermarktung als hochwertiges Produkt, also z.B. Metrobus o.ä.
– Bei genügend Nachfrage Einrichtung von Schnellbussen, welche nicht alle Haltestellen bedienen.
– Das alles nützt aber natürlich auch nur etwas, wenn die Busse nicht im Stau stecken bleiben. Daher sollte die Idee mit der Mitbenutzung der Bahntrasse unbedingt genauer geprüft werden. Dann aber nicht einspurig, dann ist der Engpass vorprogrammiert, und daran scheitert dann vermutlich diese Idee.
Kann der Bus keine Eigentrasse erhalten, sollte zumindest eine elektronische Busspur geprüft werden, also die gezielte Ampelvorrangschaltung, sofern die Situation im Raum Tornesch-Uetersen das überhaupt erlaubt. Leider kenne ich die Verkehrssituation dort nicht.

Hoffentlich scheitert eine Busverbesserung dann nicht daran, dass die Gemeinden dafür aufkommen müssen und eine Bahn auf Landeskosten betrieben wird / würde.

Oder man macht es wie die Skandinavier und baut die Bahntrasse zu einem Radschnellweg Tornesch-Uetersen aus…. Spass beiseite.

Weil der Expressbus bis in die Wohngebiete weiter fahren kann und garantiert nicht im Stau stehen wird? Den Fahrgast interessiert nicht, ob er mit Bahn oder Bus fährt. Wenn zuverlässig und zeitlich passend steigt man um. Sonst nicht.

Ich würde die Strecke weiterbauen und über klein Nordende bis nach Elmshorn weiterführen. Der Platz wäre da. Dann die Relation Elmshorn – klein Nordende – Uetersen – Tornesch – Pinneberg darauf fahren lassen. Mit Anschluss in Pinneberg an die s Bahn und Regionalbahn. Langfristig eventuell sogar die s Bahn darüber fahren lassen und in Tornesch die Bahn tieferlegen. Aber soweit denkt keiner mehr.

Was für ein Quark… der Gutachter geht davon aus, dass durch den SPNV quasi keiner vom Pkw auf die Bahn umsteigt? Nur 190 Fahrgäste Finkenbrook-Ost in Uetersen pro Tag, die auch noch „nur“ vom Bus abwandern? Wie wirkt sich denn ein „ersparter“ Hamburg-Pendler mit Pkw gegenüber dem PSN

Die Bahnbremser in Form von entsprechende beauftragten Gutachtern sind überall am WErke. Diese gutachter und ihre Auftraggeber haben offensichtlich noch immer nicht begriffen, welche Anforderungen die Klimawende stellt. Vermutlich sind die Passageirzahlen zu konservativ geschätzt, denn es hat sich bei allen reaktivierten Bahnstrekcen gezeigt, dass die effektiven Fahrgastzahlen die ursprünglichen Planzahlen bei weitem übertroffen haben.
Denkt man ein wenig kreativ, dann wäre auch folgende Lösung denkbar: wie wäre es mit der Einführung einer Zweisystem-Straßenbahn nach Karlsruher Modell, die unter der übliche Straßenbahnspannung bis Tornesch fährt und dann auf das 15kV-Netz der DB übergeleitet wird und bis Hamburg Altona fährt. Dann könnte man sich unter Klimaaspekten die Dieseltriebwagen sparen und mit Ökostrom fahren. Das wäre für die Fahrgäste sicher der Renner. Dass verlangt aber alte Denkschablonen hinter sich zu lassen und aktiv die Möglichkeiten zu erkunden, welche das System Bahn bietet.

2-Systemer sind schön und gut, aber dann bitte vorher erst einmal mit den Behindertenverbänden klären, ob die das noch als Barrierefreiheit akzeptieren, wenn ein 2-Systemer für niedrige Bahnsteige an hohen Bahnsteigen der Fernbahn oder ganz hohen Bahnsteigen der S-Bahn halten muss.

Eine Kuppelbarkeit von 2-Systemern mit normalen Regio-Zügen ist nicht gegeben. 2-Systemer können dann keine Züge bilden sondern müssten allein bis zum Ziel fahren.

Führe der 2-Systemer bis Altona durch, wären daher die Personalkosten für diese Strecke zusätzlich in die Wirtschaftlichkeitsrechnung aufzunehmen.

Wo sollen ganztägig die Fahrplantrassen dafür herkommen, wenn es heute schon zwischen Elmshorn und Pinneberg daran fehlt?

2-Systemer wären eine Insellösung, die sich nicht in den Hamburger Nahverkehr integrieren lässt, weil sie neue Probleme und Umsteigezwänge schafft. Kann man also abhaken.

WW ist zuzustimmen: Die Bestandsstrecke in Uetersen erschließt nur den Südosten der Stadt und Teile von Tornesch. Da die Bahn nur im Stundentakt fahren würde, ist es spätestens mit Eröffnung der S4-West attraktiver, gleich an die Hauptstrecke zu fahren. Denn auch mit Klimawandel, gehen die meisten Experten gehen davon aus, dass auf dem Land das Auto gerade auch für die „letzte Meile“ unverzichtbar bleiben wird. Und für Holstein gilt: es gibt dringenderes.

Sie nehmen die mangelnde Wirtschaftlichkeit zur Kenntnis und schlagen sogleich ein neue Lösung vor, die noch viel teurer wäre. O jemineh…

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